Herr Lang, wie geht es den Bewohnern?

Unseren Bewohnerinnen und Bewohnern geht es im Grunde unverändert gut. Aber die Situation durch untersagte Besuche in Pflegeheimen ist für sie natürlich schon heftig; das ist ein krasser Einschnitt. Wir können es uns als gesunde und mobile Menschen wohl kaum vorstellen, was es für die Älteren bedeutet, dass sie keine Besuche mehr von ihren Angehörigen bekommen dürfen. Die Lage erschreckt sie und erinnert sie teilweise an erlebte Vergangenheit; das sind für sie kriegsähnliche Zustände.

Wie sehen Sie die Entscheidung der Landesregierung, dass Besuche untersagt sind?

Die Entscheidung als solche ist absolut richtig und notwendig. Es geht darum, soziale Kontakte zu vermeiden und dort, wo sich Kontakte nicht vermeiden lassen, unbedingt Abstand zu wahren und auf jeglichen Körperkontakt zu verzichten. Es ist ganz wichtig, dass wahrgenommen wird, dass die Besuche untersagt sind, um die Menschen zu schützen. In besonders schweren Fällen haben wir die Möglichkeit einer Öffnungsklausel, das gilt aber nur für eine Sterbebegleitung.

Wie gehen die Bewohner mit der Situation um?

Sie gehen sehr unterschiedlich damit um. Manche Bewohner realisieren genau, was passiert, andere nicht, können die Einschränkungen auch nicht nachvollziehen und sind irritiert. In diesem Fall haben sie natürlich auch keine Angst vor einer Virus-Infektion; sie sind einfach traurig, dass sie Ihre Angehörigen nicht sehen können. Besonders auch, dass Enkelkinder nicht mehr zu Besuch kommen dürfen, trifft sie schwer. Es gibt keinen Ausgleich dafür, keinen Ersatz.

Auf einem Tresen der Information im Markdorfer Edeka Sulger, Mangoldstraße, steht dieser „Briefkasten“ für „Post für ...
Auf einem Tresen der Information im Markdorfer Edeka Sulger, Mangoldstraße, steht dieser „Briefkasten“ für „Post für liebe Menschen von lieben Menschen“. | Bild: Ganter, Toni

Wie haben die Angehörigen auf das Besuchsverbot reagiert?

Sehr verständnisvoll, aber mit großem Bedauern. Ich denke, manchen ist erst jetzt der Ernst der Lage bewusst geworden und wie weitreichend die Verordnung ist. Das Pflegeheim ist nun für alle tabu – außer natürlich für Mitarbeitende und vereinzelt auch Handwerker, die aus betriebserhaltenden Gründen in das Gebäude müssen. Auch Lieferanten haben keinen Zugang mehr auf die Wohnbereiche.

Wie geht es Ihnen und Ihrem Team?

Danke, auch uns geht es gut. Wir sind sehr dankbar, dass wir noch keinen Corona-Verdachtsfall bei uns hatten. Wir gehen sehr verantwortungsvoll, strikt und konsequent mit der ganzen Situation um. Wir sind auch froh, dass es nun diese Verordnung gibt; das bedeutet klare Regeln, an die sich alle zu halten haben. Bei Fragen im Team wird nachgefragt und wir erklären und informieren gerne, um Unsicherheiten zu vermeiden.

Heinrich Lang, Geschäftsführer des Spitalfonds, sieht sich und sein Team für die Corona-Krise gut vorbereitet.
Heinrich Lang, Geschäftsführer des Spitalfonds, sieht sich und sein Team für die Corona-Krise gut vorbereitet. | Bild: Wex, Georg

Bei Ihnen arbeiten viele Frauen und Teilzeitkräfte. War die Kinderbetreuung ein Thema?

Nein, damit hatten wir keine Probleme. Wir mussten deshalb auch keine Dienstpläne ändern. Die meisten Kinder unseres Personals sind schon älter oder es ist eine Person zuhause, die auf die Kinder betreuen kann.

Haben Sie die Hygienemaßnahmen verschärft?

Unsere Hygienestandards waren schon immer sehr hoch – auch vor Corona. Wir haben auch bei Infektionskrankheiten wie Influenza oder Norovirus klare Verhaltensregeln und Schutzvorkehrungen. Aber die Corona-Pandemie bedeutet gerade für die Älteren eine besondere Bedrohung, da es eine Infektion im Atemtrakt ist.

Wir halten uns an die Richtlinien des Robert-Koch-Instituts und Vorgaben des Sozialministeriums. Das wird von uns allen sehr konsequent umgesetzt. Jeder Mitarbeiter, der die Einrichtung betrifft, befolgt die Hygienerichtlinien und desinfiziert seine Hände.

Das Altenheim St. Franziskus des städtischen Spitalfonds verfügt über 40 Plätze.
Das Altenheim St. Franziskus des städtischen Spitalfonds verfügt über 40 Plätze. | Bild: Nosswitz, Stefanie

Sie verfügen über genügend Desinfektionsmittel und Schutzmaterial?

Ja, wir haben genügend Desinfektionsmittel und Schutzmaterial. Wir sind ausreichend mit Schutzkitteln und Mundschutzmasken versorgt. Wir haben frühzeitig vorgesorgt und sind gut eingedeckt. Da haben wir derzeit keine Not, das Material reicht aus. Darüber machen wir uns keine Sorgen, zumal unsere Lieferanten bisher regelmäßig Liefermöglichkeit für unseren Bedarf signalisieren.

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Wovor machen Sie sich Sorgen, wenn Sie auf die nächsten Wochen blicken?

Wir müssen mit allen Mitteln versuchen zu vermeiden, dass ein Bewohner mit einer Corona-Infektion erkrankt und ins Krankenhaus muss. Da tragen nicht nur unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sondern jeder einzelne eine hohe gesellschaftliche Verantwortung.

Stellen Sie sich vor, ein Bewohner würde erkranken und das Krankenhaus könnte keine Patienten mehr aufnehmen. Deshalb ist die Vermeidung von möglicherweise gefährdenden Kontakten so wichtig. Wir bereiten uns aber auch darauf vor, dass wir auch im Fall einer notwendigen Quarantäne für einen Bewohner, diese auch gewährleisten können.

Ihr Appell an die Markdorfer Bevölkerung?

Es ist ganz wichtig, dass die Verordnungen des Landes Baden-Württemberg stringent eingehalten und die Aufrufe und Verbote sehr ernst genommen werden. Und bitte die Kinderbetreuung nicht den Großeltern überlassen! Das ist wirklich eine dringende Empfehlung!

Was raten Sie Menschen, deren Verwandte im Pflegeheim leben?

Es ist ganz wichtig, dass man Kontakt hält – am besten über das Telefon. Die Bewohner freuen sich über kleine nette Grußbotschaften, eine schöne Karte, Bilder von den Enkelkindern. Es ist eine Ausnahmesituation.