Der Bus ist pünktlich. 8.32 Uhr zeigen die digitalen Ziffern über der Windschutzscheibe an. „Das läuft perfekt“, sagt Matthias Geyer. Er fährt die Tour des neu eingerichteten Stadtbusses an diesem Morgen zum ersten Mal. Seit 6 Uhr lenkt er den für 24 Fahrgäste ausgelegten Mercedes Sprinter von der Station Bussenstraße/Kreuzgasse zur Station Volksbank – über den Angerplatz, über den Marktplatz, zum Bahnhof und zu acht weiteren Stationen durch Markdorf.

Christine Monte, 75 Jahre: „Dass der Bus fährt, finde ich sehr gut. Sollte aber jede Fahrt 2,50 Euro kosten, dann würde sich das ...
Christine Monte, 75 Jahre: „Dass der Bus fährt, finde ich sehr gut. Sollte aber jede Fahrt 2,50 Euro kosten, dann würde sich das schon ganz schön läppern beim Hoch- und Runterfahren.“ | Bild: Jörg Büsche
Matthias Geyer freut sich über die Freundlichkeit seiner Fahrgäste in Markdorf.
Matthias Geyer freut sich über die Freundlichkeit seiner Fahrgäste in Markdorf. | Bild: Jörg Büsche

„Geht alles wunderbar“, erklärt der Busfahrer. Wunderbar gehe es aber nur „so lange die Schranken offen sind“. Aber die seien ja ein altes, ein bekanntes Problem in Markdorf. „Bis zu fünf Minuten muss man stehen, bis endlich der Zug kommt“, meint Geyer.

Nadelöhr im Stadtverkehr: Der Bahnübergang, vor dem es gelegentlich zu Verzögerungen kommen kann.
Nadelöhr im Stadtverkehr: Der Bahnübergang, vor dem es gelegentlich zu Verzögerungen kommen kann. | Bild: Jörg Büsche

Am Nachmittag wird Geyer dann berichten, dass der Bahnübergang weit weniger problematisch war, als er am Morgen noch befürchtet hat. Und sollte es doch einmal zu einer größeren Verspätung kommen? „Deswegen beginne ich nicht das Rasen.“ Zur Not würde er einfach eine Runde aussetzen, um wieder in den richtigen Takt zu kommen – für das Abfahren der insgesamt 13 Haltestellen.

13 Haltestellen fährt der Markdorfer Stadtbus in seinem vierwöchigen Probebetrieb ab – hier eine Station bei der Volksbank.
13 Haltestellen fährt der Markdorfer Stadtbus in seinem vierwöchigen Probebetrieb ab – hier eine Station bei der Volksbank. | Bild: Jörg Büsche

Viel Lob für den Stadtbus

Überaus zufrieden wird sich der Busfahrer auch mit der Streckentaktung zeigen. „Es hat bisher einfach gut funktioniert“, so seine Erfahrung nach einem Tag Stadtbus. Was noch offenbleiben muss: „Wie es aussieht, wenn wir beim Einsteigen der Fahrgäste das Geld für die Fahrkarte kassieren müssen?“, gibt Busfahrer Geyer zu bedenken. Sehr zufrieden zeigten sich auch die Fahrgäste. Insbesondere die Senioren seien begeistert, sagt Geyer, und äußerten ihr Lob.

Gut wäre eine Station beim Friedhof

Wie zum Beispiel Siegfried Wyciski. „Eine tolle Sache“, sagt der Rentner beim Aussteigen an der Haltestelle Bussenstraße/Kreuzgasse. Ähnlich begeistert ist Antje Behrendt. Sie hofft, dass die Stadt das Angebot aufrecht erhält. „Das bringt uns hier oben deutlich mehr Mobilität.“ Über zusätzliche Beweglichkeit freut sich auch Roswitha Ege (60). Was sie sich noch wünscht: „Wenn es eine Verbindung zu den Discountern im Gewerbegebiet gäbe, wäre das schon sehr praktisch.“ Immerhin: Vom Bahnhof aus fahre ja der normale Bodo-Bus – außerdem stünden dort auch Taxis.

Gudrun König, 66 Jahre: „Dank dem Stadtbus kann ich mein Auto stehen lassen, wenn ich zum Einkaufen oder zur Bank will.“
Gudrun König, 66 Jahre: „Dank dem Stadtbus kann ich mein Auto stehen lassen, wenn ich zum Einkaufen oder zur Bank will.“ | Bild: Jörg Büsche

Bus verhilft zu weniger Autofahrten

Gudrun König steigt bei der Station Volksbank ein. Sie wohnt in der Schillerstraße und findet es „toll, dass ich jetzt den Bus nehmen kann“. Am Vortag habe sie den Stadtbus auch schon genutzt, um in die Innenstadt zu fahren. „So kann ich das Auto daheim stehen lassen“, erklärt die 66-Jährige. Der größte Vorteil: „Ich muss nicht erst lange nach einem Parkplatz suchen.“ Gudrun König sieht noch weitere Vorteile. „Man sitzt bequem – und man sieht auch was von der Stadt.“ Die Fahrt geht derweil durch Markdorfs Grün. Der Blick durchs Busfenster fällt auf Felder und den Gehauwald im Hintergrund. Autos sind nun keine mehr unterwegs, nur wenige Spaziergänger, die ihren Hund ausführen.

