Sie fassen Passanten an, betteln mit Kindern oder Haustieren oder belästigen durch ihr Verhalten die Allgemeinheit: Zunehmend fallen in Konstanz Personen auf, die Bewohner und Touristen nicht still und friedlich um Geld bitten, sondern sich aggressiv zeigen. Die Stadt Konstanz geht gegen dieses Verhalten seit 2018 schärfer vor als zuvor.
Damals kündigte die Stadtverwaltung verstärkte Kontrollen an und informierte die Bürgerinnen und Bürger mit einer Plakataktion, was erlaubt ist und was nicht. Aggressives Betteln ist laut Paragraf 13 der Konstanzer Umweltschutz- und Polizeiverordnung verboten und gilt als Belästigung der Allgemeinheit. Dazu zählt unter anderem, wenn bettelnde Menschen die körperliche Nähe zu den Angesprochenen suchen oder aufdringlich sind.
Nach Einschätzung der Stadtverwaltung hat das aggressive Betteln nach der Corona-Pandemie – wo in Innenstädten kein Geld zu holen war, weil man sich nur sehr beschränkt im öffentlichen Raum aufhalten durfte – deutlich zugenommen. Sprecherin Elena Oliveira schreibt: „Die Außendienstmitarbeiterinnen und -mitarbeiter des Bürgeramtes beobachten derzeit, dass das aggressive Betteln seit Beginn der Urlaubszeit stark zugenommen hat.“
Dies bestätigten auch die zahlreichen Beschwerden von Bürgern, Gaststätteninhabern und Touristen, die derzeit bei der Marketing und Tourismus Konstanz GmbH (MTK) und der Stadt Konstanz eingingen. „Hier wird öfter berichtet, dass man sich unsicher fühle“, so Oliveira.
Deutlich mehr Platzverweise als 2024
Es bleibt aber nicht beim Gefühl: Auch die Zahlen belegen, dass aggressive Bettler vermehrt unterwegs sind. So teilt die Stadt auf Nachfrage mit, im gesamten Jahr 2024 sei es zu 15 Ansprachen, 13 Verwarnungen und 19 förmlichen Platzverweisen gekommen. Allein im ersten Halbjahr 2025 gab es 12 Ansprachen, 39 Verwarnungen und 74 förmliche Platzverweise. Bußgeldverfahren wurden in beiden Jahren aber nicht eingeleitet.

Die Stadtverwaltung hat eine klare Meinung zu aggressiven Bettlern: „Die Vorgehensweise hat sich vom einfachen Ansprechen schon beinahe in Richtung strafrechtlich relevantes Verhalten (Nötigung, Bedrohung) verändert. Das ist aus Sicht der Stadtverwaltung keinesfalls akzeptabel.“
Außerdem verdrängten organisierte gewerbliche Bettlerbanden „vehement die obdachlosen heimischen Einzelgänger, die mit ihrem stillen Betteln niemanden stören“, so die Stadt. Denn nur ruhig auf der Straße zu sitzen und zu hoffen, dass Passanten ein paar Münzen in den Becher werfen, ist nicht verboten.
Kein Geld geben und die Polizei rufen
Was können bedrängte Menschen tun? Das städtische Bürgeramt empfiehlt, sich nicht auf Diskussionen mit bettelnden Menschen einzulassen und diesen kein Geld zu geben. Bei massiver Belästigung sollen sich die Betroffenen umgehend an die Polizei wenden. Diese stehe in ständiger Verbindung mit dem Kommunalen Ordnungsdienst der Stadt Konstanz.
Beide Einheiten sprechen aggressive Bettler an, können sie anzeigen oder einen Platzverweis erteilen. „Die Polizei übernimmt Sachverhalte mit Bettlern dann, wenn sie Personen bedrängen, festhalten, berühren oder sich sonst aggressiv verhalten“, erläutert Katrin Rosenthal, Pressesprecherin des Polizeipräsidiums Konstanz. „Auch dann, wenn es um organisiertes Betteln geht oder der Verdacht von Straftaten im Raum steht.“
Nach Rücksprache mit dem Polizeiposten Lutherplatz schreibt Katrin Rosenthal, dass sich die Lage aus Sicht der Polizei nicht dramatisiert habe. „Vereinzelt gab es in den vergangenen Wochen polizeiliche Einsätze mit bettelnden Personen, allerdings ohne strafrechtliche Verfolgung. Meist war die Erteilung eines Platzverweises ausreichend“, so Rosenthal.
Eine Straftat liege zum Beispiel dann vor, wenn jemand Gehörlosigkeit vortäuscht und dies mit einer angeblichen Bescheinigung eines Gehörlosenvereins auf einem Klemmbrett zu beweisen versucht. Bürger beobachten oft auch hinkende Bettler, die um Geld bitten – doch wenn sie abends auf ihre Kollegen treffen, ist vom Gebrechen nicht mehr viel zu sehen.
Dennoch ist es oft schwer, die Strukturen von Bettlerbanden nachzuweisen. Die Ermittlungen laufen aber. So teilt die Stadt auf Nachfrage mit: „Mindestens eine Bettlerbande ist der Landespolizei und dem Kommunalen Ordnungsdienst in Konstanz bekannt.“