In den 70er-Jahren schwammen sie gegen den Strom: Meersburg sowie Hagnau, Stetten, Daisendorf und Uhldingen-Mühlhofen entschieden sich, den Gemeindeverwaltungsverband Meersburg (GVV) zu bilden. Stetten, Hagnau und Daisendorf gehören zu den flächenmäßig kleinsten Gemeinden im Bodenseekreis – durch den GVV blieben sie selbstständig. Die Existenz des Verbands wird nach knapp 50 Jahren allerdings erneut infrage gestellt.
Im Meersburger Gemeinderat sollte die Neustrukturierung diskutiert werden. In der Satzung steht unter anderem: „Der Verband berät die Mitgliedsgemeinden bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben.“ Auch sind Aufgaben aufgeführt, die für die Kommunen erledigt werden. In einer Vereinbarung wurden 2020 „erstmals die an den Verband übertragenen Aufgaben sehr weitreichend festgelegt und die notwendige Personalausstattung und -kostenerstattung über eine Personalbedarfsanalyse ermittelt“, heißt es in einer Sitzungsvorlage.
Meersburg stellt Personal
Dennoch ergeben sich immer wieder Abgrenzungsprobleme. Meersburg stellt das Personal für den GVV. Laut Kämmerin Heike Sonntag, die dem Verband als Geschäftsführerin vorsteht, besteht oftmals Klärungsbedarf, wenn Mitarbeiter sowohl Aufgaben für die Stadt Meersburg als auch für den GVV erledigen, bei dem die Stadt ebenfalls Mitglied ist. 11,6 Stellen verteilen sich dabei auf 23 Personen. Die Refinanzierung einer Aufgabe werde nicht immer ausreichend und rechtzeitig in die Wege geleitet. „Vereinfacht gesagt, ist selbst die Auswahl des Briefkopfes manches Mal eine Herausforderung“, erklärt die Stadtverwaltung. „Dies kann im Extremfall dazu führen, dass erlassene Bescheide aufgrund von Formfehlern für unwirksam erklärt werden und die Gemeinden finanzielle Verluste wegen Verjährung erleiden könnten.“
Zudem hätten ortsunkundige Außenstehende Schwierigkeiten, stets die passenden Ansprechpartner für GVV-Belange bei der Stadt Meersburg zu finden. Mit Inkrafttreten des neuen Umsatzsteuerrechts für Kommunen ist ferner zu befürchten, dass die bisherige Personalgestaltung mehrwertsteuerpflichtig wird. Hinzu kommt, dass die Situation im Rathaus keine weiteren Arbeitsplätze zulässt. Gutachten befürworten die Auslagerung des Verbands. Personalrat und Mitarbeiter wurden bereits informiert. Letztere sollen in den GVV versetzt werden.
Die Stadtverwaltung erbat von den Gemeinderäten unter anderem den Beschluss darüber, die Stellenanteile auszulagern und weitere Fragestellungen zu prüfen. Die Ratsmitglieder reagierten jedoch mehrheitlich kritisch. Die Debatte wurde, wie schon in der Vergangenheit, mit deutlichen Worten geführt. Markus Waibel (FWV) sagte: „Auf die Stadt Meersburg herrscht ein Druck von außen, der nicht gerechtfertigt ist.“ Auch wollte er wissen, wer die Mitarbeiter künftig betreuen wird. Peter Schmidt (CDU) zielte darauf ab, wie schwierig es heute ist, „gute Leute zu haben und zu halten“. Schmidt: „Das sparen sich unsere vier Kollegen um uns herum.“ Christian Herter (Umbo) fragte, ob die Stadt Meersburg die einzige sei, die Personal mitbringe, oder auch mal die anderen könnten. Heike Sonntag entgegnete: „Nur wir machen Verbandsaufgaben.“
Viele Fragen noch offen
Peter Schmidt interessierte sich noch dafür, wer für „dieses Gesamtkonglomerat“ verantwortlich ist. Bürgermeister Robert Scherer als Vorsitzender? Heike Sonntag als Geschäftsführerin? Sonntag versicherte: „Es wird auf jeden Fall ein Organigramm und eine Struktur in diesem Verband geben.“ Zunächst sollen die Mitarbeiter weiter im Rathaus sitzen. „Es könnte aber irgendwann ein räumliches Thema werden“, sagte Bürgermeister Scherer in der Sitzung. Georg Dreher (CDU) sprach sich dafür aus, die Raum- und Mietfrage allerdings gleich zu klären. Boris Mattes (SPD) bemängelte: „Die in der Diskussion aufgeworfenen Fragen sind immer noch offen.“ Wer geht mit in den Gemeindeverwaltungsverband? Gibt es mehr Personal für die Stadtverwaltung Meersburg? Oder wer zahlt neue Computer? „Die Mitarbeiter können ihre ja nicht mitnehmen“, sagte Mattes und schloss: „Immer müssen wir mit allem anfangen.“
„Wir schleppen sie durch“
Peter Schmidt und Peter Köstlinger, beide CDU, stellten hinsichtlich Stetten, Hagnau und Daisendorf das ganze Konstrukt GVV infrage. Schmidt nannte das Stichwort Eingemeindungen und meinte: „Das kommt, dass sich die Gemeinden so nicht halten können.“ Köstlinger fügte hinzu: „In fünf, zehn, 15 Jahren wird es so kommen, dass sie kein Geld mehr haben. Stetten, Daisendorf und Hagnau müssen offen eingestehen, dass sie nicht lebensfähig sind. Sie müssen einsehen: Wir schleppen sie durch.“ Diese von ihm geschilderte Rolle Meersburgs sah Köstlinger durch eine neue Verbandsstruktur und womöglich eine Immobilie „noch mehr in Beton gegossen“. Köstlinger schlug vor, dass die kleinen Kommunen gemeinsam eine schlagkräftige Gemeinde bilden könnten. Uhldingen-Mühlhofen ließ er in seinen Äußerungen außen vor.
Der Tagesordnungspunkt wurde am Ende vertagt. Die Gemeinderäte wollten die weitergehenden Fragestellungen vor einem Grundsatzbeschluss geklärt wissen. „Die Verwaltung wird die Thematik vertiefter aufarbeiten und den Tagesordnungspunkt in einer der kommenden Sitzungen erneut auf die Tagesordnung nehmen“, teilte Bürgermeister Scherer mit.