Uwe Petersen

Jeden Dienstag in der Saison – sofern das Wetter mitspielt – kann man gegen 15 Uhr aus dem Hagnauer Westhafen den dort stationierten Kutter "Teamwork" zu einer seiner Gästefahrten auslaufen sehen. So ein Kutter ist ja nicht gerade typisch für den Bodensee. Wie kommt die Wasser-Sport-Gemeinschaft Hagnau (WSGHa) zu diesem eher an den Küsten von Ost- und Nordsee beheimateten Boot?

Es begann in den 1990er Jahren

Es begann damit, dass 1992 ein alter Seebär, der sich Zeit seines Lebens auf und noch lieber mit einem U-Boot unter Wasser aufgehalten hatte, nach Hagnau zog. "Das war damals meiner Frau zuliebe, die aus Innsbruck stammt und näher an ihrer Heimat sein wollte", erzählt Gunther Hartmann. Da bot sich der Bodensee als Kompromiss an. "Ich lernte dann auch sehr schnell zwei Mitglieder der WSGHa kennen, über die ich dann selbst Mitglied wurde. Zunächst übernahm ich die Jugendausbildung." Er erinnerte sich an die Ausbildung bei der Marine: "Wir hatten damals auf Kuttern das Segeln gelernt."

Schiff 1996 abgeholt

So rief er 1995 kurzerhand im Holsteiner Neustadt an, wo er bei der Marine einen lange nicht mehr benutzten Kutter wusste. "Was wollt Ihr dafür haben?" – "Du wohnst doch jetzt am Bodensee. Dann bring uns mal zwei Kisten Wein mit." Nun ist so ein Kutter nicht so leicht zu transportieren wie eine Jolle. "Wir haben bei einem Mitglied aus Ehingen, der Metall verarbeitet, einen Trailer gebaut." Der Bootstyp und damit die genauen Maße sind seit 1870 festgelegt, sodass der Trailer maßgenau angefertigt werden konnte. "Wir haben sicherheitshalber ein Schweißgerät und anderes Werkzeug mitgenommen, als wir 1996 raufgefahren sind, um ihn abzuholen."

Kutter war in einem üblen Zustand

Doch es passte alles genau; nur der Kutter selbst war in einem üblen Zustand – und die Fahrt war ein Abenteuer. "Wir hatten keinen Lastwagen, sondern nur einen Geländewagen vor den Trailer gespannt. Damit war das Gespann aber deutlich zu instabil." Mit viel Glück wurde der Kutter unfallfrei bis Ehingen in eine Halle gebracht, wo sich die Beteiligten fragten, ob sie den Kutter einfach zerlegen sollten oder wirklich wieder herrichten. Letztlich wagten sie die zweite Lösung und restaurierten ihn bis zum Sommer 1997, in dem sie das "neue" alte Gefährt in Kirchberg ins Wasser legten, "wo er auch prompt volllief". Das Holz war zu trocken, sodass das Wasser durch viele Ritzen kam.

Diese Tafel am Steg der "Teamwork" soll interessierte Touristen über den Kutter der WSGHa informieren.
Diese Tafel am Steg der "Teamwork" soll interessierte Touristen über den Kutter der WSGHa informieren. | Bild: Uwe Petersen

Kutterpaten reparieren und streichen

Mit der Zeit wurde das Boot dicht. Nur für seinen eigentlichen Zweck, die Ausbildung der Jugend, war es nicht geeignet: Es war schlichtweg zu schwer. Doch inzwischen gab es in der WSGHa gegen einige Widerstände einen regelrechten Fanclub des Kutters, die sich als "Kutterpaten" für das gute Stück stark machten und die seitdem auch dafür sorgen, dass die nötigen Winterarbeiten an dem alten Boot vorgenommen werden; denn es gibt immer etwas zu reparieren, zu streichen und zu ölen, damit es im nächsten Jahr wieder auslaufen kann.

Gästefahrten fast immer ausgebucht

Diese Kutter-Begeisterten hatten eine Idee, die auch nach 20 Jahren noch trägt: "Wir machen Gästefahrten." 1998 liefen sie zum ersten Mal aus und hatten soviel Erfolg, dass bis heute fast alle Fahrten ausgebucht sind. Natürlich braucht man bestimmte Voraussetzungen. "Jeder von uns hat das Bodenseeschifferpatent. Außerdem haben wir schon mehrfach für die Crew Kutterausbildungen an der Ostsee gebucht", erzählt Karl Weger. Um Gäste befördern zu dürfen, war zudem eine Vereinbarung nötig. "Wir haben uns verpflichtet, dass immer mindestens drei von der Crew dabei sind. Wir haben auch genügend Schwimmwesten aller Größen dabei, um für den Ernstfall gewappnet zu sein."

Auch Sonderfahrten sind möglich

Den gab es zum Glück noch nie. Und das trotz inzwischen Hunderter von Fahrten. "Wir fahren jeden Dienstag in der Saison Touristen", berichtet Wolf Seitz, der seit einigen Jahren den Kutter organisiert. Das sind wetterbedingt rund 15 Fahrten im Jahr. Dazu kommen noch einmal so viele Sonderfahrten: private Fahrten von Gruppen, Fahrten für Seh- und Körperbehinderte, für Flüchtlinge, für Kinder im Rahmen der Ferienspiele und nicht zuletzt Vereinsfahrten. Übrigens sind die elf derzeit Aktiven alle Rentner, zwischen 60 und 85 Jahre alt. "Das hat einen einfachen Grund", grinst Hartmann. "Die Gäste wollen abends Essen gehen. Nachmittags aber haben die jungen Leute aus dem Verein noch keine Zeit."