Herr Delay, am 4. Juli kommen Sie auf Ihrer „Jan Delay & Disko No. 1“-Tour nach Markdorf. Was erwartet die Besucher?

Wir bieten ein Potpourri und Best-of der vergangenen 25 Jahre mit Evergreens und Beats, die in dieser Zeit veröffentlicht worden sind.

Wie gut kennen Sie als Hamburger die Bodenseeregion?

Für einen Hamburger denke ich sogar recht gut. Ich war schon einige Male in Konstanz. Ich bin sehr gerne dort. Wenn ich in den vergangenen Jahren Gigs in Süddeutschland oder der Schweiz und dazwischen noch ein oder zwei Tage off hatte, bin ich immer gerne dort hin. Ich war auch schon viel am Schweizer Ufer. Nur in Österreich kenne ich mich ganz schlecht aus.

Die Tour im Sommer steht ja unter dem Zeichen 25 Jahre Jan Delay. 1999 hat alles mit dem Nena-Cover „Irgendwie, irgendwo, irgendwann“ angefangen. Hätten Sie gedacht, dass Sie ein Vierteljahrhundert später immer noch als Jan Delay auf Tour gehen?

Ich hätte es mir sicher gewünscht, aber nicht gedacht. Allerdings bin ich jemand, der tierisch viel im Hier und Jetzt lebt und agiert. Da denke ich eigentlich mehr an das, was ich als Nächstes mache. Ich habe ja mit zehn Jahren auch nicht gedacht, dass ich mal Musik machen werde.

Was wollten Sie als Kind werden?

Ich wollte mal Tierarzt werden. Eine Zeitlang sogar Anwalt. Und drei Tage Börsenmakler, als ich die Wall Street gesehen habe (lacht). Als es ernster wurde mit dem Arbeiten, wollte ich sogar mal Koch werden. Als ich den Beruf in einem Referat in der Schule vorgestellt habe, merkte ich, dass ich in der Ausbildung morgens um drei Uhr aufstehen muss und das bei einem popeligen Pupsgehalt – da hatte ich dann auch keinen Bock mehr.

Wissen Sie noch, warum es ausgerechnet dieser Nena-Song zum Auftakt war?

Klar, es war eine Auftragsarbeit. Herbert Grönemeyer kam damals und wollte den Sampler „Pop 2000“ machen und fragte, ob ich mitmachen wolle. Da hatte ich echt Bock drauf. Ich wollte einen Reggae-Song machen. Wir hatten den Nena-Song und „Cello“ von Udo Lindenberg in der Auswahl. Als ich mit den Musikern von unserer ersten Beginner-Tour dann im Bunker war, unserem Proberaum, und wir beide Songs im Reggae versucht haben, merkten wir, dass es auf „Irgendwie, Irgendwo Irgendwann“ deutlich einfacher war.

Sie sagten mal, dass Sie sich von Prince, den Blues Brothers, Nina Hagen, Spliff, Madonna, Rio Reiser und insbesondere Udo Lindenberg musikalisch beeinflusst haben lassen. Sind das tatsächlich die Zutaten, die schließlich zu so einem individuellen Stil führten?

Ja, ich glaub schon. Alle Musik, die ich mache, ist die Summe aller kleinsten Teile, die ich gehört habe. Hier bin ich meinen Eltern sehr dankbar, dass sie eine so große Plattensammlung hatten und ich mit vier Jahren schon ran konnte und alles hören durfte. So konnte ich viel mehr aufnehmen und wurde quasi ein viel größerer Schwamm als viele andere. So kann ich eben auch wieder viel mehr rausgeben. Ich denke, dass ich mein Geheimnis. Es ist einfach so, dass es ohne Input keinen Output gibt – und ich hatte sehr viel Input (lacht).

Jan Delay blickt auf eine 25-jährige Karriere zurück.
Jan Delay blickt auf eine 25-jährige Karriere zurück. | Bild: Thomas Leidig

Musikalisch sind sie eigentlich nirgendwo und überall zu Hause. Egal, ob Hip-Hop, Rap, Soul, Funk, Dance, Reggae oder Rock. Welches Musiker-Herz schlägt aktuell in Ihrer Brust?

