„Wer möchte schon den Rest seiner Zeit in einem Doppelzimmer zusammen mit einer wildfremden Person verbringen.“ So fasste SPD-Stadtrat Uwe Achilles bei der jüngsten Gemeinderatssitzung in Worte, was sich schon lange als allgemeiner Trend abgezeichnet hat. Pflegeheimbewohner wünschen sich ein eigenes Zimmer und möchten ihre vier Wände in der Regel auch nur sehr ungern mit anderen Menschen teilen. Auf diesen Trend hat das Stuttgarter Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration bereits vor vielen Jahren reagiert.

Seit September 2009 schreibt die Landesheimbauverordnung allen stationären Einrichtungen vor, dass sie allen Bewohnern Einzelzimmer zur Verfügung stellen müssen – gewährte aber eine Übergangsfrist beziehungsweise auch Verlängerungen. Fürs Altenpflegeheim St. Franziskus in der Spitalstraße läuft die Frist Ende 2027 ab, so beschied es die Heimaufsicht des Landratsamtes der Markdorfer Spitalverwaltung im vergangenen Februar.

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13 neue Einzelzimmer im zweiten Obergeschoss

Dass im Altenpflegeheim umgebaut werden muss, um den Stuttgarter Vorgaben zu entsprechen, stand für den Rat spätestens seit seiner Klausurtagung im Herbst vergangenen Jahres fest. Und nun erfuhr das Gremium, wie sich die Planer des Überlinger Architekturbüros Böhler Großhardt den Umbau vorstellen.

Das Untergeschoss und das erste Obergeschoss sollen umfangreich saniert werden – für rund 860.000 Euro. Der eigentliche Umbau findet dann im zweiten Obergeschoss statt. Dort werden aus den derzeit leer stehenden Wohnungen 13 Einzelzimmer gemacht. Und wie Architekt Lukas Schaub ausführte, wird außerdem ein Aufenthaltsraum entstehen, der dem gesetzlichen Richtwert von fünf Quadratmetern je Einwohner genügt.

Im Unter- und im ersten Obergeschoss stehen Sanierungsarbeiten an.
Im Unter- und im ersten Obergeschoss stehen Sanierungsarbeiten an. | Bild: Jörg Büsche

Siebenstelliger Betrag für Umbau und Sanierung

Für den voraussichtlich bis Juli 2026 abgeschlossenen Umbau im zweiten Obergeschoss sind rund 1,46 Millionen Euro veranschlagt, sodass die Gesamt-Bruttokosten einschließlich den Sanierungsarbeiten bei etwa 2,75 Millionen Euro liegen. Was, wie Planer Stefan Großhardt erläuterte, teils an den immensen Planungskosten für die zu erneuernden Elektroleitungen liege, teils an den deutlich gestiegenen Anforderungen an Sicherheits- und Brandschutzstandards – im Vergleich zu den 90er-Jahren, in denen das Seniorenheim entstanden ist.

Planer Stefan Großhardt erläuterte die immensen Planungskosten.
Planer Stefan Großhardt erläuterte die immensen Planungskosten. | Bild: CDU

Zu wenig neue Pflegeplätze?

„Das ist richtig viel Geld“, meldete sich Joachim Mutschler, Fraktionssprecher der Umweltgruppe, zu Wort, „aber wir sind zum Umbau verpflichtet – uns bleibt also gar nichts anderes übrig.“ So sah es auch Uwe Achilles. Doch merkte der SPD/Die-Grünen-Fraktionsgemeinschaftssprecher noch an, dass trotz der hohen Investition, „nicht wirklich viele neue Plätze geschaffen werden“. Im Sommer übernächsten Jahres werden es dann insgesamt 45 sein, statt der aktuellen 40. Zu wenig für den vom Kreis für Markdorf prognostizierten Bedarf von 133 Pflegeheimplätzen im Jahre 2035.

Der SPD/Die-Grünen-Fraktionsgemeinschaftssprecher Uwe Achilles merkte noch an, dass trotz der hohen Investition, „nicht wirklich viele ...
Der SPD/Die-Grünen-Fraktionsgemeinschaftssprecher Uwe Achilles merkte noch an, dass trotz der hohen Investition, „nicht wirklich viele neue Plätze geschaffen werden“. | Bild: SPD

Weshalb Joachim Mutschler zuvor vorgeschlagen hatte, das Thema im Auge zu behalten. In Anbetracht der alternden Gesellschaft. – „die Babyboomer scheiden aus dem aktiven Arbeitsleben aus“ – erklärte Uwe Achilles, sei es an der Zeit, „nicht nur in Jugend und Bildung zu investieren, sondern auch an unsere Senioren zu denken“. Freie-Wähler-Fraktionssprecher Dietmar Bitzenhofer griff das auf. „Pflegeplätze gehören nicht zu den verpflichtenden kommunalen Kernaufgaben.“ Mithilfe von Investoren seien sie dennoch denkbar.

Das Seniorenheim wurde in den 1990er-Jahren gebaut.
Das Seniorenheim wurde in den 1990er-Jahren gebaut. | Bild: Jörg Büsche
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Kein Platz für die Andacht

Keinen Zweifel an der Dringlichkeit der Maßnahmen, hegt Martina Koners-Kannegießer. Die CDU-Stadträtin vermisste im vorgestellten Entwurf indes den bisherigen Andachtsraum im Pflegeheim. „Soll der ganz wegfallen? Das sähe ich kritisch.“ Auf der Suche nach einer Lösung sei er im Gespräch mit den beiden großen Markdorfer Kirchen, antwortete Bürgermeister Georg Riedmann.

Martina Koners-Kannegießer (CDU) vermisste im vorgestellten Entwurf den bisherigen Andachtsraum im Pflegeheim.
Martina Koners-Kannegießer (CDU) vermisste im vorgestellten Entwurf den bisherigen Andachtsraum im Pflegeheim. | Bild: CDU

Nach dem Vorgehen während der im nächsten Mai beginnenden Umbauphase erkundigte sich Kerstin Mock, Sprecherin der CDU-Fraktion. „Das wird ja ein Umbau im Betrieb – wie ist das zu machen?“ Übergangsweise werde es dann wohl zu Doppelbelegungen kommen, erklärte Zita Koch, Leiterin des Spitalfonds.