Ein Jahr ist es her, dass der Starkregen vom 26. Juni 2024 die östlichen Stadtteile Markdorfs und den dortigen Camping Wirthshof überflutet hatte. Und doch scheint das Ereignis, von dem viele Bürger betroffen waren und bei dem die Feuerwehr zahlreiche Einsätze fahren musste, offenbar bei vielen Menschen bereits wieder in den Hintergrund getreten zu sein: Das Rathaus hatte zum Bürgerinformationsabend in die Stadthalle eingeladen. Lediglich rund 50 Interessierte hatten sich eingefunden, um sich von den Planern über den aktuellen Stand des Starkregenkonzeptes für Markdorf informieren zu lassen – und auch um selbst Fragen stellen zu können, etwa wie man als Privatperson sein Haus besser gegen einbrechende Wassermassen schützen kann.

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Die öffentliche Info in der Stadthalle sowie eine zweite Veranstaltung am nächsten Mittwoch, 23. Juni in Leimbach für die Bürger der östlichen Stadtteile wurde nicht ohne Anlass angesetzt: Das von der Stadt mit dem Starkregenrisikomanagement beauftragte Biberacher Büro Wasser-Müller hat seine Arbeit am Konzept so weit fertiggestellt, dass es nun an die Erarbeitung konkreter Schutzmaßnahmen für Markdorf gehen kann.

Viele lichte Reihen: Rund 50 Interessierte waren am Mittwochabend zur Starkregen-Bürgerinfo in die Stadthalle gekommen. Eine weitere ...
Viele lichte Reihen: Rund 50 Interessierte waren am Mittwochabend zur Starkregen-Bürgerinfo in die Stadthalle gekommen. Eine weitere Veranstaltung findet am 23. Juli in Leimbach statt. | Bild: Helmar Grupp

Gefahrenkarten inzwischen trennscharf für Grundstücke

Zentraler Bestandteil dafür sind die aktualisierten Gefahrenkarten, die inzwischen fertig sind und die trennscharf Starkregengefahren nicht nur für einzelne Straßenzüge, sondern auch für individuelle Grundstücke aufzeigen. Diese neuen Gefahrenkarten stellten Winfried Eberhard und Matthias Hepple vom Büro Wasser-Müller am Mittwochabend in der Stadthalle vor.

Gleich eingangs des Abends wies Bürgermeister Georg Riedmann auf Grundsätzliches hin: Erstens seien die Analysen des Büros erst einmal „ein Stück weit wissenschaftliche Theorie, aber keine konkreten Vorhersagen“. Es sind Modelle, wie sich ein Starkregenereignis aller Voraussicht nach auf verschiedene Stadtbereiche auswirken würde – aber eben nur Modelle.

In der Markdorfer Innenstadt stand auch die untere Ebene des Parkhauses Post unter Wasser.
In der Markdorfer Innenstadt stand auch die untere Ebene des Parkhauses Post unter Wasser. | Bild: Daniel Vedder

Individuelle Beratung für Bürger erst im Herbst

Zweitens gebe es weder an diesem Abend noch am kommenden Mittwoch in Leimbach eine „Individualberatung“ zu einzelnen Grundstücken. Eine solche werde die Stadt eventuell ab dem Herbst anbieten können. Verantwortlich dafür seien dann Bauamtsleiterin Monika Gehweiler und Freiraumplanerin Isabelle Horvath. Infos dazu gebe es auch auf den Internetseiten der Stadt, aber erst dann, wenn es auch soweit sei.

Stadt will Gefahrenkarten online stellen

Das wiederum, informierte Eberhard, richte sich danach, wann die neuen Gefahrenkarten von den übergeordneten Behörden geprüft und freigegeben werden. Beteiligt seien etwa das Landratsamt und das Regierungspräsidium. Erst wenn die Karten freigegeben seien, dürfe man auch mit ihnen arbeiten. Das werde in einigen Monaten wohl der Fall sein. Wenn die Gefahrenkarten vorliegen, werde die Stadt sie auch auf ihrem Internetauftritt einstellen.