Mein Herz schlägt auch heute noch definitiv am dollsten für Hip-Hop. Hip-Hop hat mir alles beigebracht – auch das Musikmachen. Und genauso mache ich das bis heute. Ich mache Loop-Musik, ich mache Bass-Musik ich mache programmierte Musik. Und ich habe das große Glück, mir in den vergangenen Jahren eine tolle Band aufgebaut zu haben, die sich darauf einlassen lässt und auch Bock drauf hat. Hip-Hop ist und bleibt meine große Liebe.

Aber nicht nur musikalisch setzen Sie Zeichen. Als Hip-Hopper trägt man eigentlich Kapuzenpullover, Baggy Pants oder Jogginghosen und weiße Sneaker. Jan Delay aber nicht: Eines Ihrer Markenzeichen sind die farbenfrohen Anzüge inklusive Krawatte und Hut. Wie kam es dazu?

Das war zu meinem zweiten Album „Mercedes-Dance“, eine Funk-Tanz-Platte. Ich wollte, dass wir auf der Bühne dann auch etwas Glam rüberbringen. Damals war die Mode fast so wichtig wie die Beats. Ich wollte einen eigenen Style. Und was passt da besser als Anzüge. Todde, der bis heute mein Booker ist, kannte damals Herr von Eden, der in Hamburg Anzüge macht. Durch ihn sind wir dann zusammengekommen. Das war vor 19 Jahren – unglaublich!

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Eines Ihrer Markenzeichen sind Ihre Kopfbedeckungen. Wie viele Caps und Hüte haben Sie eigentlich?

(lacht) Keine Ahnung! Ich trage Caps, solange ich denken kann. Diesbezüglich bin ich so was wie ein Durchlauferhitzer, da ich Caps, die nicht mehr so gut aussehen, schnell aussortiere. Ich denke, es können durchaus 1000 sein.

Das Markanteste an Ihnen ist allerdings Ihre unverwechselbare Stimme, die allerdings auch schon mal ausfiel. 2009 mussten Sie sich einer Stimmband-OP unterziehen. Wie schwer war es, zurückzukommen?

Das war eine krasse Zeit. Es war genau zu dem Zeitpunkt, als das dritte Album „Wir Kinder vom Bahnhof Soul“ rauskam. Ich hatte echt tierisch Schiss, dass es nicht mehr weiterging. Ich durfte einen Monat nicht reden. Das war echt hart.

Sind Sie eher ein Kopf- oder ein Bauchmensch?

Ich mache vieles aus dem Bauch heraus, denke dann aber dennoch viele drumherum. Es ist einfach wichtig, dass man nicht zu impulsiv ist, aber dennoch aus dem Bauch entscheidet.

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Viele wissen nicht, dass Jan Delay die Stimme der Kinderfiguren Rabe Socke und Willi von der Biene Maja ist. Wie wird man denn als Hip-Hopper Synchronsprecher für Zeichentrick-Figuren?

In dem man so ne lustige Stimme hat wie ich (lacht). Wenn man das hat, ist es nur eine Frage der Zeit, bis man gefragt wird.

Sie sind sozial sehr engagiert. Auf Konzerten sammeln Sie Becher, um das Pfand dann zu spenden. In Markdorf gibt es bei jedem Konzert der Open-Airs genau diese Aktion schon vom Veranstalter, der mit dem Geld soziale Einrichtungen vor Ort unterstützt. Können Sie sich vorstellen, da mitzumachen?

Ich finde das super! Ich mache das bei jedem Konzert mit den Leuten von „Viva con Agua“, die bei mir eigentlich immer dabei sind. Wenn das der Veranstalter schon macht, dann unterstütze ich das natürlich gerne – das ist super.

Jan Delay stammt aus Hamburg-Eimsbüttel. Zu seinen größten Hits gehören Songs wie „Oh Johnny“, „Klar“ oder „Feuer“.
Jan Delay stammt aus Hamburg-Eimsbüttel. Zu seinen größten Hits gehören Songs wie „Oh Johnny“, „Klar“ oder „Feuer“. | Bild: Thomas Leidig

25 Jahre Jan Delay – an was erinnern Sie sich ganz besonders gerne zurück?

Ich erinnere mich extrem gerne an die vergangenen 25 Jahre, die ich erleben durfte.

Und was kann Ihnen bis in alle Ewigkeit gestohlen bleiben?

Gestohlen bleiben können mir die Pandemie und Heino.