Unter den 81 Menschen, die aus Deutschland nach Afghanistan abgeschoben worden sind, befinden sich laut Justizministerium auch 13 schwere Straftäter aus Baden-Württemberg. Darunter ist den Angaben zufolge auch ein verurteilter Straftäter, der bei der Gruppenvergewaltigung einer 14-Jährigen 2019 im Raum Ulm mitgemacht hat. Gemeinsam mit drei weiteren Tätern hatte er das Mädchen unter Alkohol und Drogen gesetzt und über mehrere Stunden vergewaltigt. Der Fall hatte für großes Aufsehen gesorgt. Der Haupttäter war bereits im Sommer 2024 abgeschoben worden.

Der aktuelle Abschiebeflug startete am Morgen von Leipzig aus Richtung Kabul. Zum zweiten Mal seit der Machtübernahme durch die Taliban im August 2021 schiebt Deutschland damit afghanische Staatsangehörige in ihr Herkunftsland ab. Es ist zudem der erste Abschiebeflug seit Antritt der schwarz-roten Regierung unter Kanzler Friedrich Merz (CDU).

Einreiseverbot in die EU

Zehn der Abgeschobenen aus Baden-Württemberg brachte die Polizei direkt aus der Straf- oder Abschiebungshaft zum Flieger. Drei weitere wurden vor der Abschiebung noch festgenommen. Unter den Abgeschobenen aus dem Südwesten sind den Angaben zufolge sechs schwere Sexualstraftäter, die anderen wurden wegen Tötungs-, Körperverletzungs- und Betäubungsmitteldelikten sowie schwerer Brandstiftung zu mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt.

„Dies zeigt, dass der Rechtsstaat auch unter schwierigen Rahmenbedingungen handlungsfähig ist“, sagte die für Migration zuständige Justizministerin Marion Gentges (CDU). „Das ist ein Gewinn für die Sicherheit in unserem Land.“ Für alle Abgeschobenen gilt für das gesamte Schengen-Gebiet der EU ein Einreiseverbot. Auch der Sonderstab Gefährliche Ausländer und das Regierungspräsidium Karlsruhe waren an der Aktion beteiligt.

UN-Menschenrechtsbüro kritisiert Afghanistan-Abschiebung

Der UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, Volker Türk, hat jegliche Abschiebungen von Afghanen in ihr Heimatland scharf kritisiert. „Türk fordert einen sofortigen Stopp der gewaltsamen Rückführung aller afghanischen Flüchtlinge und Asylsuchenden, insbesondere derjenigen, denen bei ihrer Rückkehr Verfolgung, willkürliche Inhaftierung oder Folter drohen“, teilte sein Büro in Genf mit.

Die Kritik gelte auch für Deutschland, wo am Morgen ein Flug mit 81 Afghanen aus Leipzig Richtung Kabul startete, sagte die Sprecherin des Büros, Ravina Shamdasani, auf Nachfrage.

Humanitäre Lage sei in Afghanistan verheerend

„Menschen sollten nicht nach Afghanistan zurückgeschickt werden“, sagte sie. Vielen drohten dort Folter, unmenschliche Behandlung und Bestrafung. Zudem sei die humanitäre Lage verheerend. 70 Prozent der Bevölkerung lebten in Armut.

Auf die Frage, ob es einen Unterschied mache, wenn es sich bei Abgeschobenen um abgelehnte Asylbewerber oder Straftäter handele, erinnerte Shamdasani an das „Non-Refoulement-Prinzip“. Es verbiete die Ausweisung, Auslieferung oder Rückschiebung von Personen, wenn ihnen im Zielland Folter, unmenschliche Behandlung oder schwere Menschenrechtsverletzungen drohen. Dieser völkerrechtliche Grundsatz ist unter anderem Bestandteil der Genfer Flüchtlingskonvention, wie die Bundeszentrale für politische Bildung erklärt.

(dpa)