Wer in Friedrichshafen Strom tanken will, muss Zeit mitbringen. Obwohl es immer mehr E-Autos auf den Straßen gibt, hinkt das Angebot an öffentlichen Ladestationen nach wie vor hinterher, vor allem in den Ortsteilen. Schnell mal aufladen geht nur an wenigen Stellen. Der SÜDKURIER hat die Lage im Ladenetz gecheckt.
Öffentliche Ladestationen in Friedrichshafen

Die gute Nachricht zuerst: Auf dem Parkplatz P2 des Flughafens Friedrichshafen direkt am Terminal wird gerade ein Schnellladepark für E-Autos gebaut. Der soll für Reisende, aber auch für externe Besucher des Airports rund um die Uhr zugänglich sein. Voraussichtlich ab Mitte Oktober gibt es hier gleich sechs neue Ladesäulen mit einer Ladekapazität von jeweils 350 Kilowatt (kW).
Schnell laden nur an wenigen Plätzen möglich
Damit verbessert sich das Angebot an Schnellladepunkten in der Stadt auf einen Schlag enorm. Aktuell gibt es nur eine Station, die in der Ladeleistung mithalten kann. Auf dem Parkplatz des Stadtwerks am See (SWSee) an der Kornblumenstraße liefert die Station 300 kW pro Ladeplatz. Damit lässt sich ein mittleres E-Auto mit einer Batterieleistung von 65 kW/h in acht Minuten sozusagen volltanken. Zum Vergleich: An einer 50-kW-Säule dauert das Laden dann schon 52 Minuten.

Diese Ladeleistung und mehr bieten derzeit nur fünf weitere Stationen in Friedrichshafen an: Landratsamt und Bodenseecenter (50 kW), Kaufland im Stockerholz (60 kW), McDonalds an der Ehlersstraße und Parkplatz Hinterer Hafen (150 kW).
Im gesamten Kreisgebiet lasse die Anzahl der öffentlichen Schnellladepunkte zu wünschen übrig, meint der FDP-Landtagsabgeordnete Klaus Hoher. „Wenn in einer so bedeutenden Tourismusregion wie dem Bodenseekreis, der gleichzeitig auch durch ländliche Regionen geprägt ist, gerade einmal 42 Schnellladepunkte vorhanden sind, dann spricht das Bände. Zum Vergleich: Im Kreis Böblingen sind es 136.„
Nur 1,5 Prozent der Autos fahren rein elektrisch
Für Hoher ist es deshalb nicht verwunderlich, dass der Anteil an E-Autos im Kreisgebiet gering ist. Nur 1,5 Prozent der angemeldeten Fahrzeuge fahren rein elektrisch. „Gerade im ländlichen Raum scheint die Infrastruktur eine Nutzung von Elektroautos im Alltag oft noch nicht herzugeben“, erklärt er in einer Mitteilung. Mobilität müsse verlässlich sein.
Dabei hat sich die Anzahl der Elektro-Autos in den vergangenen vier Jahren im Kreisgebiet fast verzehnfacht. 2018 waren 234 E-Autos zugelassen, im Januar 2022 waren es 2131 (ohne Plug-in-Hybride). Dabei hat sich der Bestand allein von 2021 zu 2022 verdoppelt. Bei rund 140.000 angemeldeten Autos herkömmlicher Antriebsart im Bodenseekreis sind etwas mehr als 2000 E-Autos trotzdem nicht die Masse.

Im Vergleich dazu erscheint die Summe der öffentlich zugänglichen Ladepunkte im Bodenseekreis groß. 333 waren es nach Angaben der Bundesnetzagentur zum Jahresbeginn. An 42 davon liegen mehr als 22 kW-Leistung an. Was im Umkehrschluss heißt, dass man an der großen Mehrzahl der Säulen in der Regel zwischen einer und fünf Stunden stehen muss, bis der Akku im Auto wieder vollgeladen ist. Trotzdem registriert das Stadtwerk am See als größter Betreiber im Kreisgebiet „eine stetig steigende Auslastung“, so Sprecher Stefan Senftleben.
200 öffentliche Ladeplätze in Friedrichshafen
In Friedrichshafen listet die EnBW aktuell rund 200 öffentliche Ladepunkte auf. Doch die sind sehr ungleich verteilt. Während die Innenstadt gut ausgebaut erscheint, allein an der Eckenerstraße/Hinterer Hafen 17 Ladepunkte zur Verfügung stehen, muss man E-Tankstellen in den Ortsteilen regelrecht suchen. Zwei Standorte mit acht Ladesäulen in Kluftern, eine Lademöglichkeit in Raderach sowie zwei in Ailingen und Ettenkirch weist die Karte aus.
Dabei hat das Stadtwerk am See in den vergangenen Jahren ordentlich in den Ausbau der Lade-Infrastruktur investiert. „Wir haben aktuell 430 Ladepunkte“, teilt der SWSee-Sprecher auf Anfrage mit. Davon sind 274 in Friedrichshafen. Doch nur 85 sind öffentlich zugänglich, davon an vier Schnellladesäulen.

Das heißt: Zwei von drei Ladesäulen, die das Stadtwerk in Friedrichshafen gebaut hat, stehen nur einem ausgewählten Zielpublikum zur Verfügung. Dazu gehört beispielsweise das Zeppelin-Parkhaus in der Leutholdstraße. Hier gibt es 24 Lademöglichkeiten mit einer Leistung von je 22 kW für Mitarbeiter von Zeppelin Systems, Rolls Royce und ZF.
Preise variieren stark
Und was kostet Strom tanken? Auch an den Ladesäulen sind die Preise gestiegen. Wieviel man vor Ort zahlen muss, steht aber – anders als an herkömmlichen Tankstellen – draußen meistens nicht dran.
An den Ladesäulen vom Stadtwerk am See kann zumindest jeder Strom tanken. „Laden ist auch ohne Vertrag möglich“, erklärt Stephan Senftleben. Für Kunden des Stadtwerks ist es allerdings billiger. Zum Grundpreis von 1,95 Euro im Monat werden pro Kilowattstunde 49 Cent fällig, an der Schnellladestelle zehn Cent mehr. Eine „Tankfüllung“ für ein mittleres E-Auto an der öffentlichen Ladesäule kostet also rund 30 Euro. Wer als Nichtkunde mit Kreditkarte oder per Paypal abrechnet, zahlt allerdings jeweils 20 Cent mehr pro Kilowattstunde, also 69 Cent beziehungsweise 79 Cent für die Schnellladung. Macht also mindestens zehn Euro mehr bei einmal volltanken.
Andere Anbieter in Friedrichshafen sind beispielsweise Allego, Elli, Tesla, EnBW oder EWE. Hier variiert der Preis zwischen 49 Cent für die Kilowattstunde bis zu 89 Cent.