Nach dem Dachstuhlbrand am 23. September in der Lichtenwiese in Meersburg sieht es auf dem Gelände der Mehrfamilienhäuser noch verheerend aus. Statt des Dachs ist ein klaffendes Loch zu sehen, an der Stirnseite blättert ein Teil der Dämmung. Rot-weiß-gestreifte Absperrbänder flattern im Wind, auf der Wiese der betroffenen Haushälfte liegen Dachziegel und Reste des Schornsteins. Zerbrochene Ziegel türmen sich vor der Haustür der Nummer 21.

Beim Vor-Ort-Termin mit dem SÜDKURIER tragen Bewohner notwendige Dinge aus ihren Wohnungen, sie sind bekleidet mit Gummistiefeln und Schutzmasken – vorsichtshalber, um keine schädlichen Stoffe einzuatmen. Die Wohnungen im Erdgeschoss und im ersten und zweiten Obergeschoss sind zum Betreten freigegeben; dort zu übernachten, wird jedoch nicht empfohlen. Mehr Auskunft möchten die Bewohner nicht geben, zu tief sitzt noch der Schock.

Vom Frühstück weg direkt zum Brandort

An ihrer Stelle berichten auf Nachfrage die beiden Mitglieder des Eigentümerbeirats, Bernd Stecher und Ulli Zimmerer, stellvertretend für Eigentümer und Mieter der insgesamt 24 Wohnungen.

Ulli Zimmerer und Bernd Stecher eilten unmittelbar zum Brandort, um dort Bewohnern zu helfen.
Ulli Zimmerer und Bernd Stecher eilten unmittelbar zum Brandort, um dort Bewohnern zu helfen. | Bild: Lorna Komm

Bernd Stecher, der selbst ein paar Häuser weiter wohnt, saß am Morgen des Brandes beim Frühstück, als seine Tochter, die in Haus Nummer 21a lebt, aufgeregt anrief und berichtete, dass es nebenan brenne. Beim Blick aus dem Fenster sah er die Flammen lodern. Er sei gleich hinübergelaufen, und als er die Feuerwehrfahrzeuge gesehen habe, habe er das Ausmaß des Einsatzes erst richtig begriffen.

Mit Decken, Kaffeemaschine und Wasserkocher zum Sammelpunkt

Er rief die Hausverwaltung an, um sie zu informieren. Dann habe er sich gefragt: „Wie kann ich helfen?“ Er brachte die Bewohner, die teils nur in leichter Bekleidung im Freien standen, zum Pavillon des Deutschen Roten Kreuzes. Während er dann Decken, Kaffeemaschine und Wasserkocher zum Sammelpunkt trug, seien andere Nachbarn mit Tassen oder Essen gekommen, um die Helfer bei der Versorgung der Bewohner und Einsatzkräfte zu unterstützen. Später habe er als Bindeglied zwischen Bewohnern, Hausverwaltung und Rettungskräften fungiert, erklärt Stecher.

Das Dachgeschoss der Haushälfte ist komplett ausgebrannt.
Das Dachgeschoss der Haushälfte ist komplett ausgebrannt. | Bild: Lorna Komm

Ulli Zimmerer, der in der nicht vom Feuer betroffenen Haushälfte 21a wohnt, stand gerade unter der Dusche, als es Sturm bei ihm klingelte. Er lief ins Freie und sah die vier bis fünf Meter hohen Flammen aus dem Dach nebenan schlagen. Dann habe er viele Dinge ganz automatisch getan, wie er erzählt: „Manches davon auch total irrational“, sagt er am Tag danach, mit etwas Abstand. „Ich habe meine Wohnungstür abgeschlossen.“ Auch er half, die Bewohner der betroffenen Wohnungen zum Pavillon des Roten Kreuzes zu bringen.

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Nachbarn bringen Essen für die Bewohner vorbei

Ulli Zimmerer, der wie auch Bernd Stecher am Brandtag nicht zur Arbeit gehen konnte, ist begeistert über die große Solidarität der Nachbarschaft in dem Stadtviertel. „Es war fantastisch, wie viele Menschen Essen gebracht haben.“ Auch den Einsatz der Hausbewohner lobt er. Im Brandobjekt Nummer 21 sei ein Mieter durch alle Stockwerke gegangen und habe an alle Türen geklopft, um die anderen Bewohner zu informieren und dafür zu sorgen, dass alle das Haus verlassen.

Dach und Fenster fehlen im Dachgeschoss. Ziegel und Teile des Schornsteins liegen noch auf der Wiese.
Dach und Fenster fehlen im Dachgeschoss. Ziegel und Teile des Schornsteins liegen noch auf der Wiese. | Bild: Lorna Komm

Im Haus 21a mussten alle Wohnungstüren aufgebrochen werden, da zunächst unklar war, ob alle Bewohner dort ins Freie gegangen waren. Die Hausverwaltung habe dafür gesorgt, dass die Türen bis zum Abend repariert waren, auch das Treppenhaus sei gereinigt worden. Als Laie beurteile er auch die Zusammenarbeit der verschiedenen Feuerwehren und Rettungskräfte als „sehr gut.“

Bürgermeister lobt Zusammenarbeit der Feuerwehren

Bürgermeister Robert Scherer, der am Brandtag bis zum frühen Nachmittag vor Ort war, lobt am Abend in der Stiftungsratssitzung ebenfalls die Zusammenarbeit der verschiedenen Wehren: „Das war ein Vorzeige-Einsatz der interkommunalen Zusammenarbeit!“ Neben den Drehleitern aus Meersburg und Uhldingen-Mühlhofen sei der Hubsteiger der ZF-Werksfeuerwehr aus Friedrichshafen zum Einsatz gekommen. Dieser sei angefordert worden, da der Ausleger etwas länger sei und bis an die hinterste Ecke des Gebäudes reichte. So habe man verhindern können, dass das Feuer auf das nächste Haus übergreift.

„Für mich war das ein Großbrand“

Robert Scherer lobte namentlich die freiwilligen Helfer Bernd Stecher und Ulli Zimmerer, ebenso die Mitarbeiter des Ordnungsamts, Ulrike Staiger-Heinzmann und Dejan Jovcic, die es trotz der noch auslaufenden Saison geschafft hätten, für die rund 20 Betroffenen bei Bedarf Unterkünfte zu besorgen. „Es waren wirklich viele Menschen betroffen, für mich war das ein Großbrand“, meinte Scherer, auch wenn es sich fachlich um einen Dachstuhlbrand gehandelt habe.