Regen fällt auf die kleine Verkehrsinsel am Colsmanknoten, sodass sich Pfützen bilden. „Die Insel ist viel zu klein“, sagt Bernhard Glatthaar. Er ist Vorsitzender des Kreisverbandes Bodenseekreis des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC). „Wenn hier mal irgendwann viele Radler rüber fahren sollten, ist da gar kein Platz.“

Für Radfahrer ist das Überqueren der Kreuzung vor dem ZF Werk in der Tat eine Herausforderung – für Glatthaar ein Beispiel für die mangelnde Aufmerksamkeit, die Radlern von der Stadt beigemessen wird. Das triste Wetter passt zu dem düsteren Bild, das Glatthaar von der Zukunft des Velorings zeichnet: Mit einem durchgängigen und gut befahrbaren Radweg um die Friedrichshafener Innenstadt rechnet der ADFC-Vertreter nicht mehr in diesem Jahrzehnt.

Viel Platz für Autos, wenig Platz für Velos: Bernhard Glatthaar beklagt die fehlende Flächengerechtigkeit in Friedrichshafen – ...
Viel Platz für Autos, wenig Platz für Velos: Bernhard Glatthaar beklagt die fehlende Flächengerechtigkeit in Friedrichshafen – etwa bei dieser Verkehrsinsel am Colsmanknoten. | Bild: Simon Conrads

Der Colsmanknoten ist dabei ein zentraler Punkt, denn über ihn kommen Radfahrer bislang nur schwerlich hinaus. Wer auf der Straße „Am Sportpark“ von Osten kommend die Colsmanstraße überquert, steht bald vor dem Werksgelände von ZF und muss umkehren. Dabei klang der ursprüngliche Veloring-Plan vielversprechend – und er sollte schon 2022 realisiert sein.

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Auf der Internetpräsenz der Stadt ist noch immer eine Broschüre einsehbar, die diesen veralteten Zeitplan ausweist. Aktuell hält die Verwaltung sich zu Zeitangaben eher bedeckt. Auf Anfrage schreibt Monika Blank von der Pressestelle vage: „Der Veloring soll abhängig von den verfügbaren Haushaltsmitteln umgesetzt werden.“ Für drei Teilabschnitte seien bis 2026 Gelder im Haushalt veranschlagt. Darüber hinaus könne keine Auskunft gegeben werden. Immerhin könnte es dieses Jahr zumindest etwas vorangehen – mit Unterstützung des Landes.

Wie geht es ab jetzt weiter?

Beim baden-württembergischen Ministerium für Verkehr können Kommunen und Landkreise ihre Vorhaben für Fahrradstrecken zur Aufnahme in ein Förderprogramm vorschlagen. Wenn die Projekte aufgenommen werden, können die Träger bei den zuständigen Regierungspräsidien Förderungen beantragen. Gleich zwei Abschnitte des Velorings sind in dem Förderprogramm gelistet, einmal im Bereich des Waggershausener Tunnels (Abschnitt 2/1), einmal von der Mühlbachsenke bis zur Hochstraße (Abschnitt 2/0).

Für die Strecke auf dem Tunnel Waggershausen sei bereits 2021 ein Förderantrag eingereicht worden. „Ein Zuwendungsbescheid liegt noch nicht vor“, heißt es zwar vonseiten der Stadt. Der Bau des Vorhabens solle aber noch dieses Jahr beginnen, die Kosten beliefen sich auf rund 1,3 Millionen Euro.

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Teurer wird noch der Abschnitt Mühlbachsenke bis Hochstraße: 1,7 Millionen Euro soll das Projekt etwa kosten, auch hier ist die Förderung durch das Land noch offen. Ein Antrag sei allerdings 2022 gestellt worden. Mit der Umsetzung könne voraussichtlich erst 2024 begonnen werden. Selbst dann fehlt aber noch der verbindende Part, Abschnitt 2/2, zwischen Waggershauser Straße und dem Sportpark, also um den Colsmanknoten. Für diesen ist zwar Geld im Haushalt der kommenden Jahre veranschlagt.

Dass der Veloring nach der ebenerdigen Querung der Kreuzung an der Colsmanstraße weitergeführt werden kann, hänge aber von Verhandlungen über den Kauf von Gelände ab, über dass der Veloring führen soll, wie Monika Blank auf Anfrage erläutert. Dabei handelt es sich wohl um Verhandlungen mit ZF, deren Werksgelände dem Veloring südlich der B31 im Weg steht, und dem Regierungspräsidium Tübingen.

Fertigstellung in ferner Zukunft

Selbst wenn die Hürde am Colsmanknoten genommen ist, fehlen noch die westlichen und östlichen Enden des Velorings. Das moniert Bernhard Glatthaar. Der Fahrradenthusiast fährt mit dem Finger über eine Karte von Friedrichshafen und zeigt, wo der Veloring nach den ursprünglichen Plänen verlaufen soll. Auf der bereits gebauten Strecke könne man gut fahren, sagt er.

Teilweise könne man sich als Radfahrer an anderen Abschnitten irgendwie durchschlagen. Aber am Fallenbrunnen stoppt Glatthaar mit dem Finger auf der Karte. „Von hier aus nach Westen, nach Manzell und Fischbach, gibt es nichts.“ Und weiter: „Das ist wie bei einer Straße: Wenn die an einem Fluss endet und die entscheidende Brücke fehlt, dann fährt da keiner.“

Glatthaar zeigt auf, dass für manche fehlende Abschnitte des Velorings im Haushaltsplan erst ab 2028 Gelder angedacht sind – weshalb er glaubt, dass es in diesem Jahrzehnt keine Perspektive für den Veloring gibt. Dabei hätten Gemeinderat und Verwaltung es in der Hand, die Prozesse zu beschleunigen, es fehle anscheinend der politische Wille. Es sei immer die Rede davon, Friedrichshafen sei eine Fahrradstadt. Aber: „Die Leute fahren in Friedrichshafen nicht wegen der Radwege, sondern trotz“, glaubt Glatthaar.