Eine Geldstrafe von bis zu 500 Deutsche Mark oder sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu sechs Wochen: Damit musste man in Deutschland bis 1974 rechnen, wenn man beim Betteln erwischt wurde. Heute ist das Betteln straffrei. Dies gilt in der Praxis aber nicht uneingeschränkt, denn gegen das sogenannte aggressive Betteln kann durch die Polizei oder die Ordnungsbehörde noch immer vorgegangen werden.

Neue Regelungen in der Schweiz

Nachdem 2021 der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ein absolutes Bettelverbot der Schweiz kassierte, ist nun auch in St. Gallen zumindest aufdringliches und organisiertes Betteln verboten. Doch damit nicht genug der Restriktion: Bettelnde müssen zudem fünf Meter Abstand zu Wohngebäuden, Geschäften und öffentlichen sowie privaten Einrichtungen halten.

Obwohl die Regeln durch die Schweizer Polizei eher großzügig ausgelegt werden würden, wird deutlich, dass es Bettelnden in St. Gallen so schwer wie möglich gemacht werden soll. Besonders das vermehrte Aufkommen organisierter Banden solle so verhindert werden.

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Bettelbanden auch in Konstanz?

Die Stadt Konstanz kündigte bereits 2018 an, gegen aggressives Betteln vorgehen zu wollen. Vermehrte Kontrollen sollten das „aufdringliche und körpernahe Ansprechen von Personen“ unterbinden. Zudem wurden damals in der Innenstadt Plakate aufgehängt, die dazu aufforderten, aufdringlichen Bettlern kein Geld zu geben.

Auch die Instrumentalisierung von Kindern und das Vortäuschen von Behinderungen, das auf die Erregung von Mitleid abziele, stelle eine Form des aggressiven Bettelns dar und sei somit verboten. Insbesondere durch Hintermänner organisierte und angeleitete Gruppen sollen sich häufig dieser Strategien bedient haben. Um diesen Gruppen gezielt etwas entgegensetzten zu können, kündigte die Stadt an, „Lager, die den organisierten Bettlern als Unterkunft dienen“, räumen zu lassen.

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Maßnahmen mit Erfolg?

Auf Anfrage des SÜDKURIER berichtet die Stadtverwaltung, dass das organisierte Betteln in Konstanz auch heute noch ein Problem darstelle. So sei es noch immer Ziel der Stadt, „das aggressive, belästigende und bandenmäßige Betteln zu unterbinden.“

Gerade das Nachweisen von bandenmäßigem Betteln gestalte sich aber schwierig und sei „nur mit einem sehr großen Einsatz und Aufwand“ möglich, so die Stellungnahme der Stadt weiter. Gelinge es doch, könne das Ordnungsamt oder die Polizei Platzverweise oder Verwarnungen erteilen. Gleiches gelte auch für das aggressive Betteln.

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Aber auch die Stadtverwaltung betont nochmals: Stilles Betteln ist erlaubt. Die Beamten gehen ausschließlich gegen Personen vor, die „bewusst und andauernd direkt Passanten ansprechen oder sich sogar in den Weg stellen und die Passanten auffordern, Geld zu spenden.“

Wie nehmen die Passanten die Situation wahr?

Antonia Illig ist oft in der Innenstadt. Die Studentin arbeitet hier in einem Geschäft. Sie sagt, dass es immer die gleichen Bettelnden seien, die sie in Konstanz sehe. Viele seien es ihrer Meinung nach aber ohnehin nicht. Zwar sei die 23-Jährige schon mal direkt von Bettlern angesprochen worden, bedrängt gefühlt habe sie sich aber keinesfalls. „Mir ist noch niemand hinterhergelaufen oder unangenehm nahegekommen“, berichtet sie.

„Mir ist noch niemand hinterhergelaufen oder unangenehm nahe gekommen“, berichtet Antonia Illig (23), die in der Innenstadt arbeitet.
„Mir ist noch niemand hinterhergelaufen oder unangenehm nahe gekommen“, berichtet Antonia Illig (23), die in der Innenstadt arbeitet. | Bild: Jonas Bernauer

Eine Auffälligkeit kommt Illig dann allerdings doch in den Sinn: An Wochenenden seien ihr schon häufiger größere Gruppen an Bettlern aufgefallen, da diese mit Musik auf sich aufmerksam machten. „Da waren immer Kinder dabei“, erinnert sich die Studentin. Das könnte ein Hinweis darauf sein, dass das bandenmäßige Betteln in Konstanz weiterhin existiert.

Auch Cornelia Borsum findet, dass Bettelnde im Konstanzer Stadtbild kaum auffielen, besonders wenn sie dieses mit ihrer Heimatstadt Hannover vergleiche. „Natürlich gibt es aber immer ein paar Bettler. Das kann man nicht verhindern“, fügt die Ergotherapeutin hinzu. Ob sich die Situation seit 2018 verbessert habe, könne die 64-Jährige nicht beurteilen. Ohnehin sei sie in Konstanz noch nie direkt angesprochen und nach Geld gefragt worden.

„Natürlich gibt es aber immer ein paar Bettler. Das kann man nicht verhindern“, meint Cornelia Borsum, die sich durch Bettelnde nicht ...
„Natürlich gibt es aber immer ein paar Bettler. Das kann man nicht verhindern“, meint Cornelia Borsum, die sich durch Bettelnde nicht gestört fühlt. | Bild: Jonas Bernauer

Gleiches berichtet auch Kristijan Sivevski. Als er für sein Studium nach Konstanz zog, habe er sich über die wenigen Bettler in Konstanz gewundert. „In Stuttgart wurde ich mehrmals täglich und auch vehement nach Geld gefragt“, erinnert sich der 26-Jährige. In Konstanz sei dies noch nie vorgekommen.

Generell habe sich Sivevski aber noch nie an Bettlern gestört. Weder in Konstanz noch in Stuttgart. „Die Menschen suchen sich ihr Schicksal bestimmt nicht aus“, sagt der Student und fügt hinzu, dass er es wichtig findet, die Bettelnden mit Respekt zu behandeln.

Kristijian Sivevski (26) hat Verständnis für die Bettelnden. „Die Menschen suchen sich ihr Schicksal bestimmt nicht aus“, meint der Student.
Kristijian Sivevski (26) hat Verständnis für die Bettelnden. „Die Menschen suchen sich ihr Schicksal bestimmt nicht aus“, meint der Student. | Bild: Jonas Bernauer