Die Apothekerfamilie Koch in Oberteuringen ist verzweifelt. Der Starkregen, der am Mittwoch vor einer Woche den Ortskern von Oberteuringen unter Hochwasser gesetzt hat, hat die Kochs schwer getroffen: Die Rotach-Apotheke wurde, wie so viele andere Gebäude im Dorfzentrum, geflutet. Das komplette Inventar im Keller samt Warenlager ist durch Wassermassen zerstört worden, der Verkaufsraum ist ausgeräumt, der Betrieb steht still.
Die Not der Kochs ist groß: Fürs Gebäude gibt es zwar eine Versicherung mit Elementarschutz, für den Hausrat, also für alles bewegliche Inventar, aber nicht und auch der Betriebsausfall ist nicht versichert. Der Schaden dürfte in den sechsstelligen Bereich gehen.

Wie sie das stemmen sollen, wissen die Kochs an diesem Freitag nicht. Im leeren Verkaufsraum haben sich Mitbürger eingefunden, auch Gemeinderätin Birgit Locher ist da, ebenso Bürgermeister Ralf Meßmer und der FDP-Landtagsabgeordnete Klaus Hoher. Die Familie hat auf Facebook einen Spendenaufruf gestartet, unter dem Motto „Du brauchst uns, wir brauchen dich! – Jetzt spenden für den Wiederaufbau der Rotach-Apotheke!“ Diese Spendenaktion wird nun am Freitagnachmittag vorgestellt.

Seit einer Woche geht nichts voran
Am zermürbendsten sei aktuell das untätige Warten, sagt Mario Koch: Die Versicherung habe zwar noch am Donnerstag einen Gutachter vorbeigeschickt, rühre sich aber seither nicht mehr. Auch auf Drängen und Druck bekämen sie keine Antworten, seit einer Woche. Das heißt: Der Keller ist nach wie vor feucht, im Dunkel riecht es modrig. Die ersten Bautrockner sollen am Montag kommen. Bisher konnten die Kochs lediglich Schränke, Regale und Inventar herausreißen und wegwerfen, mehr noch nicht. Jeder Tag, der untätig verstreicht, macht den Schaden noch größer.


Komplettes Warenlager ist verloren
Alleine der Verlust des Warenlagers summiere sich auf 30.000 bis 40.000 Euro, sagt Koch. „Ein paar Dinge konnte ich am Mittwoch gerade noch retten, die habe ich einfach aus den Wänden gerissen.“ Sollte es nun aber nicht schnell wieder weitergehen, droht den Kochs der Verlust ihrer Existenz. Lange Wochen der Schließung würden sie nicht überstehen, sagt Koch.
Die einzige Apotheke in Oberteuringen
Nicht nur für die Familie wäre das ein Drama, auch für die Gemeinde wäre es ein herber Schlag: Die Rotach-Apotheke ist die einzige Apotheke im Ort, die nächsten sind in Ailingen oder Markdorf. „Bei 5000 Einwohnern ist eine Apotheke unheimlich wichtig“, sagt Anwohner Peter Geng. Der Rentner weist darauf hin, dass viele ältere oder kranke Mitbürger kein Auto hätten oder nicht mobil seien und auf eine Apotheke in der Nachbarschaft dringend angewiesen seien.

Bürgermeister Meßmer: Kann keine schnelle Hilfe versprechen
Das sieht man bei der Gemeinde durchaus auch so. Nur eine schnelle Hilfe kann auch Meßmer nicht versprechen. Ihm seien bei den finanziellen Mitteln die Hände gebunden, über die müsse der Gemeinderat mitentscheiden. Der trifft sich zu seiner konstituierenden Sitzung aber erst nächsten Donnerstag. Aktuell sei man noch in Gesprächen mit dem Landratsamt über finanzielle Unterstützung seitens des Landkreises, so der Bürgermeister. Die Gemeinde müsse aber auch die Kosten für Feuerwehr, THW und die Sanierung der Bachläufe in Bitzenhofen tragen.
Meßmer verwies am Freitag auch auf die Bürgerstiftung der „Teuringer für Teuringer“. Auch dort sammele man Spenden. „Die Stiftung hat die Aufgabe, schnell zu helfen“, so Meßmer. Im Gemeinderat am Donnerstag wolle man entscheiden, ob und wie die Gemeinde in die Soforthilfe einsteigen könne. Das Hochwasser habe die Gemeinde „total überrollt“.
Auch Hoher appellierte, nun schnell zu handeln. Er selbst werde sich mit dem Grünen-Landtagsabgeordneten Martin Hahn in Verbindung setzen und auf Hilfe des Landes drängen: „Ich bin in der Opposition, nicht in der Regierung, ich kann mich nur einsetzen.“ Birgit Locher, Landwirtin aus Unterteuringen und FW-Rätin, kritisierte, dass die tatsächliche Tragweite des Hochwassers und der Schäden in Oberteuringen beim Landkreis noch gar nicht angekommen zu sein scheinen: „Ist eine Soforthilfe deswegen kein Thema, weil es sich nur um unseren kleinen Ort handelt und nicht um ein großes betroffenes Gebiet?“, fragt sie.

Gestartet wurde die Spendenaktion vor drei Tagen. Die erste Resonanz sei bereits groß gewesen, sagt Apothekenmitarbeiterin Christine Heilig. Auch Susanna Koch berichtet, dass in den vergangenen Tagen bereits viele Mitbürger gekommen seien und ihre Hilfe angeboten hätten. „Wir bekamen Essensspenden und Geräte wie Nasssauger und Hochdruckreiniger.“ Ihre Tochter Katharina ergänzt: „Jede Spende hilft uns, auch kleine Beträge.“ Ein Medikamentenkühlschrank und ein Tresor für Betäubungsmittel seien nun am dringlichsten, um zumindest im Verkaufsraum wieder starten zu können.