Es wird angebadet: Mitte Mai öffnen die meisten Strandbäder rund um den Bodensee. Doch nur an einer Badestelle wird am 20. Mai die Blaue Flagge, internationales Symbol für Umweltbewusstsein und Sauberkeit, gehisst: im Strand- und Hallenbad Aquastaad in Immenstaad.

Außerdem werden sechs Sportboothäfen am Ober- und Untersee 2022 mit der Blauen Flagge ausgezeichnet.
Die Blaue Flagge
An diesen Orten weht die Blaue Flagge
Die Ausschreibung ist freiwillig – und setzt einiges voraus
Die Voraussetzung: Häfen, Vereine und Strandbadbetreiber – in der Regel die Kommunen – müssen erstmal an der kostenpflichtigen Zertifizierung der Deutschen Gesellschaft für Umwelterziehung (DGFU) teilnehmen. Bei Erstteilnahme muss dafür ein 15-seitiger Fragebogen ausgefüllt werden.

„Das sind schon etliche Stunden Arbeit“, berichtet Ralf Kaiser, Betriebsleiter im Aquastaad, der die Flagge seit 14 Jahren für Immenstaad beantragt. „Es reicht ja nicht, nur ein Formular auszufüllen, man muss seinen Betrieb so führen – und das Umweltbewusstsein wirklich auch leben“, sagt er und zeigt auf die Mülleimer.

Im Abstand von etwa 30 Meter stehen je drei Eimer – für Papier, Gelben Sack und Restmüll. „Selbst wenn wir 2000 Gäste pro Tag haben, bleibt kaum was auf der Wiese liegen“, so der Betriebsleiter. Die Gäste würden die Sauberkeit des Bades schätzen – und deshalb auch selbst mithelfen.
Besonders wichtig für die Blaue Flagge ist allerdings die Badewasserqualität. Fünf Laborproben pro Badesaison sind nötig, die auf bestimmte Bakterien und Keime untersucht werden. Streng ist die DGFU beim Thema Abwasserein- und ausleitungen. Hier braucht es Bestätigungen vom zuständigen Umweltamt, das nichts ein- und ausfließt, was die Badewasserqualität beeinträchtigen würde. Zudem müssen die Kommunen nachweisen, dass die Kläranlage auch bei hohem Besucheraufkommen und „extremen Wetterverhältnissen“, also Starkregen, funktioniert.

„Da haben wir in Immenstaad natürlich einen echten Vorteil“, sagt Betriebsleiter Kaiser, „denn das Bad liegt direkt an der Landspitze Kippenhorn, an der die Rheinströmung vorbei führt.“ Zudem gebe es im Bereich des Auqastaads keine Ein- und Ausleitungen in Form von Kanälen oder Bächen.
Vorsicht vor dem Baden in Mündungsbereichen nach Starkregen
Genau diese Mündungsbereiche machen an anderen Stellen am Bodensee insbesondere nach Starkregen häufig Probleme, da hier belastetes Wasser von landwirtschaftlichen Nutzflächen oder überlaufenden Kanalisationen in den See läuft. So beispielsweise im Bereich des Buchenbachs, der direkt am Freizeitgelände in Friedrichshafen-Manzell in den See mündet. 2019 gab floss hier aufgrund eines verstopften Regenüberlaufbeckens drei Tage lang Abwasser in den See, das 230 Menschen krank machte. Auch im Bereich der Rotach oder Argen weiter östlich am Bodensee gibt es immer wieder Keimbelastungen nach Starkregen. In Eriskirch wird sogar regelmäßig die rote Flagge gehisst, also ein Badeverbot erteilt, wenn das Abwasser per Notentlastung in die Schussen geleitet wird. Das Gesundheitsamt Bodenseekreis warnt deshalb regelmäßig davor, direkt nach Regentagen in Mündungsbereichen in den Bodensee zu gehen.

Mit solchen Themen hat das Aquastaad Immenstaad nicht zu kämpfen. „Hier ist das Wasser einfach am schönsten“, sagt Heidi Kaiser, die es sich an ihrem Stammplatz am Kiesufer bequem gemacht hat. Lothar Stehle pflichtet ihr bei: „Der Blick, die Berge, die alten Bäume – es ist einfach wunderschön hier.“ Seit über 50 Jahren kommen die beiden Ravensburger regelmäßig ins Immenstaader Bad. Auch Richard Eidner ist regelmäßig Gast in Immenstaad, auch wenn er selbst als Schwimmmeister in der Therme Meersburg arbeitet. „Man hat eine Sicht von Bregenz bis Konstanz“, sagt er, „und es weht ein schönes Lüftchen.“ Die Blaue Flagge selbst ist kein Grund für ihn, zu kommen. „Das Bodenseewasser ist ja überall sehr sauber“, sagt er.

Damit hat Richard Eidner Recht: Der Bodensee hat laut der Badegewässerkarte der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg überall eine „ausgezeichnete“ Wasserqualität. Alle Badestellen am See werden entsprechend der EU-Badegewässer-Richtlinie 2006/7/EG sowie der baden-württembergische Badegewässerverordnung (BadegVO 2008) streng überwacht.

Warum dann andere Bäder trotzdem keine Blaue Flagge haben? Die Antwort ist simpel: Sie haben sich für diese Auszeichnung nicht beworben. „Das ist natürlich auch ein Marketinginstrument, das eine Kommune Geld kostet“, sagt Monika Blank, Stadtsprecherin in Friedrichshafen. Josef Siebler, Sprecher des Stadtwerks Konstanz, zu dem die Bädergesellschaft gehört, erklärt: „Unsere Strandbäder sind weder mit Häfen noch klassischen Freibädern vergleichbar, die mit Maßnahmen die Umwelt noch stärker schützen können.“ Die Seewasserwerte seien in Konstanz stets von „ausgezeichneter“ Qualität, auch Abwasser werde nicht in den See geleitet. „Daher müssen wir keine zusätzlichen Anreize schaffen. Diese Flagge bringt uns also weder den Gästen noch uns einen Mehrwert“, meint er.

Für Immenstaads Bürgermeister Johannes Henne hingegen zeigt diese Auszeichnung, „wie wichtig uns seit vielen Jahren ein umweltfreundlicher und nachhaltiger Umgang mit unserem Strandbad und der Ressource Bodensee hier ist.“ Er ist stolz, dass das Aquastaad bereits zum 20.Mal die Blaue Flagge hissen darf – als einziges Bad in ganz Baden-Württemberg. Viel wichtiger ist jedoch: Die Badegäste lieben ihr Strandbad.