Oberteuringen – Diese Frage dürften sich die vom Starkregen am 26. Juni betroffenen Bürger Oberteuringens am drängendsten stellen: Wie lange wird es dauern, bis die Maßnahmen aus dem von der Gemeinde geplanten Starkregenrisikomanagement für den Kernort greifen werden? Winfried Eberhard hat darauf eine recht eindeutige Antwort: „Rund zehn Jahre vom Start der Planung bis zu ihrer Fertigstellung“, sagt der Geschäftsführer des Ingenieurbüros Wasser-Müller (Biberach). Eberhard kennt sich nicht nur mit dem Thema aus, sondern auch mit der Region: Sein Büro hat bereits das Starkregenrisikomanagement für den Ortsteil Bitzenhofen erarbeitet, in Markdorf ist er aktuell ebenfalls beauftragt.
Am Montagabend um 18 Uhr wird die Gemeinde in der „Post“ öffentlich über ihre erste Analyse der Überschwemmungen am 26. Juni informieren und auch ihre Pläne vorstellen, wie sie auf solche Ereignisse künftig besser reagieren und welche Vorkehrungen sie treffen möchte. Dabei werden auch die Bürger selbst gefragt sein: Deren Anregungen und Beobachtungen seien ausdrücklich erwünscht, heißt es seitens der Gemeinde. Sie sollen anschließend in das weitere Vorgehen einfließen.

In Bitzenhofen gibt es bereits ein Konzept
In Bitzenhofen werden seit 2022 bereits Maßnahmen aus dem dortigen Konzept umgesetzt. Doch sie reichten längst nicht aus, um die Überflutung des Kernorts an jenem Junimorgen zu verhindern. Zu stark waren die Wassermassen, die aus der Gewitterzelle über dem Gehrenberg herabprasselten, zeitweilig 70 bis 80 Liter pro Quadratmeter. Und zu heftig waren die Fluten, die sich vom Gehrenberg her durch Bitzenhofen und zuletzt über die B33 hinweg in den Ort ergossen. Doch selbst wenn alles optimal ausgebaut wäre, mit Rückhaltebecken, verbesserter Verdolung und Ableitungen in freie Flächen abseits bebauter Gebiete: Ein solches Extremereignis wird niemals komplett aufgefangen werden können. „Deshalb ist Starkregenschutz immer auch zu einem Großteil Eigenschutz“, sagt Eberhard.
Starkregen jahrelang unter dem Radar
Starkregenrisikomanagement war jahrelang unter dem Radar, sowohl bei den Bürgern als auch bei den Gemeinden – stets im Schatten des Hochwasserschutzes. Das hat sich spätestens in diesem Jahr mit den zahlreichen durch heftige Regengüsse verursachten Überflutungen geändert, nicht nur hier, auch im Hohenlohekreis, im Rems-Murr-Kreis und im Raum Karlsruhe. Inzwischen ist der Starkregen und die Strategien dagegen in aller Munde: Keine Gemeinde, die sich nicht damit befasst.

So makaber sich das auch anhört, das sei gut so, sagt Eberhard. Und zwar, weil es die Menschen sensibilisiere, etwas zu tun, in den Verwaltungen, aber auch in der Bevölkerung. „Solche Ereignisse wird es künftig immer häufiger geben“, ist der Ingenieur überzeugt. Schneller gehen beim Schutz wird es dennoch nicht. Denn bis die ersten Bagger rollen können, seien zuvor viele Verwaltungsschritte vonnöten.
Vor den ersten Maßnahmen sind viele Einzelschritte nötig
Konkret hieße das für Oberteuringen: Bevor überhaupt ein Büro beauftragt werden kann, muss die Gemeinde das Kernort-Starkregenrisikomanagement ausschreiben. Einfach so das Büro Wasser-Müller wieder beauftragen, weil es bereits die Erfahrung vor Ort mitbringt, geht nicht. Das ist gesetzlich geregelt. Zugleich muss der Zuschuss des Landes beantragt werden. Erst wenn der grundsätzlich bewilligt ist, darf die Gemeinde den Auftrag vergeben.

Kann das Büro starten, müssen zuerst Starkregen-Gefahrenkarten erstellt werden, dann wird das Überflutungsrisiko für alle Bereiche des beauftragten Gebietes ermittelt und bewertet und dann erst kann man sich an die Planung geeigneter Maßnahmen machen. Würde ein Büro bereits in den kommenden Monaten beauftragt werden können, würden voraussichtlich 2027 die nötigen Maßnahmen definiert sein. Erst dann kann aber der Zuschussantrag eingereicht werden. „Und bis dann tatsächlich das Geld fließt, können nochmals Jahre vergehen“, weiß Eberhard aus Erfahrung.
Das könnte man für Oberteuringen planen
Doch wie kann ein Starkregenrisikomanagement konkret für Oberteuringen aussehen? Weitere Rückhaltebecken am Rohmbach oberhalb der B33, eventuell Ableitungen in unbebaute Flächen unterhalb von Stadel und der B33. „Doch da hat man dann sofort wieder das Problem, dass die Grundstücke in privater Hand sind“, gibt Eberhard zu bedenken. Und Grundstücksverhandlungen können sich hinziehen. Vor drei Wochen sei er die Gebiete gemeinsam mit Vertretern der Feuerwehr abgegangen. Zuerst müsste man das neue Einzugsgebiet abgrenzen.

Rotach-Hochwasserschutz könnte mit Starkregenschutz kollidieren
Zwei spezifische Probleme gebe es: Erstens die Topografie. Bitzenhofen ist steil und liegt am Hang, der Kernort hingegen ist topfeben. „Wir werden immer das Wasser haben, das von Bitzenhofen her herunterdrückt“, sagt Eberhard. Zweitens der Hochwasserschutz entlang der Rotach. Der könnte mit einem Starkregenschutz kollidieren. Denn Maßnahmen, die bei Hochwasser wirken, etwa Dämme, könnten bei Starkregen die Lage verschlimmern. Es zeigt sich: Oberteuringen ist kein einfaches Gebiet – und ein besserer Schutz wird Jahre dauern und für die Gemeinde beträchtliche Kosten bedeuten.
Die Bürgerversammlung am Montag, 21. Oktober, findet im Gemeindezentrum „Die Post“ statt und beginnt um 18 Uhr.