Herr Schäfer, der Flughafen Friedrichshafen kämpft seit Jahren mit sinkenden Passagierzahlen und ist auf Finanzspritzen aus öffentlicher Hand angewiesen, immer wieder wird über das Aus diskutiert. Trotzdem sind Sie im September 2024 an den Flughafen gewechselt, seit Mai sind Sie Vorsitzender der Geschäftsführung. Was treibt Sie an?

Detlef Schäfer: Ich bin seit über 30 Jahren in der Luftfahrt. Ich habe schon fast alles gemacht, was mit der Abfertigung von Flugzeugen, Passagieren und der Organisation am Flughafen zusammenhängt. Mit einem 360-Grad-Blick aus Airline, Flughafen und Bodenabfertiger, kenne ich mich da sehr gut aus.

Deswegen konnte ich mir schon seit Längerem vorstellen, einen Flughafen als Geschäftsführer zu leiten. Ich weiß natürlich um die Probleme des Bodensee-Airports, sehe aber auch die Chancen und das Potenzial, das hier liegt.

Wo sehen Sie denn die Chancen des Flughafens?

Schäfer: Der Flughafen ist ein Ein- und Ausfahrtstor für die regionale Wirtschaft, die damit ihre Fachkräfte anbinden und somit auch die Dynamik und Attraktivität des Standortes heben können. Mit Oberbürgermeister Blümcke und Landrat Prayon haben wir starke Partner in der Politik, die auch um das Potenzial wissen und hinter uns stehen.

Dazu gibt es in der Region große Wirtschaftsunternehmen, die wir mit ins Boot holen wollen. Da müssen wir Überzeugungsarbeit leisten und klarmachen: Airlines gehen kein Risiko mehr ein. Das einzige Argument, das Airlines gegenüber zieht, ist, wenn ich ihnen gegenüber konkrete Abnahmezahlen liefern kann. Dafür bräuchte ich verbindliche Zusagen.

Detlef Schäfer blickt auf das Rollfeld des Flughafens: In Zukunft sollen hier mehr Airlines landen und starten.
Detlef Schäfer blickt auf das Rollfeld des Flughafens: In Zukunft sollen hier mehr Airlines landen und starten. | Bild: Marvin Nagel

Welche Airlines kämen für den Flughafen Friedrichshafen in Fragen?

Schäfer: Friedrichshafen kann alles abdecken, wir können da gar nicht wählerisch sein. Die Menschen möchten von hier natürlich in den Urlaub fliegen und schätzen die kurzen Wege zum Flughafen und die schnelle Abfertigung. Das bildet unser Grundgerüst. Diese touristischen Flüge funktionieren auch relativ gut. Wenn möglich, möchten wir das noch ausbauen.

Das läuft aber nur in Verbindung mit Reiseveranstaltern. Die müssen den Airlines garantieren, dass die Flüge dann auch voll sind. Der Flughafen selbst hat ja keine Passagiere, er verbindet die Gäste – also Angebot und Nachfrage – mit den Fluggesellschaften. Wenn kein Bedarf besteht, können wir auch nichts machen.

Seit Mai ist Detlef Schäfer Geschäftsführer am Flughafen Friedrichshafen.
Seit Mai ist Detlef Schäfer Geschäftsführer am Flughafen Friedrichshafen. | Bild: Marvin Nagel

Wie sieht es mit Geschäftsreisen aus? Seit dem Ende der Lufthansa-Route nach Frankfurt ist der Flughafen Friedrichshafen nicht mehr an ein europäisches Drehkreuz angebunden.

Schäfer: Natürlich ist da der Ruf aus der Wirtschaft groß, dass sie diese Routen wieder brauchen, uns fehlen aber noch verpflichtende Zusagen. Das Potenzial ist weiterhin da, wenn auch vielleicht nicht mehr ganz so groß, da die Bevölkerung nicht wächst und einige große Firmen auch ihre Probleme haben.

