Je mehr Einwohner eine Gemeinde hat, desto mehr Geld bekommt sie aus dem kommunalen Finanzausgleich des Landes zugewiesen. Wie Jörg Wiggenhauser, der stellvertretende Leiter der Markdorfer Finanzverwaltung, jüngst dem Gemeinderat vorgerechnet hat, gibt es für jeden gezählten Hauptwohnsitzinhaber rund 1000 Euro im Jahr.

Insofern waren die zu erwartenden Mehreinnahmen durch nachgeholte Anmeldungen von Hauptwohnsitzen auch ein Grund, im Oktober 2022 in Markdorf eine Zweitwohnungssteuer einzuführen. Wie Wiggenhauser nun berichtete, haben sich seitdem mehr als 100 bisherige Zweitwohnungsbesitzer dazu entschieden, ihren Hauptwohnsitz in Markdorf anzumelden.

Wäre das Markdorfer Bischofschloss immer noch im Besitz eines Kirchenfürsten, dann müsste der Konstanzer eine Zweitwohnungssteuer für ...
Wäre das Markdorfer Bischofschloss immer noch im Besitz eines Kirchenfürsten, dann müsste der Konstanzer eine Zweitwohnungssteuer für seine Sommerresidenz entrichten. | Bild: Jörg Büsche

Steuer in Nachbargemeinden teils deutlich höher

Hinzu kommen die Einnahmen aus der im März 2022 vom Gemeinderat beschlossenen Zweitwohnungssteuer selbst. Wiggenhauser schätzt sie auf 70.000 Euro fürs laufende Jahr. Und für 2024 stellt er sogar 140.000 Euro in Aussicht. Zugrunde gelegt hat er dabei allerdings den von der Verwaltung vorgeschlagenen erhöhten Abgabensatz von 18 Prozent. Bis zur Erhöhung in der jüngsten Gemeinderatssitzung hatte der Satz lediglich zehn Prozent der Nettokaltmiete betragen. Womit die Stadt immer noch moderate Sätze erhebe, hob Wiggenhauser hervor. In etlichen Nachbargemeinden falle die Zweitwohnungssteuer deutlich höher aus. Hagnau, Meersburg, Überlingen verlangten 28 Prozent, Konstanz gar 35 Prozent.

Bislang 20 leerstehende Wohnungen jetzt vermietet

Freilich wird längst nicht von jedem Zweitwohnungsbesitzer die Zweitwohnungssteuer erhoben. So sind zum Beispiel Personen ausgenommen, die aus beruflichen oder Ausbildungsgründen in Markdorf eine Zweitwohnung haben. Jörg Wiggenhauser wertete es als positiven Nebeneffekt der neu erhobenen Zweitwohnungssteuer, dass etwa 20 bisher leerstehende Wohnungen nun vermietet werden. Einige dieser Wohnungen seien der Stadt auch zur Unterbringung von Geflüchteten angeboten worden.

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Stadt untersucht rund 1500 Wohnungen

Die neue Zweitwohnungssteuer hat die Finanzverwaltung in Atem gehalten – und hält sie noch. Wobei die Situation sich inzwischen wieder entspannt hat. Umso mehr Arbeit sei in der Anfangsphase angefallen, als die in Betracht kommenden Wohnungen ermittelt werden mussten. Rund 1500 Wohnungen wurden von der Stadt untersucht und dafür Unterlagen aus dem Einwohnermeldeamt herangezogen.

Kontrollen vor allem in hochpreisigen Wohnanlagen

Genauer betrachtet wurden insbesondere Eigentumswohnungen in den hochpreisigen Wohnanlagen in der Kern- sowie der Nordstadt. Hier vermutete die Finanzverwaltung, dass die Anmeldung von Nebenwohnsitzen, wie sie vorgeschrieben ist, „vergessen“ worden war.

Die begehrten Wohnlagen am Gehrenberghang werden gern als Zweitwohnsitz genutzt.
Die begehrten Wohnlagen am Gehrenberghang werden gern als Zweitwohnsitz genutzt. | Bild: Jörg Büsche

Beharrlichkeit und Hinweis auf Ordnungswidrigkeit

Zum Teil, so erläuterte Wiggenhauser den erheblichen Mehraufwand der Finanzverwaltung, hieß es, Briefkästen zu kontrollieren. Gab es dort mehr Namen, als Müll-Haushalte gemeldet waren, hakte die Finanzverwaltung nach. Zunächst per Post, und wenn nach etlichen Wochen keine Reaktion kam, wurde angerufen. Diese Beharrlichkeit wirkte. Sie war indes auch manchmal mit den Hinweis verbunden, dass eine Nichtanmeldung eine bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeit ist.

Gut gegen Leerstände und für Klima

„Ein bisschen Druck aufbauen schadet nicht“, kommentierte das Stadtrat Jens Neumann von den Freien Wähler. Ziel müsse es schließlich sein, Wohnungen zu vermieten, satt Leerstände zu dulden. Weitere positive Effekte macht Jörg Wiggenhauser fürs Klima aus. Weniger Zweitwohnsitze in der Stadt bedeuten auch weniger Verkehr. Und kommen leer stehende Wohnungen auf den Mietmarkt, wirkt sich das auf den Bedarf aus, sodass weniger gebaut, weniger Fläche verbraucht wird.