Mit Radladern wurden die Campinggäste auf dem Wirthshof nach dem Starkregenereignis von ihren überschwemmten Parzellen gebracht.
Mit Radladern wurden die Campinggäste auf dem Wirthshof nach dem Starkregenereignis von ihren überschwemmten Parzellen gebracht. | Bild: Jörg Büsche

Hepple und Eberhard wiederholten ihren Vortrag, den sie bereits vor dem Gemeinderat präsentiert hatten. Der SÜDKURIER berichtete bereits mehrfach über die Inhalte. Die Kernaussagen: Weil die Topographie der Stadt mit vielen steilen Hanglagen ungünstig sei, könne es im Starkregenfall zu starken Überflutungen kommen, vor allem wegen der hohen Fließgeschwindigkeiten des Wassers. Zudem werde vom Gehrenberg herab auch viel Schwemm- und Schlammmaterial in die Kernstadt getragen werden. Dies mache vor allem privaten Eigenschutz sehr wichtig.

Baulich hingegen könne die Stadt wenig machen: Rückhaltebecken, die groß genug wären, um die Fluten aufzunehmen, müssten schon „Staudamm-Dimensionen“ haben, sagte Eberhard. Dies sei weder finanzierbar noch werde es dafür Förderungen geben. In Markdorf werde es stattdessen darum gehen müssen, Maßnahmen zu treffen, damit das Wasser rasch wieder abfließen könne.

Forstmitarbeiterin Margit Hafen und Stadtförster Jörn Burger nach dem Starkregen am Gehrenberg. Im Wald oberhalb der Stadt hatten die ...
Forstmitarbeiterin Margit Hafen und Stadtförster Jörn Burger nach dem Starkregen am Gehrenberg. Im Wald oberhalb der Stadt hatten die Fluten am 26. Juni 2024 ganze Bäume entwurzelt. | Bild: Jörg Büsche

Zentrales Thema: Das Geröll vom Gehrenberg stoppen

Darauf wies in der Fragerunde der frühere Bauamtsleiter Gebhard Geiger hin. Zu seiner Zeit habe die Stadt regelmäßig die Rechen und Fänge an den hangliegenden Gräben freigemacht. Die seien nötig, um Geröll und Schlamm zurückzuhalten und müssten frei sein. Eberhard stimmte ihm zu: Als Teil des geplanten Maßnahmenpakets für Markdorf werde sein Büro auch die Installation von Rückhaltemaßnahmen für Geröll empfehlen. „Das ist wichtig und für Markdorf auch gut machbar“, sagte er.

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Riedmann betonte, der Bauhof kontrolliere jetzt schon regelmäßig die Geröllfänge. Und während der immensen Regenfälle im vergangenen Jahr, die im Mai das Hochwasser in Meckenbeuren verursacht hatten, habe der Bauhof Nachtschichten geschoben und die Fänge fortwährend freigemacht. Dies, so Riedmann, habe bereits damals schon Überflutungen in der Stadt verhindert.

Claudia Huesmann (links) und Carmen Kiefer vom Landratsamt im November vergangenen Jahres am Espengraben in Markdorf-Süd, rechts ...
Claudia Huesmann (links) und Carmen Kiefer vom Landratsamt im November vergangenen Jahres am Espengraben in Markdorf-Süd, rechts Landratsamt-Sprecher Lars Gäbler. Im Landratsamt steht man dem Freiräumen von Gräben kritisch gegenüber. | Bild: Helmar Grupp

Gewässerpflege bleibt ein Ärgernis

In der weiteren Debatte ging es dann wieder um das leidige Thema Gewässerpflege: Landwirt Franz Mock vom Stüblehof appellierte eindringlich an die Stadt, die Gräben im Süden der Stadt großzügig freizumachen. Die seien wieder komplett zugewachsen. „Das ist ein Riesenproblem für uns Landwirte“, beklagte sich Mock.

Riedmann verhehlte nicht, dass das Thema auch für die Stadt ein Ärgernis sei. Doch das Landratsamt sei bei diesem Thema extrem restriktiv. „Wenn Sie wüssten, wie wir ringen müssen mit den Kollegen vom Landratsamt, dass wir überhaupt etwas machen dürfen“, antwortete er Mock. Das, was die Stadt an Gewässerpflege machen dürfe, mache sie auch. Er wisse aber selbst, dass das nicht genug sei.