Ich bin aber der Meinung, dass eine Region sich die Infrastruktur Flughafen leisten muss. Das ist das Tor für Fachkräfte und Besucher, um die Attraktivität dieses Standortes zu erhalten. Denn für viele ist ein nahegelegener Flughafen ein Faktor bei der Arbeitsplatzsuche. Wenn das nicht mehr gegeben wäre, würde der Fachkräftemangel noch größer werden und die Strahlkraft der Region sinken. Und wo geht es dann weiter? Der Fährhafen ist auch nicht unbedingt profitabel, machen wir den dann auch zu?

Das könnte Sie auch interessieren

Nur eine Autostunde entfernt von Friedrichshafen liegt ein weiterer Regionalflughafen, der Allgäu-Airport in Memmingen. Vor zehn Jahren konnten die beiden Flughäfen noch ungefähr gleich viele Abflüge vermelden. Im vergangenen Jahr waren es in Memmingen 8649 mehr. Woran liegt das?

Schäfer: Der Flughafen Memmingen ist zu über 80 Prozent in privater Hand, die Unternehmer dahinter sind sehr zahlungskräftig. Das bedeutet ganz andere Möglichkeiten beim Ködern von Airlines. Diese Unternehmen wollen, dass der Flughafen und die Region brummen und Arbeitskräfte und Touristen über den Flughafen anreisen.

Ob Investoren jemals eine Kapitalrendite gesehen haben, weiß ich nicht, aber sie sehen den gesamtwirtschaftlichen Effekt, den der Flughafen auf die Region hat. Brummt der Flughafen, brummt die Region. Dazu kommt ein sehr großes Einzugsgebiet von 3,8 Millionen. Deswegen hinkt der Vergleich mit uns, wir haben keine Großstädte wie München und Nürnberg in der näheren Umgebung. Und vor allem haben wir keine privaten Investoren, deren wichtigster Punkt ist: Wie bringen wir den Flughafen weiter nach vorn? Diskussionen über ein mögliches Aus des Flughafens kennen die dort nicht.

Wie schädlich sind denn solche öffentlichen Diskussionen bei der Akquise neuer Kunden?

Schäfer: Das ist Gift für uns. Gerade bei möglichen Anbindungen an Drehkreuze steckt für die Airlines ein sehr hoher logistischer Aufwand dahinter. Wenn die dann auch nur im Ansatz hören, dass es den Flughafen vielleicht in ein paar Jahren nicht mehr gibt, dann lassen die das. Ich kenne solche Gespräche aus der Sicht der Airlines, habe das mehr als ein Jahrzehnt bei Air Berlin gemacht.

Für die Airline wäre das einfach ein zu großes Risiko. Aber auch bei der Ansiedlung von Firmen haben wir schon in letzter Minute Absagen bekommen, weil genau zu diesem Zeitpunkt diese öffentlichkeitswirksamen Diskussionen über die Zukunft des Flughafens stattgefunden haben. Da wäre etwas mehr Rückendeckung aus der Politik natürlich gut für uns.

Das könnte Sie auch interessieren

Die Billigfluglinie Ryanair hat sich mittlerweile aufgrund der hohen Kosten von allen großen deutschen Flughäfen zurückgezogen. Bestünde hier nicht die Chance, eine neue Airline nach Friedrichshafen zu holen?

Schäfer: Der Kostenfaktor wäre für Ryanair hier tatsächlich relativ gut und besser als an fast jedem Großflughafen in Deutschland. Ryanair kommt aber über die Menge, wenn die eine Route aufmachen, soll der Flieger möglichst immer voll sein. Wir befinden uns aber in guten Gesprächen mit der Airline, da könnte durchaus mal etwas kommen in gar nicht so weit entfernter Zukunft. Wir verhandeln aber generell mit jeder Airline.

Das war noch anders als die Lufthansa hier Platzhirsch war, da hat man alles um die drumherum gebaut – ein großer Fehler, wie sich im Nachhinein herausgestellt hat. Man hätte sich da schon viel früher breit aufstellen müssen. Generell kann sich kein Flughafen in Westeuropa noch aussuchen, welche Airlines er haben will und welche nicht. Diese Zeiten sind vorbei.