Angelika Wassum, 80 Jahre: „Markdorf braucht den Stadtbus.“
Angelika Wassum, 80 Jahre: „Markdorf braucht den Stadtbus.“ | Bild: Jörg Büsche
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Nein, mit allzu vielen habe sie noch nicht gesprochen über das neue Stadtbusangebot, erklärt Gudrun König. Aber von einer Bekannten, einer älteren Dame, habe sie gehört, dass die den Bus unbedingt ausprobieren möchte. Zumal sie in nächster Zeit das 9-Euro-Ticket nutzen will, um sich die Region zu erschließen. Da sei die Busverbindung zum Bahnhof doch sehr praktisch. „Zwei Euro würde ich schon zahlen“, erklärt die Rentnerin. Das halte sie für angemessen, um in die Innenstadt zu kommen.

Melina Andree, 31 Jahre: „Dass der Bus fast bis ganz hoch nach Fitzenweiler fährt, ist ideal für mich.“
Melina Andree, 31 Jahre: „Dass der Bus fast bis ganz hoch nach Fitzenweiler fährt, ist ideal für mich.“ | Bild: Jörg Büsche

Melina Andree hat ihr Auto daheim gelassen. Sie wohnt in Uhldingen und fährt an Werktagen zur Arbeit nach Markdorf. „Ich hab‘ auch schon ans Fahrrad gedacht“, erklärt die 31-Jährige, „da ich aber kein E-Bike besitze, ist mir der Berg hoch zur Fitzenweilerstraße dann doch zu steil.“ Melina Andree wohnt noch nicht lange am Bodensee. Sie ist von Berlin an den Bodensee gezogen. In der Großstadt braucht man kein Auto, sondern nimmt das Rad oder nutzt die öffentlichen Verkehrsmittel. Anders als hier, wo die allermeisten doch auf den eigenen Wagen angewiesen sind.

Emi Hedstück, 43, mit ihrer Tochter Mana: „Ich finde Busfahren sehr entspannend.“
Emi Hedstück, 43, mit ihrer Tochter Mana: „Ich finde Busfahren sehr entspannend.“ | Bild: Jörg Büsche

Überhaupt sind die eingesparten Autofahrten und das Wegfallen der lästigen Parkplatzsuche für viele Fahrgäste des Stadtbusses ein Thema. Emi Hedstück (43) zum Beispiel bringt ihre Tochter Mana jeden Morgen zum Pestalozzikindergarten – und holt sie am Nachmittag wieder ab.

Der Stadtbus fährt noch bis 8. Juli. Montags bis freitags von 6 bis 18 Uhr und an Samstagen von 9 bis 13 Uhr.
Der Stadtbus fährt noch bis 8. Juli. Montags bis freitags von 6 bis 18 Uhr und an Samstagen von 9 bis 13 Uhr. | Bild: Jörg Büsche

„Jetzt nutze ich den Bus“, freut sich Emi Hedstück. Zum Schluss noch eine am Rande aufgeschnappte Beobachtung. Ein Grundschüler, der mit seinem Vater die Stufen zu einem Friseurgeschäft nimmt, sieht den Bus – sein überraschter Kommentar: „Was ist denn das für ein cooler Bus?“

Das sagt Bürgermeister Georg Riedmann am Ende der ersten Probewoche

Herr Riedmann, für wie wahrscheinlich halten Sie es, dass der Stadtbus zur ständigen Einrichtung in Markdorf wird?

Dazu kann man nach einer Woche Testbetrieb genau so wenig Belastbares sagen, wie vor dem Testbetrieb. Das Thema wurde seither kontrovers diskutiert. Ich glaube, dass die Ergebnisse unserer Befragung sicherlich Impulse für die weitere Diskussion setzen können. Darauf bin ich besonders gespannt.

Haben Sie schon erste Rückmeldungen aus dem Ordnungsamt? Wie zufrieden ist man dort mit der Nutzung – und halten Sie die für steigerungsfähig, wenn sich das Angebot und dessen Vorteile noch weiter herumsprechen?

Nach Aussage des Busunternehmens sind die Nutzerzahlen, vor allem auch die Ferienzeit berücksichtigend, sehr erfreulich. Das Fenster morgens bis etwa 9 Uhr hat sich dabei bislang als das Schwächste herausgestellt. Hier darf man gespannt sein, ob in Schulzeiten dieser Korridor stärker genutzt werden wird.

Wie wahrscheinlich ist eine Ausdehnung der Strecke hin zu den Discountern im Gewerbegebiet?

Die Anzahl der Linien wird sich 1:1 auf den Abmangel auswirken. Auch diese Frage wird also im Rahmen der politischen Diskussion geklärt werden.

Die Befragten geben zwei, drei Euro je Fahrt als ihre Schmerzgrenze für den Fahrpreis an. Wie viel sollten die Fahrten aus Ihrer Sicht kosten?

Am Ende sollte nicht das Einzelticket die wesentliche Ertragsquelle für einen Busbetrieb sein, sondern Abonnements, also Dauerkarten. Bei der Preisfindung würde man sich sicherlich auch an Vergleichskommunen orientieren.

Eine Rückmeldung ist, dass man froh ist, sein Auto stehen lassen zu können. Wie wichtig ist der Bus für die Mobilitätswende in Markdorf?

Wenn diese Rückmeldung häufiger käme und ein wesentliches Erfolgskriterium für einen Stadtbusbetrieb wäre, dann würde sich dieser Betrieb als hervorragender Baustein für die Mobilitätswende in Markdorf entpuppen.