Herr Henne, Sie sind seit Anfang des Jahres Bürgermeister, sie sind im Sommer Vater geworden, haben geheiratet, sind nach Immenstaad gezogen – wie haben Sie das alles verkraftet? So viel Umbruch in einem Jahr?
Ich habe mir gar nicht so viele Gedanken darüber gemacht – alles läuft soweit sehr gut. Ich fühle mich auch nicht überlastet. Alles ging in diesem Umbruchsjahr in die richtige Richtung, sowohl privat wie auch beruflich! Insgesamt habe ich mich hier wirklich sehr gut eingelebt und im Rathaus eingearbeitet. Natürlich war das alles zusammen genommen ganz schön viel, aber es waren sehr positive Erlebnisse: Der Amtsbeginn, die Hochzeit, die Geburt unseres Kindes, der Umzug. Wir sind jetzt wirklich hier angekommen, sodass nun auch in den nächsten Jahren die Routine einkehren kann, sowohl hier im Rathaus als auch zuhause.
Was steht bei Ihnen, jetzt nach der Sommerpause, auf der Agenda?
Es steht tatsächlich ziemlich viel auf der Agenda. Wir haben gerade die Baugenehmigung für den Bauhof bekommen, im März kann der Spatenstich stattfinden. Das Gleiche gilt für die Kita Seegaddel, da hoffen wir, dass wir in den nächsten Wochen und Monaten an die Ausschreibung gehen können. Im Frühjahr soll dann mit dem Neubau begonnen werden. Zudem steigen wir in die Planungen für den Umbau des Rathauses ein. Wir wollen ein offenes, innovatives und charmantes Bürgerbüro gestalten. Auch die Tourist-Info, die für die Gemeinde sehr wichtig ist, soll professionell aufgestellt und ausgestattet werden. Eine Verwaltung muss auf Bürgerfreundlichkeit, Service und Ansprechbarkeit setzen.
Warum ist Ihnen ein offenes Rathaus so wichtig?
Ich glaube, dass Rathaus und Verwaltung der Umschlagplatz in einer Gemeinde sind, damit Neues entsteht. Die Verwaltung ist eben nicht nur eine Behörde, sondern ist auch die zentrale Schaltstelle des Zusammenlebens und des sozialen Zusammenhalts. Es ist wichtig, dass die Verwaltung erreichbar ist und dass die Menschen ein positives Erlebnis haben, wenn sie mit den Behörden zu tun haben. Der Wandel hin zur Dienstleistungsverwaltung hat sich bewährt. Ich glaube, dass es wichtig ist, die Leute mitzunehmen, offen zu sein und sie zu informieren. Offenheit und Transparenz sollen die Menschen spüren, wenn sie zu uns ins Haus kommen.
Warum ist es für Sie wichtig, auch persönlich ansprechbar zu sein?
Für mich als Bürgermeister ist es wichtig, die guten Ideen, die in den Köpfen der Bürger stecken, auch zu entdecken. Nicht die Verwaltungsbehörde ist die Gemeinde, sondern 6500 Bürger bilden die Gemeinde. Ich möchte, dass sie alle mitgestalten, ihre Ideen einbringen und Entscheidungen mit vorbereiten.
Gerade erst wurde entschieden, dass das Thema Jugendtreff jetzt in Angriff genommen wird. Sie haben das auch im Wahlkampf immer wieder betont. Warum ist Ihnen dieses Thema so wichtig?
Ich habe selbst viele Jahre lang Jugendarbeit gemacht und ich weiß, wie wichtig diese ist. Ein Jugendtreff ist kein Selbstzweck. Es geht nicht darum, den Jugendlichen einen Raum zu geben und sie dann sich selbst zu überlassen. Es muss ein Platz sein, an dem soziale Verantwortung gelebt wird. Kinder und Jugendliche sind unsere Zukunft. Die jetzigen Teenager sind die künftigen Vorstände der Vereine, vielleicht auch Kandidaten für den Gemeinderat. Deswegen ist es so wichtig, dass wir ihnen schon jetzt zeigen, dass auch ihre Ideen für die Gemeinde wichtig sind und dass sie die Zukunft mitgestalten können.
Gleichzeitig möchte ich aber auch, dass die Jugendlichen Verantwortung übernehmen. Es ist ein Geben und Nehmen. Wir planen eine Art Auftaktveranstaltung, um gemeinsam mit den Kids den Jugendtreff und die Regeln zu erarbeiten. Zudem befürworte ich einen regelmäßigen und dennoch lockeren Austausch zwischen den Jugendlichen auf der einen Seite und mir, der Verwaltung und auch dem Gemeinderat auf der anderen Seite. Dies muss in entspannter Atmosphäre und auf Augenhöhe passieren.
