Der Gemeinderat hat nun beschlossen, welche Schritte die Stadt unternehmen wird, um mit ihrer Wärmeplanung voranzukommen. Zunächst soll eine Prüfung des Stromnetzes erfolgen, bei dem es zu klären gilt, ob die lokalen Stromleitungen dem künftig zu erwartenden stark erhöhten Strombedarf gewachsen sind. Schließlich ist zu erwarten, dass künftig deutlich mehr Wärmepumpen in Betrieb gehen, um fossile Energieträger wie Öl oder Gas zu ersetzen.
Des Weiteren soll untersucht werden, ob sich in der Kernstadt sowie im Bereich Heggelinstraße/Ensisheimer Straße Wärmenetze einrichten lassen. Geklärt werden soll überdies die Weiter- beziehungsweise Nachnutzbarkeit der bereits vorhandenen Wärmenetze im Lichtenberg-Areal und in Markdorf-Hepbach. Mit diesen fünf Maßnahmen kommt die Stadt den Vorgaben des Klimaanpassungsgesetzes des Landes nach. Der Gesetzesgeber verlangt, dass innerhalb von fünf Jahren mindestens fünf Maßnahmen umgesetzt werden müssen, nachdem die vom Staat geförderte kommunale Wärmeplanung vorliegt.

Vor allem Geo- und Solarthermie
Wie Lucy Kraus, Projektingenieurin beim beauftragten Stuttgarter Büro EGS-plan, erläuterte, kämen vor allem Geo- und Solarthermie infrage, außerdem Wärmepumpen und Biomasse. Der Aus- beziehungsweise Aufbau von Wärmenetzen für mehrere Gebäude biete sich bisher allein in einigen Innenstadtbereichen an, in fünf der insgesamt 53 als Cluster bezeichneten Teilbereichen der Stadt.
Demgegenüber gelte für die 48 übrigen Cluster mit einem Anteil von 91 Prozent der Markdorfer Fläche, dass die Hauseigentümer ganz individuell handeln müssten, wenn sie ihre Gebäudeheizung an den Anforderungen des Gebäudeenergiegesetzes ausrichten wollen. In den allermeisten Fällen würden sie wohl auf Geothermie oder Solarthermie zurückgreifen, so die Prognose der ESG-plan-Mitarbeiterin.

Freie-Wähler-Sprecher Dietmar Bitzenhofer zeigte sich ratlos: Er wohne in der eng bebauten Obertorstraße. „Da habe ich auf meinem Grundstück einfach keinen Platz für Geothermie und eine Wärmepumpe wäre zu laut für die Nachbarn.“ Eine konkrete Antwort hatte auch Kraus nicht. „Noch befinden wir uns auf der Ebene der rein abstrakten Diskussion“, erklärte dazu Bürgermeister Georg Riedmann. Detailprobleme würden später betrachtet werden.
Zeithorizont bis 2035 ist zu knapp
Dies sei auch ihm klar, so Bitzenhofer, doch: „Mir erscheint unser Zeitplan relativ gewagt“ erklärte er mit Blick auf das selbst gesteckte Ziel einer klimaneutralen Stadt bis 2035. Ähnlich skeptisch äußerte sich auch Uwe Achilles in Bezug auf den Zeitplan. Der Sprecher der SPD/Die Grünen-Fraktion erinnerte an den Sanierungsstau bei den städtischen Gebäuden. „Wie realistisch ist es, dort bis 2035 von fossilen Energieträgern auf nicht-fossile umzusteigen?“ Eva Glöggler, die Klimaschutzbeauftragte der Stadt, räumte ein: „Der Zeitplan ist eng, da ist nicht unbedingt alles umzusetzen.“

Bitzenhofers Fraktionskollege Markus Gantert erkundigte sich nach der Netzkapazität. „Was machen wir, wenn 2028 herauskommt, dass unser Netz nicht hält?“ Ihm versicherte Lucy Kraus, dass die Leistungsfähigkeit schon von diesem Jahr an dauerhaft untersucht werde, eben durch den Stromnetzcheck.
Grundsätzliche Zweifel äußerte FDP-Stadtrat Rolf Haas. Aus seiner Sicht ließen die von den Planern präsentierten Zielszenarien „viel zu viele Was-wäre-wenn-Fragen offen“. Außerdem sei offen, wie jene Hauseigentümer handeln müssten, die ihr Heizungssystem erst vor Kurzem saniert hätten, aber etwa noch auf Öl oder Gas setzen würden.

Umweltgruppe fordert Transparenz
Der Sprecher der Umweltgruppe (UWG), Joachim Mutschler, sprach die Zukunft des Gasnetzes an. Er erinnerte an die anstehenden Verhandlungen der Stadt mit dem Stadtwerk am See über einen neuen Konzessionsvertrag. Er wundere sich, dass man beim Stadtwerk offenbar immer noch darauf setze, dass auch in Zukunft Erdgas durchs Netz fließe, nachdem die EU den Netzbetreibern inzwischen doch freie Hand für die Gasnetz-Stilllegung gewährt habe.
In einem Antrag fordert die Umweltgruppe, dass der Gemeinderat über Laufzeiten und Kündigungsfristen des Gaskonzessionsvertrages, aber auch über eventuelle Gasnetz-Stilllegungspläne informiert werde. Außerdem will die UWG Auskunft darüber, „wie ein Netzstilllegungsplan des Stadtwerks am See, der auf die Klimaneutralität Markdorfs bis 2035 ausgerichtet ist, aussehen könnte“ und wie dies Stadt bei ihren Konzessionsverhandlungen darauf Einfluss nehmen könnte. Denn andernfalls gelte: „Von allein bewegt sich nichts.“

CDU-Stadtrat Erich Wild sagte, er gehe davon aus, dass es während einer Übergangszeit „Hybridlösungen“ geben werde, bei denen das Gas noch deutlich länger eine Rolle spielen werde als bis 2035. Riedmann pflichtete ihm bei: Davon könne man Stand jetzt ausgehen. Auch in der Planung des Büros EGS ist für das Energieträger-Zielszenario 2035 noch ein kleiner Teil an sogenanntem „Grünen Gas“, also Gas, das aus erneuerbaren Energiequellen gewonnen wird, enthalten.