Die Medien melden in diesen Tagen Hitzerekorde, berichten über dramatische Temperaturanstiege in den Mittelmeerländern. Und Markdorfs Bürgermeister Georg Riedmann stöhnte über die feucht-warme Schwüle in der Stadthalle, als dort nun der Gemeinderat tagte. Passender hätte das Szenario kaum sein können. Zumal die Räte laut Punkt 7 der Tagesordnung ein energiepolitisches Arbeitsprogramm sowie ein klimapolitisches Leitbild beschließen und darüber hinaus die Energie- und CO2-Bilanz zur Kenntnis nehmen sollten.

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Städtischer Anteil am CO2-Ausstoß gering

Bei ihrer Bilanzierung hat die Energieagentur Ravensburg/Bodenseekreis auch ermittelt, wie groß der Anteil der sechs neuen städtischen PV-Anlagen am Markdorfer Stromverbrauch ist: 0,3 Prozent. Die kommunalen Liegenschaften machen nur ein Prozent aus. Vorn liegen die privaten Haushalte auch bei der CO2-Emission (31,9 Prozent), vor Verkehr (29,3), Industrie (27,6), Gewerbe (10,2 Prozent). Auch hier machen die kommunalen Liegenschaften lediglich ein Prozent aus.

Nach den Haushalten und Industrie und Gewerbe steht der Verkehr an dritter Stelle der CO2-Emittenten.
Nach den Haushalten und Industrie und Gewerbe steht der Verkehr an dritter Stelle der CO2-Emittenten. | Bild: Jörg Büsche

Joachim Mutschler, Fraktionsvorsitzender der Umweltgruppe, begrüßte es, dass dem Rat nun eine CO2-Bilanz vorliegt. Selbst wenn die auf den Zahlen von 2019 fußt. „Es bringt auch nichts, uns mit anderen Gemeinden zu vergleichen, wir brauchen unseren Ist-Zustand, um Weiteres zu planen.“ Messen, Lernen, Handeln sei das Grundprinzip jedes Qualitätsmanagements. Und die Messdaten liefere die vorgelegte Bilanz.

Was die Stadt nun konkret plant

Weit kritischer sah das FDP-Stadtrat Rolf Haas. „Außer Spesen nichts gewesen“, reklamierte er. Allzu viele Variablen sehe er in der Bilanz, als dass sie Anhaltspunkte für weitere Planungen liefern könnte. Allenfalls zur „Selbstbeweihräucherung“ tauge das Papier. Haas bezog sich dabei auch auf die für den Herbst erwarteten Resultate der EEA-Zertifizierung. Das Kürzel EEA steht für den „European Energy Award“, mit dem Gemeinden ausgezeichnet werden, sofern sie sich in besonderem Maße um den Klimaschutz bemühen. Riedmann wollte Haas‘ Kritik so nicht stehen lassen. Die Energie- und CO2-Bilanz zeige mit ihren Daten zu Verbrauchs- und Erzeugungsanteilen doch deutlich, „wie sehr uns das Thema PV-Anlagen auf den Nägeln brennt.“ Da seien Anhaltspunkte wichtige Orientierungshilfen. Und die EEA-Zertifizierung diene gewiss nicht zur Selbstbeweihräucherung, so Riedmann.

Klimaschutz durch PV-Anlagen auf dem Rathausdach. Die bislang genutzte Fläche auf stadteigenen Gebäuden ist aber nur sehr gering.
Klimaschutz durch PV-Anlagen auf dem Rathausdach. Die bislang genutzte Fläche auf stadteigenen Gebäuden ist aber nur sehr gering. | Bild: Jörg Büsche

39 Unterpunkte umfasst die von Eva Glöggler präsentierte Übersicht zum Markdorfer „Klima- und energiepolitischen Aktivitätenprogramm“. Sie führt ganz Allgemeines auf, wie das Erstellen eines Energie- und Klimapolitischen Leitbildes zum Erreichen der für die Stadtverwaltung angestrebten Klimaneutralität bis 2030 und bis 2035 für die Gesamtstadt. Sie nennt auch Konkretes, wie eine bis 2024 vorzulegende kommunale Wärmeplanung. Die Übersicht benennt aber auch das Abschätzen von Klimawandelfolgen, das Entwickeln klimafreundlicher Baugebiete. Sie schaut auf die Energieversorger und fasst die Sanierung kommunaler Nahwärmeversorung in Hepbach ins Auge. Und sie schlägt vor, eine Strategie zur Entwicklung von Photovoltaik-Freiflächenanlagen aufzustellen.

Noch viel Platz für PV-Anlagen gibt es auf Markdorfer Dächern.
Noch viel Platz für PV-Anlagen gibt es auf Markdorfer Dächern. | Bild: Jörg Büsche

Glöggler, Klimaschutz-Sachbearbeiterin im Bauamt, hatte den Räten zuvor fürs nächste Frühjahr die Präsentation der EEA-Ergebnisse in Aussicht gestellt. Markus Gantert von den Freien Wählern vertraut der Expertin: „Sie weiß ganz genau, was zu tun ist“, sei sie doch eingearbeitet in das Thema Klimaschutz. „Unter den European Energy Award können wir dann einen Haken machen“, so Gantert. Einer weitere Kosten verursachenden Wiederauflage bedürfe es aus seiner Sicht nicht. So sah es auch Simon Pfluger von der CDU: „Wir sollten unser Geld lieber in Maßnahmen investieren statt in Zertifizierungen.“

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Dass die Stadt im Rahmen ihrer Möglichkeiten Ressourcen schone und Klimaneutralität anstrebe, auch um Vorbild für Unternehmer und Bürger zu sein, hat sie nun in ihrem „Energie- und Klimapolitischen Leitbild“ formuliert. Dietmar Bitzenhofer, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler, merkte dazu an: „Ein Leitbild ist das eine, die Umsetzung etwas ganz anderes.“ Er vermisse konkrete Anhaltspunkte. Ohne ein Baustoff-Material-Kataster gebe es aber keine energetisch relevanten Informationen.