Ihnen ist es wichtig, auf Augenhöhe mit den Bürgern zu sein. Warum?
Das direkte Gespräch und der unkomplizierte Kontakt mit den Menschen ist für mich das A und O – ob bei einem Fest, einem Konzert, einem Geburtstag oder einfach auf der Straße. Da erfahre ich viel darüber, was die Bürger umtreibt. Ich glaube, dass man dadurch ganz nah an seinen Bürgern dran ist und das ist dann fast besser, als in großen Bürgerbeteiligungs-Veranstaltungen mit 200 und mehr Menschen in einem Saal.
Ein weiteres Projekt ist die städtebauliche Leitlinie. Wie geht es damit voran?
Das soll jetzt in den nächsten Wochen starten, mit einer intensiven Bürgerbeteiligung. Das Thema ist spezifisch, aber auch sehr emotional besetzt. Es ist wichtig, dass wir mit den Bürgern ins Gespräch kommen. Vielleicht mit einem Spaziergang durch die Ortsmitte oder in kleinen Projektgruppen. Ich glaube, die Menschen haben viele gute Ideen, die zwar nicht alle realisierbar sind, aber die es wert sind, gehört zu werden. Die Leitlinie soll also nicht nur von der Verwaltung aufgesetzt, sondern gemeinsam mit den Bürgern erarbeitet werden.
Es gab Kritik an den Plänen der Gemeinde, sich an der Echt-Bodensee-Card (EBC) zu beteiligen, auch ein Gastgeber hat sich deutlich dagegen ausgesprochen. Was ist Ihre Meinung dazu?
Mir war es besonders wichtig, nochmal alle positiven wie negativen Fakten zu sammeln und vor allem die betroffenen Akteure in der Gemeinde einzubinden. Die verschiedenen rechtlichen Probleme konnten mittlerweile geklärt werden. Für uns als Gemeinde stellt sich nun noch die Frage der Finanzierung des Umlageanteils an die Deutsche Bodensee Tourismus GmbH (DBT). Am Ende wird es dann auf Grundlage aller Fakten zu einer Entscheidung durch den Gemeinderat kommen. Ich selbst halte eine Gästekarte für wichtig, um in Zukunft mit anderen Urlaubsregionen mithalten zu können. Ebenso bin ich der Meinung, dass wir möglichst zeitnah die Diskussion beenden und mit einer Gästekarte starten sollten. Diese kann dann im Laufe der nächsten Jahre kontinuierlich weiterentwickelt und räumlich ausgebaut werden. Die EBC bringt dafür eine gute Grundlage mit.
Was sind denn die größten offenen Baustellen in Immenstaad?
Parallel zum Bau von Kindergarten und Bauhof wollen wir natürlich mit der weiteren Planung für die Grundschule und die Linzgauhalle beginnen. Im Rahmen der Haushaltsplanung für 2019 und der mittelfristige Finanzplanung werden sich die Dimensionen des Möglichen zeigen. Die Projekte, die bereits angeschoben sind, müssen erst einmal abgearbeitet werden. Wir müssen dann schauen, wann ausreichend finanzielle Mittel vorhanden sind, um weitere Großprojekte umzusetzen. Wir dürfen uns auf jeden Fall nicht überfordern, weder finanziell noch personell. Es muss auch mal Phasen der Ruhe geben, um die Dinge abzuarbeiten.
Wann könnte ein Ersatz für die Linzgauhalle stehen?
Klar ist bis jetzt nur, dass wir den Standort einer neuen Halle nochmals diskutieren wollen. Der derzeitige Standort hat Vor- und Nachteile. Es gibt aber auch gute Gründe dafür, einen alternativen Standort zu prüfen. Dazu wollen wir eine Machbarkeitsstudie erstellen lassen.
Wo könnte ein alternativer Standort sein?
So viele Möglichkeiten haben wir ja nicht. Ich denke, irgendwo nördlich der B 31 in Richtung Siedlung oder Kippenhausen gäbe es noch Flächen. Aber wir sind da natürlich durch den Flächennutzungsplan sowie den Regionalplan eingeschränkt. Zudem müssen wir die Entwicklungen in Sachen B 31 abwarten.
Das derzeitige Gelände der Linzgau-Halle wäre ja ein vortreffliches Grundstück für Wohnbau in der Innenstadt?
