Friedrichshafen plant viele Großprojekte, bringt sie aber nicht zu Ende. Mit diesem Kritikpunkt konfrontierte SÜDKURIER im Dezember Oberbürgermeister Andreas Brand. „Das sehe ich naturgemäß anders“, konterte der OB. Nur die Merglen-Schule sei eine Pflichtaufgabe der Stadt, alles andere quasi Kür. Außerdem hätten Corona, der Dividenden-Ausfall bei ZF für das Jahr 2021 und aktuelle Krisen das Geschehen beeinflusst. Wir machen den Check und kommen zu einem etwas anderen Ergebnis.

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Endlosprojekt Karl-Olga-Park

Das alte Karl-Olga-Haus sollte einem Neubau weichen. Heute sehen die Pläne anders aus.
Das alte Karl-Olga-Haus sollte einem Neubau weichen. Heute sehen die Pläne anders aus. | Bild: Lena Reiner

Große Pläne um den Karl-Olga-Park gibt es schon seit 2011. Die Grundidee war ein modernes Gesundheits- und Pflegezentrum auf dem Areal des städtischen Altenheims. Das Karl-Olga-Haus (KOH) entspricht nicht mehr den Heimstandards. 2015 platzte das Großprojekt durch den Ausstieg des Klinikums. Ende 2016 reiften neue Pläne. Übrig blieben viele Wohnungen und ein Sozialzentrum mit Altenheim und großer Kita. Geplante Fertigstellung: 2020. Die Realität sieht anders aus. Bis dato gibt es nicht mal einen gültigen Bebauungsplan für das Sozialzentrum. In den aktuellen Investitionsplänen der Stadt tauchen deshalb weder Kindergarten noch das neue Altenheim auf. Mit anderen Worten: Bis 2028 ist derzeit kein Geld eingeplant.

Altes Hauptzollamt: Noch keine Ideen

Das Gebäude des früheren Hauptzollamts in Friedrichshafen gilt als städtisches Filetgrundstück, mit dem große Hoffnungen in der ...
Das Gebäude des früheren Hauptzollamts in Friedrichshafen gilt als städtisches Filetgrundstück, mit dem große Hoffnungen in der Stadtentwicklung verknüpft sind. | Bild: Simone Krieger

Vor zehn Jahren hat die Stadt die Gebäude des früheren Hauptzollamts neben dem Rathaus gekauft. Seither ist von einem Filetgrundstück in bester Citylage die Rede, das seiner Entwicklung allerdings harrt. 2015 verschwand das Thema zunächst in der Schublade, als Ratsfraktionen und Rathaus die alten Büroräume bezogen. Ende 2019 beantragte das Netzwerk für Friedrichshafen, das Zollareal wieder auf die Tagesordnung zu setzen – mit Erfolg. Im April 2021 beschloss der Rat, Ideen für eine Neubebauung von Architekturbüros einzuholen. Der Wettbewerb ist allerdings noch nicht einmal ausgeschrieben. Damit gerät der Zeitplan erneut mindestens zwei Jahre in Verzug.

Schubladenprojekt Hinterer Hafen

Eines der zentralen Projekte in der Stadtentwicklung hat sich scheinbar in Luft aufgelöst. Erstmals 2015 war vom großen städtebaulichen Potenzial am Hinteren Hafen inklusive Werftgelände die Rede. Der künftige Uferpark Ost verhieß neue Möglichkeiten des Bauens und Wohnens am Wasser. Passiert ist seither nichts. Hemmschuh sind schwierige Eigentumsverhältnisse, die das Rathaus klären wollte, bevor die Planer loslegen. Dabei verfügt die Stadt schon seit 2016 über eine Förderzusage des Landes von 1,4 Millionen Euro, wenn sie den Hinteren Hafen förmlich zum Sanierungsgebiet erklärt. Das Geld steht nur noch bis April 2025 zur Verfügung.

