Die Anschuldigungen des Stifter-Nachfahren wiegen schwer: Falschinformation, Bestechung, sittenwidriges Verhalten, Missbrauch von Stiftungsgeldern. Vorwürfe, die an die Adresse der Stadt Friedrichshafen gehen und historische Sachverhalte betreffen sollen.

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Die Stadt habe den Gemeinderat falsch informiert, als die Zeppelin-Stiftung 1947 aufgelöst wurde, sagt Albrecht von Brandenstein-Zeppelin. Er wirft der Stadt heute Betrug vor, weil ihr Stiftungskonzern ZF in der Vergangenheit verdeckt Gewinne als Spenden ausgeschüttet habe. Der Urenkel des Stiftungsgründers spricht von „sittenwidrigem Verhalten“, als er 1990 seine ZF-Aktien an die Stadt habe verkaufen müssen. Und nicht zuletzt vom Missbrauch der Stiftungsgelder seit über 70 Jahren, die zu gemeinnützigen statt mildtätigen Zwecken ausgegeben werden, wie der Adlige immer wieder moniert.

Die Vorwürfe wiegen schwer

„Das sind schwere Vorwürfe“, gibt Albrecht von Brandenstein-Zeppelin zu. Nach drei Stunden Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht in Sigmaringen versucht er zu erklären, warum das Rathaus aus seiner Sicht die Anträge auf Akteneinsicht ablehnte. „Es ist verständlich, dass die Stadt keine Akten herausgeben will, die meine Vorwürfe untermauern könnten.“

Im Schloss in Mittelbiberach lagern große Teile des Archivs der Zeppelin-Stiftung, über das Albrecht von Brandenstein-Zeppelin verfügt.
Im Schloss in Mittelbiberach lagern große Teile des Archivs der Zeppelin-Stiftung, über das Albrecht von Brandenstein-Zeppelin verfügt. | Bild: Cuko, Katy
„Es ist verständlich, dass die Stadt keine Akten herausgeben will, die meine Vorwürfe untermauern könnten.“
Albrecht von Brandenstein-Zeppelin

Im Januar 2018 hatte von Brandenstein-Zeppelin die erste Klage auf Akteneinsicht in Sigmaringen eingereicht, im Juli dieses Jahres die letzte. Insgesamt sieben Klagen, die inzwischen 3000 Seiten in den Gerichtsakten füllen, sagte die Vorsitzende Richterin Julia Baudis am Dienstagvormittag.

Streit um die Stiftung wird weiter geführt

Im Kern gehört das Verfahren zum Rechtsstreit um die Zeppelin-Stiftung: Albrecht von Brandenstein-Zeppelin und sein Sohn Frederic wollen die Stiftung dem Einfluss der Stadt Friedrichshafen entziehen und sie wieder rechtsfähig machen. Im Januar hat das gleiche Gericht in Sigmaringen jedoch geurteilt, dass sie nicht berechtigt sind, diese Klage zu führen. Die Beschwerde liegt jetzt beim Verwaltungsgerichtshof des Landes.

In diesem Verfahren geht es um sehr viele Akten und Dokumente: Geschäftsberichte der Stiftungsunternehmen, Ratsprotokolle, Aktennotizen, Gerichtsunterlagen, Gutachten zur Zeppelin-Stiftung und so weiter. Von Brandenstein-Zeppelin und seine Anwälte berufen sich auf das Informationsfreiheitsgesetz. Einen Teil der Akten gab die Stadt zur Einsicht vor Ort im Stadtarchiv frei, andere nicht. Gestritten wird aber auch über Ort und Dauer der Einsichtnahme.

Archivordnung mit restriktiven Regeln

Die Stadt habe diesbezüglich „Schikanen und Blockaden“ errichtet, erklärte Klägeranwalt Matthias Schüppen vor Gericht. Sie habe im November 2018 erstmals eine Archivordnung mit restriktiven Regeln für das Stadtarchiv erlassen, „um unsere Informationsansprüche abzuwehren“, so der Anwalt. Seither gebe es beispielsweise Sperrfristen von 30 Jahren, bei geheimen Dokumenten sogar von 60 Jahren. Für eine Kopie werde 1 Euro pro Seite fällig. Während der Kläger die Unterlagen übersandt haben möchte, habe die Stadt nur eine Frist von drei Wochen im August für die Einsichtnahme gewährt. Beide „diskriminierenden Maßnahmen“, so Schüppen, ließ der Anwalt der Stadt, Christoph Schönberger, im Verfahren fallen. Die Stifterfamilie hat nun ein halbes Jahr Zeit, jene Unterlagen einzusehen, die die Stadt bewilligt hat.

Kläger will Dokumente einsehen, die unter Verschluss seien

Albrecht von Brandenstein-Zeppelin geht es jedoch um die Dokumente, die das Rathaus unter Verschluss halte. Das Stadtarchiv unterliege nicht dem Informationsfreiheitsgesetz, argumentierte Christoph Schönberger zum einen. Im Verlauf der Verhandlung äußerte er aber auch mehrmals, dass bestimmte Dokumente, die der Adlige zu sehen wünscht, möglicherweise gar nicht existieren oder zumindest der Verwaltung nicht vorlägen.

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Er halte es für „unglaubwürdig“, konterte der Kläger, dass es beispielweise keine Unterlagen darüber geben soll, wie 1990 der Wert seiner ZF-Aktien bestimmt wurde, die er an die Stadt habe verkaufen müssen, und welche Rolle der damalige Oberbürgermeister dabei gespielt habe.

Ein Urteil in diesem Rechtsstreit gab es am Dienstag nicht. Richterin Baudis stellte jedoch eine Entscheidung der 6. Kammer tags darauf in Aussicht.