Wenn Irmgard Levenhagen über ihren Beruf spricht, spürt man noch immer die Begeisterung für ihre Aufgaben als Apothekerin. Gerade hat sie eine Kundin beraten, mit ihr über die richtige Anwendung und Dosierung eines Medikaments gesprochen. Treue Stammkunden und das tolle Team in dieser „wunderschönen kleinen Apotheke direkt am See“ schätzt sie an ihrer Arbeit besonders.

2013 hat sie die Leitung übernommen

Schon seit 20 Jahren ist Irmgard Levenhagen in der See-Apotheke tätig, zunächst als Angestellte des damaligen Inhabers, 2013 übernahm sie die Leitung. „Ganz unkompliziert per Handschlag“, wie sie erzählt. Inzwischen sucht sie selbst einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin für die kleine Apotheke in Immenstaad. Doch das ist inzwischen deutlich schwieriger geworden.

Irmgard Levenhagen vor der Apotheke.
Irmgard Levenhagen vor der Apotheke. | Bild: Fabiane Wieland

Das Rentenalter hat die Apothekerin eigenen Angaben zufolge zwar „noch nicht ganz erreicht“, trotzdem möchte sie die See-Apotheke möglichst bald in neue Hände geben. „Ich lebe quasi in der Apotheke“, sagt Irmgard Levenhagen über ihren Arbeitsalltag. 2020 fing es an, eine Herausforderung zu werden, erinnert sie sich. Acht Stunden täglich hätten sie und ihre Mitarbeiterinnen in der Corona-Pandemie mit Masken bedient, das habe vor allem die Kommunikation mit älteren Menschen erschwert. Hinzu kamen die Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Masken, Tests und Impfstoffen.

Keine neue Apothekerin gefunden

„Es wurde zunehmend schwieriger, den Alltag zu bewältigen“, sagt die Apothekerin. Im Juni 2021 sei dann eine langjährige Mitarbeiterin in Rente gegangen. „Und ich habe keine neue Apothekerin mehr gefunden“, erklärt Irmgard Levenhagen. Im vergangenen Jahr sei zudem eine Mitarbeiterin erkrankt, die sie als gelernte Pharmazieingenieurin zumindest zeitweise vertreten konnte. Als einzige Apothekerin im Team sei sie nun quasi im Dauereinsatz, denn im laufenden Betrieb muss immer ein Apotheker anwesend sein. Hinzu kommen die Nacht- und Notdienste.

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Auch die zunehmende Digitalisierung sei ein Kraftakt gewesen, das E-Rezept wurde eingeführt, zu Beginn sei die Technik instabil gewesen. „Das klappt inzwischen besser, aber gerade ältere Leute tun sich zum Teil immer noch schwer damit“, sagt sie. Auch die überbordende Bürokratie sei ein Problem. Als Beispiel nennt sie Genehmigungen und Erstattungen durch die Krankenkasse. Die Apothekerhonorare seien seit Jahren nicht mehr angepasst worden, betont Irmgard Levenhagen: „Wir schreiben aber nach wie vor schwarze Zahlen.“

Seit mehreren Monaten sucht sie inzwischen einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin – bisher vergebens. „Eigentlich müsste inzwischen in ganz Deutschland bekannt sein, dass hier in Immenstaad eine Apotheke übernommen werden kann“, betont sie. Sie habe wiederholt in Fachmedien und -portalen inseriert. Potenzielle Nachfolger auch persönlich angesprochen, zuletzt die Gemeinde um Unterstützung gebeten. Bislang allerdings ohne Erfolg. Ein potenzieller Käufer sei zuletzt kurzfristig abgesprungen.

Besonders kleine Apotheken sind betroffen

Die Zahl der Apotheken ist dem Fachverband zufolge im vergangenen Jahr auf einen Tiefstand gesunken, besonders kleine Apotheken sind davon betroffen. Deren Zahl war zuletzt unter die Marke von 10.000 gefallen. Auch in der Region schlossen Apotheken ihre Türen. In Überlingen war in der Pflummern-Apotheke nach 30 Jahren Schluss, in Nonnenhorn fand sich kein Nachfolger und in Friedrichshafen hat die Seehasen-Apotheke einen Standort geschlossen.

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Die Protestaktionen der Apotheker hätten leider keine Wirkung gezeigt, bedauert Irmgard Levenhagen. Angesichts des Personalmangels in der gesamten Branche würde sie sich unter anderem eine Flexibilisierung der Öffnungszeiten wünschen. In einigen Bundesländern dürfen Apotheken mittlerweile ihre Mindestöffnungszeiten anpassen – Baden-Württemberg gehört nicht dazu. „Die Kunden würden das sicher auch mittragen“, glaubt die Apothekerin. Da es noch einen Mitbewerber im Ort gebe, könne man sich entsprechend abstimmen.

Bild 2: Nachfolger für Apotheke dringend gesucht!
Bild: Fabiane Wieland

Bei all den Herausforderungen sieht Irmgard Levenhagen aber nach wie vor die guten Seiten ihres Berufs. Ihren Job möchte sie daher auch nicht ganz an den Nagel hängen. „Ich kann mir vorstellen, nach einem Inhaberwechsel weiterhin in der Apotheke zu arbeiten“, sagt sie, „wenn der Nachfolger sich das auch vorstellen kann.“ Mit zwei Apothekern sei die Arbeit wieder gut leistbar. Ihr gehe es in erster Linie darum, Verantwortung abzugeben und auch wieder ein Privatleben zu haben.

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Der neue Inhaber könne sich auf ein tolles Team freuen. Die Mitarbeiterinnen würden der Apotheke auch unter neuer Führung erhalten bleiben, der Kundenstamm sei treu und die vielen Urlauber sorgen für Frequenz. Ohnehin sei Immenstaad eine aufstrebende Gemeinde mit einer guten Infrastruktur. Nach wie vor wird viel gebaut und die Verwaltung stelle so einiges auf die Beine. Und an Tagen wie heute, wenn vom Verkaufstresen der Blick auf den See und den Säntis fällt, gebe es wohl kaum einen schöneren Arbeitsplatz, findet Irmgard Levenhagen.