Aufgeblasene Uferpark-Pläne

Sitzstufen im östlichen Uferpark: So stellen sich Architekten einen Teil der Neugestaltung vor.
Sitzstufen im östlichen Uferpark: So stellen sich Architekten einen Teil der Neugestaltung vor. | Bild: K1 Landschaftsarchitekten

Der Uferpark soll von Gondelhafen bis Schloss neu gestaltet werden. So beschloss es der Rat 2015. Nach Ideenwettbewerb und Bürgerworkshops diskutierten die Stadträte bis 2019 die Entwürfe der Architekten rauf und runter. Das Rathaus brachte eigene Varianten ins Spiel. Plötzlich standen Kosten von 50 Millionen Euro im Raum. Passiert ist: nichts. OB Brand gibt sich im Dezember 2022 selbstkritisch: Die Pläne hätten nach und nach ein riesiges Ausmaß angenommen. Nun soll das Projekt in kleineren Schritten voran schreiten. „Wir starten mit der Sanierung des Gondelhafens, dann soll es weitergehen mit Sitzstufen Richtung Freitreppe und dem Beach Club.“ Aber erst für 2024 ist die erste halbe Million im Haushalt eingeplant.

Wiederbelebung des Prachtboulevards Friedrichstraße?

Noch dominiert Verkehr die Friedrichstraße.
Noch dominiert Verkehr die Friedrichstraße. | Bild: Cuko, Katy

Seit Jahrzehnten ist den Stadtvätern die vom Verkehr dominierte Friedrichstraße ein Dorn im Auge. Wie lässt sich die einstige Prachtstraße wieder beleben? Schon vor zehn Jahren beschloss der Gemeinderat einen Rahmenplan zumindest für den Westteil der früheren Bundesstraße. Je näher die Eröffnung der neuen B 31 rückte, umso engagierter stritten die Stadträte darum. 2021 beschloss der Rat, den Straßenraum wenigstens provisorisch schon einmal umzugestalten. Eine Fahrspur weg, dafür mehr Platz für Radler und Fußgänger. Aus dem Baubeginn 2022 für das Provisorium wurde nichts. Jetzt ist der Umbau für dieses Jahr geplant.

Albert-Merglen-Schule wartet seit 15 Jahren auf Neubau

Die Albert-Merglen-Schule soll nun doch am alten Standort neu gebaut werden.
Die Albert-Merglen-Schule soll nun doch am alten Standort neu gebaut werden. | Bild: Cuko, Katy

Einige Schulen in der Stadt warten schon seit Jahren auf dringend nötige Investitionen. Für die Albert-Merglen-Grundschule ist bereits seit über 15 Jahren klar, dass sie nicht nur ein Sanierungsfall, sondern auch viel zu klein ist. Doch immer wieder wurde die kleine Schule hintenan gestellt. 2017 verständigten sich die Häfler Rektoren einstimmig darauf, die Merglen-Schule ganz oben auf die bauliche Prioritätenliste zu setzen. Es dauerte weitere fünf Jahre, bis der Baubeschluss im vergangenen Sommer stand. Im Dezember revidierte der Rat die Entscheidung, die neue Schule am Hauptfriedhof zu bauen. Wann der Bau am alten Standort tatsächlich beginnt, bleibt abzuwarten.

Nur ein halber Veloring

Am Sportpark endet der Veloring, der eigentlich 2022 komplett fertig sein sollte.
Am Sportpark endet der Veloring, der eigentlich 2022 komplett fertig sein sollte. | Bild: Cuko, Katy

Mächtig stolz waren die Stadtväter, als sie Ende 2015 den Veloring auf den Weg brachten. Eine sieben Kilometer lange, komfortable Radstrecke quer durch die Stadt. Bis 2022 sollten die fünf Teilabschnitte fertig sein. Kostenpunkt: 9 Millionen Euro. Mit Tempo ging es los. 2017 waren die ersten beiden Abschnitte bis zum Bodensee-Center fertig. Heute endet der Veloring am Sportbad. Die einst am Colsmanknoten geplante spektakuläre Hochtrasse strich der Gemeinderat. Aktuell werkelt die Stadt am Abschnitt Waggershauser Straße bis Mühlbachsenke über die Tunneldecke der neuen B 31. Drei Millionen Euro sollen bis Ende dieses Jahres verbaut sein. Für die dann noch fehlenden drei Abschnitte ist bis 2027 kein Geld mehr eingeplant.

