Der Winzerverein Hagnau hat einen neuen Perlwein kreiert. Pet Nat heißt der, was von „Pétillant Naturel“ kommt und so viel bedeutet wie „natürlich prickelnd“. Dabei darf die Beschreibung durchaus wörtlich genommen werden, erklärt Kellermeister Jochen Sahler. Denn der Pet Nat sei ein Perlwein, der zunächst in einem Weinfass in Gärung gebracht und danach völlig eigenständig in der Flasche weiter vergoren werde. Der Bodensatz in der Flasche sei die Feinhefe, die ursprünglich zum Traubensaft gegeben wurde, damit er vergärt. Am Ende diene sie dazu, dass der Pet Nat unterschiedlich genossen werden könne: klar oder naturtrüb.
Idee wird vor einem Jahr geboren
Die Idee zu dieser neuen Kreation hatte Jochen Sahler vor einem Jahr. „Ich war im Sommer vergangenen Jahres auf der jährlichen Kellermeistervorbereitung in Freiburg“, erzählt der 45-Jährige. „Dort habe ich zum ersten Mal überhaupt von einem Pet Nat gehört.“ Als er dann kurz darauf in einem Fachmagazin einen Artikel darüber gelesen hatte, entschied er sich, das auch im Winzerverein Hagnau auszuprobieren. „Ich liebe es, Neues auszuprobieren“, sagt Jochen Sahler. „Und das ist uns in diesem Falle recht gut gelungen, wie ich finde.“
Der Pet Nat ist keine völlig neue Erfindung, weiß Ferdinand Sailer, zuständig für Vertrieb und Marketing im Winzerverein Hagnau. „Im Trentino gibt es recht viele solcher Perlweine. Aber am Bodensee kenne ich bislang keinen Pet Nat.“ Das mache den neuen Tropfen aus Hagnau besonders.
Wahl fällt auf Muskateller
Zum Auftakt machte sich Jochen Sahler Gedanken, welche Traube er für diesen Perlwein verarbeiten soll. „Ich war auf der Suche nach einer Bukett-Sorte, da ich etwas Fruchtiges, Duftiges, Frisches und Intensives gesucht habe“, erklärt der Kellermeister. „Da kamen dann nur noch Muskateller, Bacchus und Kerner infrage.“ Letztlich fiel die Wahl auf Muskateller. „Diese Traube bietet einfach den größten Blumenstrauß von Komponenten“, erklärt er weiter. „Sie ist eine Mischung von Rosenduft über Muskat und Apricot bis zu exotischer Aromatik.“
Mitten im Gärvorgang wird abgefüllt
Am 28. September 2019 wurde der Muskateller gelesen. Die Maische konnte eineinhalb Tage lang ziehen, um das Aroma aus den Trauben zu lösen, erklärt Sahler. Nachdem nach einem weiteren Pressen der gefilterte Traubensaft im Fass ankam und der Gärvorgang mit Hefe angestoßen wurde, stieg die Spannung, ob das Vorhaben gelingen würde. Nach knapp zwei Wochen wurden mitten im Gärvorgang 290 Flaschen abgefüllt und mit einem Kronkorken verschlossen. Liegend gärte der Wein in den Flaschen weiter.
„In den folgenden dreieinhalb Wochen habe ich jede Flasche mehrmals einzeln aufgeschüttelt, um den Gärprozess am Laufen zu halten“, erzählt der Kellermeister. Allerdings hielten er und das Team es nicht aus, bis zum Ende des Gärvorgangs zu warten.
Ob das Vorhaben gelingt, bleibt bis zuletzt spannend
Die große Frage war, ob die Gärung nicht zu viel Druck in die Flasche bringt, so Sahler. Die Folge wäre ein sogenanntes Gushing. Das beschreibt das Herausspritzen des Flascheninhalts aufgrund des zu hohen Drucks, wenn man beispielsweise eine Sprudelflasche schüttelt und dann öffnet.
Als der letzte Zuber Trauben der Weinlese 2019 im Winzerverein Hagnau auf die Presse kam, wurde traditionell eine Flasche geöffnet, um auf den Abschluss der Lese anzustoßen. Und hier fiel die Wahl auf eine der 290 Flaschen Pet Nat. „Es war wirklich extrem aufregend“, erinnert sich Jochen Sahler. „Wir waren alle unglaublich gespannt, was passiert.“
Herstellung ist mittlerweile abgeschlossen
Der Kronkorken wurde gelöst. Das Team atmete auf, denn es spritzte kein einziger Tropfen heraus. „Ich war selbst völlig überrascht, wie gut sich der Pet Nat in der Flasche entwickelt hatte“, erinnert sich Jochen Sahler. Mittlerweile ist die Herstellung des Pet Nats abgeschlossen. Jede Flasche hat sogar seine eigene fortlaufende Produktionsnummer erhalten.
„Der Pet Nat ist deshalb so besonders, weil es ein Produkt ist, das gleich mehrere Verwendungen hat“, erklärt Ferdinand Sailer. Er sei klar oder trüb genießbar und allgemein ein sehr natürlicher Perlwein, der nicht geschwefelt werden müsse. Wie Kellermeister Sahler erklärt, setzt sich die Feinhefe in der Flasche ab, was im ersten Moment etwas irritierend wirken könne.
Doch genau diese Feinhefe mache den Unterschied zu anderen Weinen. „Der Pet Nat ist von Haus aus sehr trocken“, erklärt Jochen Sahler. Durch die Feinhefe bekomme er aber eine Weichheit und Samtigkeit, die die Frucht herausstelle und den Geschmack abrunde.