Es ist kurz vor fünf Uhr morgens. Im Frei- und Strandbad Meersburg herrscht bereits reges Treiben. Patrick Boche und sein Team von Bodensee Openwater bauen am Samstagmorgen Tische und den Zielbereich auf. Währenddessen bereiten sich 21 Sportlerinnen und Sportler auf ein Rennen vor, das bereits zum neunten Mal ausgetragen wird: Bodensee Openwater Q5 und Q10. Was sich wie eine Geheimsprache anhört, beschreibt schlichtweg die Distanz von fünf Kilometern zwischen Meersburg und Konstanz. Die Starter vom Q10 absolvieren die Strecke doppelt.

Startschuss um 5.15 Uhr
Mittlerweile sind die 21 Langdistanzler im Wasser und Patrick Boche gibt mit einer Pistole pünktlich um 5.15 Uhr den Startschuss. Die DLRG begleitet das Feld mit Booten, SUPs und Kanus und der Veranstalter muss sich sputen, denn in Konstanz warten 180 weitere Schwimmerinnen und Schwimmer, die sich auf den Start zum Q5 vorbereiten. Mit einem Motorboot geht es auf dem direkten Weg über den See. Auf dem Weg wird der Meersburger Horizont in ein tiefes Rot getaucht. Die Sonne kämpft sich hinter den Wolken empor.

Um 6 Uhr machen sich in Konstanz die Schwimmerinnen und Schwimmer startklar und gehen ins Wasser. Zehn Minuten später ist es soweit: Ein eindrucksvolles Feld wirbelt den Bodensee auf und macht sich auf den Weg, der Sonne entgegen. Noch versteckt sich diese hinter den Wolken – doch pünktlich um 7 Uhr lugt sie hervor und es ist so, als ob jemand eine Heizung anmacht. Die Betreuer genießen die wärmenden Sonnenstrahlen. Für viele Teilnehmer im Wasser ist sie die wohl größte Herausforderung, denn mit der Blendung ist die Orientierung im Wasser gar nicht so einfach.

Sieger kämpft gegen Schwindel
Über die fünf Kilometer kommt Enzo Fath aus Haslach am besten zurecht. Nach einer Zeit von 1:23:43 erreicht der Vorjahressieger erneut als Erster das Frei- und Strandbad in Meersburg. Dieses Mal hat er aber keinerlei Konkurrenz und kann sich Zeit lassen. „Es war dieses Mal etwas anspruchsvoller“, sagt der Leistungsschwimmer vom SSV Freiburg. „Es hatte teilweise Wellen und mir wurde es zwischendurch sogar einmal kurz schwindlig.“ Am Ende zeigt sich Enzo Fath zufrieden und freut sich, dass er sein Ziel erreicht hat: den Sieg zu verteidigen.

Kurz hinter ihm kommen zwei weitere Schwimmer ins Ziel. In Meersburg angekommen, umarmen sie sich bereits im Wasser. Als Zweiter kommt Alex Eckervogt aus Konstanz aus dem Wasser, der von seinem Freund Damian Wierling aus Essen begleitet wird. Dieser ist im Wasser allerdings kein Unbekannter, denn der 29-Jährige ist 14-facher deutscher Meister im Becken und nahm als immer noch amtierender deutscher Rekordhalter über 50 Meter Freistil bei zwei Olympischen Spielen teil. „Es war aber erst sein zweites Rennen im Freiwasser“, so Damian Wierling. Und Alex Eckervogt betont: „Ohne ihn wäre es für mich ganz schwer geworden. Damian hat mich am Ende super gezogen.“

Zu dieser Zeit steht eine Dreiergruppe mit Fernglas am Ufer. Die Personen unterhalten sich auf Polnisch. Und sie erwarten die jüngste Schwimmerin im Rekordteilnehmerfeld: Die 13-jährige Julia Wiatrowska aus der Nähe von Breslau. Sie ist mit ihrer Mutter einen Tag zuvor 15 Stunden lang mit dem Bus an den Bodensee gefahren. Nach 2:07:07 Stunden steigt sie mit einem breiten Grinsen und unter dem Jubel der mittlerweile fast 200 Besucher aus dem Wasser.

In gebrochenem Englisch gibt sie den Pressevertretern von Zeitungen und Fernsehen geduldig Auskunft. „Das Wasser war anfangs noch recht kalt“, sagt sie. „Mit der Zeit ging es dann immer besser.“ Mit der Orientierung sei es aber durch die Sonne recht schwer gewesen, sagt die zweitbeste Freiwasserschwimmerin Polens in ihrem Jahrgang. „Die Atmosphäre hier ist echt super“, sagt Julia Wiatrowska, die von ihrer Mutter sowie ihrer Tante und ihrem Onkel aus Osnabrück betreut wurde.
Erst mit 65 Jahren zum Kraul-Stil
Deutlich nach der jüngsten kam die wohl älteste Teilnehmerin aus dem Wasser: Beate von Witzleben aus Konstanz. Die 73-Jährige ist bereits zum vierten Mal dabei und sagt: „Im Vergleich zu den Vorjahren war es recht leicht heute.“ Es seien perfekte Bedingungen gewesen. Dann erzählt sie, dass sie noch im vergangenen Jahr einen Bänderriss in der rechten Schulter hatte und von der Schwimmstrecke zwischen Konstanz und Meersburg schon als Schülerin geträumt habe – und dass sie erst mit 65 Jahren angefangen habe zu kraulen.

Der Schnellste über die zehn Kilometer ist zu diesem Zeitpunkt schon fast eine Stunde im Ziel. Jens Poppe vom SV Neptun Breisgau hat seinen Sieg vom Vorjahr ebenfalls wiederholt. „Dieses Jahr war es aber deutlich schwieriger“, sagt er. „Es hatte eine starke Strömung, auf dem See immer wieder Wellen und das Wasser war irgendwie kalt.“ Deshalb seien auch keine Bestzeiten drin gewesen. Kurz vor dem Ziel zwickte es in seiner Wade und in der Schulter, doch der Empfang seiner Frau im Frei- und Strandbad habe ihn angetrieben. Für die zehn Kilometer benötigt Jens Poppe dieses Mal 2:56:13 Stunden.

„Es war einmal mehr ein tolles Schwimmevent bei traumhaften Bedingungen“, resümierte Patrick Boche nach dem Rennen. „Der Dank geht natürlich an das Frei- und Strandbad Meersburg, wo wir uns sehr wohlfühlen, und an die DLRG, die dieses Jahr einiges auf dem Wasser zu tun hatte.“ Aber auch allen Helferinnen und Helfern dankte er und freut sich schon auf das kommende Jahr. Zum zehnten Geburtstag plane er „etwas Besonderes“.