Im jüngsten Fahrradklima-Test hat Markdorf mit der Note 3,9 abgeschnitten. Damit hat sich die Stadt um 0,1 Prozent gegenüber der Umfrage aus dem Jahr 2016 verbessert. Aufkommende Freude dämpft der baden-württembergischen ADFC-Landesverband indes deutlich: Markdorf liege „im Landes- und Bundesvergleich… schlechter als vergleichbare Städte bis 20 000 Einwohner“.

Bernhard Glatthar vom ADFC-Vorstand im Bodenseekreis fragt: "Wer freut sich schon, wenn sein Kind diese Note mit nach Hause bringt?" Und doch vermeldet der ADFC Baden-Württemberg auch Positives aus der Gehrenbergstadt: Dass Einbahnstraßen für Radfahrer auch in Gegenrichtung offen seien, dass der Winterdienst auf den Radwegen gut funktioniere und dass das Stehlen von Fahrrädern kein größeres Problem darstelle – anders als jenseits des Bodensees in der Universitäts-Stadt Konstanz.
Die benachbarte Stadt Friedrichshafen hat die Note 3,5 bekommen. Tettnang liegt bei 4,1 und Überlingen bei 4,3. Am besten im Bodenseekreis hat Immenstaad abgeschnitten. Die Gemeinde erreichte die Note 3,3. Von „Bürgermeister-Noten“ spricht Glatthaar in diesem Zusammenhang. Er meint damit, dass diese aus einer Vielzahl einzelner Bewertungen zusammengesetzten Gesamtnoten Wegweisungen für die Stadtoberhäupter darstellen.

Die eigentlichen Stärken und Schwächen aber zeigten sich in den Einzelbewertungen. Wo zum Beispiel auf die Konfliktlage mit Kraftfahrzeugen hingewiesen wird, auf das Fahren auf Radwegen- und Radfahrstreifen oder das allgemeine Sicherheitsgefühl. Alles Bereiche, die die Markdorfer Radler mit 4,0 und schlechter bewerten. Und in denen die Stadt auch schlechter abschneidet als andere Städte in ähnlicher Größe.

Bürgermeister Georg Riedmann zeigt sich zuversichtlich, was die Entwicklung des Radverkehrs in Markdorf anbelangt. „Der wird in Zukunft weiter anwachsen“, ist er sich sicher. Er verweist auf das neue Radwegkonzept, mit dem die Stadt ein Kölner Planungsbüro beauftragt hat. Dieselben Radverkehrsexperten übrigens, die auch schon das Radverkehrskonzept für Friedrichshafen erarbeitet haben.
Das Büro erstellt auch das Radverkehrskonzept für den Landkreis. „Schon von daher ist eine gute Vernetzung unserer städtischen Radwege mit den überörtlichen Strecken gewährleistet“, erklärt Riedmann, dem ohnehin Rad-Anbindung der Markdorfer Teilorte ein wichtiges Anliegen ist.
Die Note 3,9 stimmt Riemann keineswegs zufrieden. „Vieles von dem, was wir bereits in die Hand genommen haben, ist noch nicht eingeflossen in die Klima-Test-Befragung.“ Der Bürgermeister verweist auf die schwierige Situation am Bildungszentrum, wo der Radweg eine Busspur quert. Wesentliche Verbesserungen habe es auch in der Ensisheimer Straße gegeben. „Und die unselige Säule am Kreisel Ittendorfer Straße sind wir auch endlich los geworden.“

Ein Thema für Rat und Verwaltung sei auch das Schaffen von Radabstell-Möglichkeiten – etwa abschließbare Boxen beim Bahnhof. „Wir arbeiten das ab – und haben dabei unseren Haushalt im Blick“, erklärt Riedmann.
Der Posten Radverkehr beziehungsweise die neue Radwegekonzeption war zuletzt auf einen Antrag der Umweltgruppe-Fraktion im Rat hin deutlich aufgestockt worden – von zunächst nur 30 000 Euro auf 110 000 Euro.

Obgleich er die Veränderungen am Bildungszentrum ebenfalls lobt, äußert sich Karl Honnen (ADFC) weit weniger positiv als der Bürgermeister. Honnen, auch Mitglied im Arbeitskreis Radverkehr Markdorf und im Runden Tisch Radverkehr Bodenseekreis, sagt, dass es aus seiner Sicht „in letzter Zeit noch keine keine großen Veränderungen gegeben hat in Markdorf“.
Im Vergleich mit den positiven Entwicklungen andernorts, sieht Honnen eher einen Abwärtstrend. Dass die Stadt zunächst das Radwege-Konzept des Kreises abwarten wollte, bevor es auf den eigenen Straßen aktiv wird, kann Honnen nicht verstehen.
Um so weniger als hier wichtige Aufgaben harren – etwa entlang der Zeppelinstraße. „Leicht ist das alles nicht“, zeigt der Radverkehrsexperte Verständnis für die Gemeinde. Die Ravensburger Straße fahrradtauglich zu machen, sei nachgerade undenkbar.
Unbedarftheit in Sachen Radfahrangebote
Bei allem Verständnis für die Schwierigkeit, in ein auf den Autoverkehr ausgelegtes Straßenkonzept eine Fahrrad-Infrastruktur hineinzulegen, wurmt Honnen doch die Unbedarftheit, mit der Radwegbenutzer zum Teil ins Aus geleitet werden.
Mit der Bordsteinkanten nicht auf Null gesenkt werden. Mit der das Urteil des ADFC zu einem Vorhaben erst gar nicht eingeholt wird. Mit der den Radfahrern mancher "Schildbürgerstreich gespielt wird", so Honnen.
VCD-Mitglied wünscht mehr Dymamik
Großen Handlungsbedarf sieht auch Frieder Staerke, Mitglied im Arbeitskreis Radverkehr und in der Kreisgruppe des VCD. „Natürlich hat Markdorf eine schwierige Topographie“, so Staerken. Daraus erwachsen Zwänge. Aber auch die Pflicht, mehr Rücksicht auf radfahrende Kinder zu nehmen. Da hat Staerke insbesondere die Wege vom Süden der Stadt zur Grundschule in der Pestalozzistraße im Blick.
Da gelte es mehr Sicherheit zu schaffen. Da der Arbeitskreis Radverkehr nur drei Mal im Jahr tage, mache ihn das kaum zu einem geeigneten Instrument, die Probleme des Markdorfer Radverkehrs schnell zu lösen. „Ich würde mir hier schon mehr Dynamik wünschen.“