Auch das ist eine Entscheidung, die wir letztlich mit dem Rat treffen müssen. Wenn die Fläche nicht wieder für eine öffentliche Nutzung wie einer Sporthalle, eines Kindergartens oder ähnliches genutzt wird, wäre das natürlich auch geeignet für Wohnbebauung. Aber wir können all das erst entscheiden, wenn wir tatsächlich wissen, ob die Halle an einer anderen Stelle überhaupt machbar wäre.
Ich frage noch einmal: Wann könnte denn eine neue Halle stehen?
Das kann ich nicht sagen. Es wird noch Zeit dauern, bis wir wissen, wie wir genau vorgehen. Ganz sicher nicht in den nächsten paar Jahren. Zur Not müssen wir die bestehende Halle noch einmal sanieren. Wir müssen dabei natürlich auch auf dem Boden der finanziellen Tatsachen bleiben. Das Investitionsvolumen der nächsten Jahre ist so hoch, dass wir ohnehin schon Schulden machen müssen. Derzeit liegen wir bei einer Pro-Kopf-Verschuldung von etwa 80 Euro, und diese wird steigen durch die jetzt gestarteten Projekte. Es gibt natürlich Grenzen, was die Verschuldung betrifft. Daher müssen wir genau überlegen, welche Investitionen zu welchem Zeitpunkt getätigt werden können.
Kommen wir zum Thema B 31. Derzeit wird um die Trassenführung der Strecke Immenstaad-Überlingen gerungen. Welche Trasse präferieren Sie?
Das Dialog-Verfahren des Regierungspräsidiums läuft gut. Im Herbst werden weitere Gutachten fertiggestellt und die verschiedenen Ergebnisse dann übereinander gelegt. Ende des Jahres soll es erste Tendenzen geben und noch einige Trassen übrig bleiben. Da sind wir natürlich gespannt, welche Varianten dann noch im Rennen sind.
Mein Standpunkt ist, dass alle Gemeinden im Gespräch bleiben müssen und dass wir die Ergebnisse miteinander erörtern müssen. Die goldene Lösung wird es vermutlich nicht geben, wir alle müssen kompromissbereit sein, das ist ganz klar. Was Immenstaad angeht, so ist meine Meinung, dass eine künftige Straße nicht entlang der Wohnbebauung verlaufen darf. Die negativen Auswirkungen auf den Mensch müssen prioritär Berücksichtigung finden. Und dabei ist klar, dass die B31 der Zukunft leistungsfähig sein muss, um einen reibungslosen Verkehrsfluss sowie die Entlastung von Schleichwege durchs Hinterland zu ermöglichen. Gleichzeitig haben wir auch eine sehr wertvolle und einmalige Landschaftsnutzung in Form von Wein- und Obstanbau. Ich hoffe, dass vor diesem Hintergrund eine geeignete Priorisierung stattfinden wird.
Was war für Sie das schönste Erlebnis in diesem Jahr?
Das Schönste war definitiv unsere Hochzeit. Die war eigentlich privat, im kleinen Kreis mit Familie geplant. Aber als wir aus dem Standesamt herauskamen, war der Rathausplatz voller Menschen, die uns gratulieren wollten: Die Hennenschlitter, die Feuerwehr, der Musikverein, der TuS, weitere Vereinsvertreter und viele, viele Menschen. Das war so ein wunderbares Erlebnis, weil wir sehen konnten, dass wir hier wirklich willkommen sind. Es gibt immer noch Menschen, die mich auf unseren Hochzeitstag ansprechen. Für mich und meine Frau war und ist es ein schönes Gefühl, dass sich die Immenstaader so mit uns zusammen gefreut haben.
Zur Person
Johannes Henne entstammt einer Bürgermeisterfamilie in Sigmaringendorf. Sein Vater war 37 Jahre Bürgermeister in der Heimatgemeinde, sein Bruder Matthias ist Bürgermeister in Zweifalten. Henne kandidierte als einziger Bewerber für das Amt in Immenstaad und wurde im Oktober 2017 mit 94,7 Prozent der abgegebenen Stimmen als Nachfolger von Jürgen Beisswenger gewählt. Am 15. Januar 2018 wurde er als Bürgermeister vereidigt. Johannes Henne ist 31 Jahre alt und lebt mit seiner Frau Emma und seinem Sohn Max in Immenstaad. (mom)
.Wie die Vereidigung von Johannes Henne ablief, lesen Sie hier:
http://www.sk.de/9578297