Schulmuseum wartet weiter auf Sanierung

Ein Baugerüst dient dem Schulmuseum seit zehn Jahren als provisorischer Fluchtweg.
Ein Baugerüst dient dem Schulmuseum seit zehn Jahren als provisorischer Fluchtweg. | Bild: Singler, Julian

Spätestens seit 2016 weiß man im Rathaus, dass die Villa Riß dringend saniert werden muss. Ohne das Gerüst auf der Südseite, das seit inzwischen zehn Jahren als provisorischer Fluchtweg dient, dürfte das Schulmuseum aus Brandschutzgründen gar nicht mehr betrieben werden. Ein Großteil der Sammlung lagert im Depot, weil Platz für die Ausstellung fehlt. Im März 2019 gab der Gemeinderat grünes Licht für die Sanierung und Erweiterung des Museums. Kostenpunkt: 5,5 Millionen Euro. „2023 soll alles fertig sein“, erklärte Bürgermeister Andreas Köster damals in der Ratssitzung. Daraus wird nichts: Laut Plan sind für die Villa Riß bis Ende 2024 nur 700.000 Euro an Investitionen geplant.

Noch keine Pläne fürs Kunstmuseum

Bereits im Frühjahr 2017 machte Oberbürgermeister Andreas Brand im OB-Wahlkampf ein Museumsquartier am Hinteren Hafen zu seinem Thema. Ideen für die Erweiterung des Zeppelin Museums wurden da schon lange hinter verschlossenen Türen diskutiert. Es dauerte noch anderthalb Jahre, bis das Museumskonzept 2035 stand. Im Dezember 2018 beschloss der Gemeinderat damit auch den Anbau eines Kunsthauses dort, um endlich die bedeutende Kunstsammlung des Museums auf mehr Fläche zu zeigen. Dann wurde es ruhig um das Projekt. Im Juli 2021 beendete der Rat das Projekt Maybach-Ausstellung im Zeppelin-Museum. Für das Kunsthaus stehen im Doppelhaushalt nun zumindest 500.000 Euro für einen Architektenwettbewerb und die Planung. Mit dem Bau soll es 2025 losgehen. Kostenpunkt: 14,5 Millionen Euro.

Eher Grau statt grün ist der Adenauerplatz. Ein Hain soll Abhilfe schaffen.
Eher Grau statt grün ist der Adenauerplatz. Ein Hain soll Abhilfe schaffen. | Bild: Cuko, Katy

Grüner Adenauerplatz in diesem Jahr?

Seit Jahren diskutieren Rat und Stadt darüber, wie man die Innenstadt aufpeppen kann. Zumindest der Forderung nach mehr Grün auf dem Adenauerplatz folgte 2019 der Ratsbeschluss, ein Planungsbüro Ideen entwickeln zu lassen. Die Berliner Landschaftsarchitekten K1 legten im September 2020 drei Vorschläge vor. Einer davon: ein kleines Wäldchen zu pflanzen. Erst hagelte es Kritik, bevor diese Idee im Frühjahr 2021 doch eine Mehrheit fand. Wer nun allerdings hoffte, im Sommer 2022 unter 28 schattenspendenden Bäumen im Hain auf dem Adenauerplatz zu sitzen, wurde enttäuscht. Aus dem geplanten Baubeginn Frühjahr 2022 wurde August, aber auch der Termin verstrich. Laut letzter Meldung soll es zum Jahresanfang 2023 losgehen, nach Ende der Bodensee-Weihnacht...