Das Bild mit den meterhohen Geröllmassen und den sich dort durcharbeitenden Feuerwehrleuten hätte es gar nicht gebraucht. Winfried Eberhard und Matthias Hepple vom Ulmer Ingenieurbüro Wasser-Müller haben es trotzdem gezeigt, als sie in der Leimbacher Mehrzweckhalle demonstrierten, was ihr Büro fürs „kommunale Starkregenrisikomanagement“ der Stadt erarbeitet hat.

Mit dem Ziel, dass Markdorf solch verheerenden Sturzfluten, wie sie vor neun Jahren das Ortsinnere der Hohenloher Gemeinde Braunsbach überschwemmt haben, möglichst effektiv entgegengewirkt werden kann. Hier im Markdorfer Teilort Riedheim haben nicht wenige Einwohner von Hepbach, Leimbach, Stadel, Gangenweiler im Juni 2024 selbst erlebt, was Starkregen bewirken kann.

Winfried Eberhard und Matthias Hepple vom Ulmer Ingenieurbüro Wasser-Müller erklären, wie sinnvoller Überflutungsschutz funktioniert.
Winfried Eberhard und Matthias Hepple vom Ulmer Ingenieurbüro Wasser-Müller erklären, wie sinnvoller Überflutungsschutz funktioniert. | Bild: Jörg Büsche

Betroffenheit macht empfänglich

So manchem im Saal war damals der Keller vollgelaufen. Dies sprach auch Bürgermeister Georg Riedmann bei seiner Begrüßung an. „Eigene Betroffenheit macht empfänglich.“ Dementsprechend viele Riedheimer waren zum Informationsabend der Stadt in die Mehrzweckhalle gekommen. Zur Veranstaltung in der Stadthalle vergangenen Wochen waren deutlich weniger Bürger gekommen. Winfried Eberhard und Matthias Hepple informierten unter anderem darüber, wie Wohnungen und Häuser geschützt werden können und wie sehr das direkte Umfeld bei Starkregen von Überflutung bedroht ist.

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Kleinräumige, aber heftige Gefahr

Eberhard und Epple hatten außer dem Foto aus Braunsbach noch weiteres Anschauungsmaterial mitgebracht. Zum Beispiel jene Grafik, die die Besonderheit von „konvektiven Niederschlagsereignissen“ zeigt. Die treten auf sehr begrenztem Raum auf, gern in Gewitterzellen, aber in sehr hoher Intensität. So wie vor einem guten Jahr im Ortsteil Riedheim, ebenso im benachbarten Oberteuringen – quasi aus heiterem Himmel.

Waten im Überschwemmungsgebiet im Juni 2024.
Waten im Überschwemmungsgebiet im Juni 2024. | Bild: Jörg Büsche

Warten auf die Risikokarten. Sie kommen im Oktober

„Konkrete Vorhersagen können hier keine getroffen werden“, hatte Bürgermeister Riedmann eingangs angekündigt. Die Informationen bewegten sich auf modellhafter Ebene. Doch sobald die vom Büro Wasser-Müller detailliert ausgearbeiteten Starkregengefahrenkarten mit ihren Worst-Case-Szenarien für außergewöhnliche, aber noch nicht extreme Niederschlagsmengen im Netz auf der interaktiven Hochwassergefahren und Risikokarte des Landes veröffentlicht werden, und dann auch als PDFs im Rathaus vorliegen, gibt es für die Bürger durchaus auch nähere Informationen zum Gebäudeschutz.

„Ich fand den Vortrag interessant. Wir wohnen jetzt ganz neu hier. Da brennt man natürlich darauf, die Gefahrenkarten einsehen zu können ...
„Ich fand den Vortrag interessant. Wir wohnen jetzt ganz neu hier. Da brennt man natürlich darauf, die Gefahrenkarten einsehen zu können – schade, dass sie noch nicht im Netz stehen. „Sabine Hörmann, Leimbach | Bild: Jörg Büsche
„Wir haben viel über individuelle Schutzmaßnahmen gehört. Die Bachläufe müssen aber freigeräumt werden, damit sich da nichts ansammelt. ...
„Wir haben viel über individuelle Schutzmaßnahmen gehört. Die Bachläufe müssen aber freigeräumt werden, damit sich da nichts ansammelt. Das Wasser muss abfließen können.“Wolfgang Mair, Riedheim | Bild: Jörg Büsche

Ja, wo schwimmen sie denn?

Er wohne am Muldenbach, erklärte Kurt Wörner. Dort wurden vor einiger Zeit zwei Bäume gefällt und seither liege ein etwa sechs Meter langer Stamm im Bachbett. Auf seine Bitte, den Stamm herauszunehmen, damit er beim nächsten Starkregen nicht, talwärts gespült, zum Abflusshindernis im Unterdorf werde, habe es seitens des Landratsamts die Antwort gegeben. „Die Fische nutzen den Baumstamm als Unterschlupf“, zitierte Wörner kopfschüttelnd den Bescheid und merkte noch an: „Im Sommer liegt der Muldenbach trocken – da gibt es keine Fische.“

Monika Gehweiler, Isabelle Horvath, Sabrina Hengge, Winfried Eberhard und Matthias Hepple stellen sich den Fragen der Riedheimer.
Monika Gehweiler, Isabelle Horvath, Sabrina Hengge, Winfried Eberhard und Matthias Hepple stellen sich den Fragen der Riedheimer. | Bild: Jörg Büsche
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Wer darf räumen – und warum nicht?

Fortan drehte sich die Diskussion um die Frage, ob die Gemeinde Maßnahmen zu ergreifen habe, die den Abfluss beschleunigen oder verlangsamen sollen. Georg Riedmann warnte vor noch größeren Überflutungen in der Ebene. Eine Weile geriet die Diskussion zum Schwarze-Peter-Spiel. Wird die Stadt ihren Sicherungsauflagen nicht gerecht? Oder sind es die Anwohner, die ihre Gartenmöbel fahrlässig dort stehen lassen, wo sie vom Bach mitgerissen, zum Staumaterial werden. Überhaupt nutze mancher Anwohner das Brunnisach-Bett zur Entsorgung von Gartenabfall, berichtete ein Ortskundiger.

Im Wald am Gehrenberghang von den Fluten mitgerissene Baumstämme. Archivbild vom Juni 2024
Im Wald am Gehrenberghang von den Fluten mitgerissene Baumstämme. Archivbild vom Juni 2024 | Bild: Jörg Büsche

Der ungewollte Florian-Effekt

Einige Ratlosigkeit war aus dem Beitrag von Florian Sandkühler herauszuhören. Die von den Wasserexperten vorgeschlagenen Starkregen-Schutzmaßnahmen fürs eigene Haus schienen ihm geeignet, die Wassermassen aufs Nachbargrundstück umzuleiten. „Und mein Nachbar sieht das genau so.“ Riedmann, um dessen eigene Betroffenheit als Überflutungsopfer Sandkühler durchaus wusste, warf er vor, dass er die Stimmung der Riedheimer verkenne.

Hier herrsche allgemeines Murren, weil mit Blick auf die Nachbargemeinden in der Senke zu wenig ausgeräumt werde, sodass in Riedheim neue Überflutungen drohen. Georg Riedmann betonte, dass die Stadt leiste, was zu leisten sei. Sie sei jedoch an die Vorgaben aus dem Landratsamt gebunden. Überdies habe man aus den Erfahrungen des Juni-Unwetters im vergangenen Jahr gelernt. „Wir tun, was wir können.“