Warum haben Sie in der Feuerwehr angefangen?
Wittmer: Mein Mann war damals Gerätewart bei der Feuerwehr und wir sind 1976 in das alte Feuerwehrhaus unten beim Staatsweingut eingezogen. Der Notruf ging direkt in der Wohnung ein und der Funkraum war gleich neben der Wohnung. Ich habe dann in Notfällen automatisch den Funk mitbedient. Bei großen, mehrstündigen Einsätzen habe ich dann Vesper und Getränke für die Feuerwehrmänner in den Kinderwagen zu meinem Kind gepackt und habe die Männer versorgt. Die Kameraden haben dann irgendwann gemeint, so geht das nicht mehr weiter, ich bräuchte ein Fahrzeug. Um ein Feuerwehrfahrzeug zu fahren, braucht man aber eine Ausbildung und eine Versicherung und die gab und gibt es nur für Mitglieder der Wehr. Also stellten die damaligen Kameraden dementsprechende Anträge für meine Aufnahme. Drei oder vier Anläufe hat es gebraucht, bis alle, einschließlich der Kommandant, einverstanden waren.
Wicker: Ich komme aus einer Feuerwehrfamilie, mein Papa ist in der Feuerwehr und hat mich schon früh gefördert. Als kleines Kind bin ich am Tag der offenen Tür im Feuerwehrauto mitgefahren und war im Feuerwehrhaus. So war ich als Kind schon heiß darauf, in die Feuerwehr einzutreten. Mit neun Jahren bin ich in die Jugendfeuerwehr an meinen damaligen Wohnort Friedrichshafen eingetreten und habe dann immer weiter gemacht. Die tollen Kameradschaften von damals sind mir bis heute als Freundschaften geblieben.
Was machen oder haben Sie jeweils bei der Feuerwehr gemacht?
Wittmer: Damit ich als aktive Feuerwehrfrau aufgenommen werden konnte, musste ich die Grundausbildung machen. Ich habe an Wettkämpfen teilgenommen und eine Bronzemedaille gewonnen. Zusätzlich habe ich den Lehrgang zur Funkerausbildung besucht. In Bruchsal war ich später noch einmal bei einem Sonderlehrgang. Im Neubau des Feuerwehrhauses war ab 2001 die Zentrale dann mein Platz. Wenn auf der Arbeit mein Pieper runterging, bin ich wie alle Wehrleute ins Feuerwehrhaus geeilt und habe vom Funk aus die Einsätze koordiniert und für weitere Einsatzkräfte oder Nachschub gesorgt. Das habe ich bis vor zwei Jahren gemacht, heute geht ja viel mehr über die Leitstelle.
Wicker: Ich mache alles, was geht. Zur Zeit bin ich dabei, die Ausbildung zum Atemschutzträger zu machen. Nebenbei mache ich den Lastwagen-Führerschein, um später alle Fahrzeuge der Wehr fahren zu können. Den Maschinistenlehrgang habe ich absolviert. Zudem bin ich Teil des Betreuungsteams der Kinderfeuerwehr. Ich möchte weiter aufsteigen und für die Zukunft könnte ich mir vorstellen – bei entsprechender Eignung – auch verantwortungsvolle Posten zu übernehmen.
Würden Sie Ihre Rollen tauschen wollen?
Wicker: Ich wollte nicht nur im Büro sitzen, da würde mir das Adrenalin fehlen. Im Beruf sitze ich bereits den ganzen Tag im Büro, da bin ich froh um den Ausgleich bei der Feuerwehr. Es ist jedes Mal eine Herausforderung, fast schon ein Kick, wenn man zu Einsätzen fährt. Draußen am Geschehen dabei zu sein, eine Lösung zu finden, das ist schon etwas Besonderes. Ich bin froh, dass es Frauen wie Lucia gibt, die vor mehr als 30 Jahren angefangen haben, uns den Weg zu ebnen, sodass wir heute unproblematisch das Gleiche tun können wie die Männer. Ich habe in Österreich studiert und war da tatsächlich die erste Frau in einer örtlichen Feuerwehr. Da konnte ich ein wenig nachvollziehen, wie die ersten Frauen sich hier gefühlt haben müssen. Wenn es heute nur die Möglichkeit der Bürotätigkeit in der Zentrale für uns Frauen gäbe, so würde ich trotzdem in die Feuerwehr eintreten, aber ich würde alles daran setzen und kämpfen, um in den aktiven Dienst zu kommen.
Wittmer: Ich wollte gar nicht aktiv an den Einsätzen teilnehmen. Für mich war das damals gar kein Thema, auch, wenn andere Frauen zu der Zeit schon im Brandschutz waren. Die erste Frau im Bodenseekreis zum Beispiel war die Tochter des Heiligenberger Kommandanten und in Konstanz gab es eine Zeit lang einen ganzen Zug aus Frauen. Aber mein Platz war die Zentrale, da habe ich mich wohlgefühlt.
Wie klappt die Zusammenarbeit mit den Männern?
Wittmer: Es war immer eine super Kameradschaft, wir waren immer eine Einheit. Jeder war froh, dass ich da war – und wenn es nur darum ging, mal während eines Wettbewerbs schnell noch einen Knopf anzunähen. Die Frauen der Kameraden haben oft geholfen, Vesper zu richten oder Ähnliches. Und nach den Einsätzen sind wir früher dann auch zusammengesessen und haben geredet. Es war eine sehr schöne Zeit.
Wicker: Es funktioniert gut. In jeder sozialen Struktur muss man seinen Platz finden. Man lernt, für sich einzustehen, zu argumentieren und standhaft zu sein. Im Einsatz muss alles funktionieren, ich habe gelernt, auf die Kameraden zu vertrauen. Meine Kameradinnen und ich sind voll anerkannt. Es gibt auch Männer, die schwere Sachen nicht alleine tragen können, wir sind immer im Team und so gibt es für jeden eine Aufgabe. Mir kommt es nicht drauf an, als Frau wahrgenommen zu werden, hier ist das Geschlecht unwichtig, es zählt nur, ein vollwertiger Kamerad zu sein. Und wer beim gemeinsamen Umziehen für den Einsatz Zeit hat, dem anderen auf den Hintern zu schauen, der ist einfach nicht schnell genug – und das gilt für alle Geschlechter.