Wenn Andre Baumann, Staatssekretär im Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft, an die Anfänge des Projekts „Lebensraum Golfplatz“ zurückblickt, muss er schmunzeln. Seine Idee, die Artenvielfalt auf den Golfplätzen zu fördern, sei anfangs eher mit Irritation aufgenommen worden. Da hätten sicherlich auch die Vorurteile gegen Golfer eine Rolle gespielt, sagte Baumann bei einem Besuch auf dem Golfplatz in Owingen.
Bund für Umwelt und Naturschutz als Partner beteiligt
Das Projekt soll die Artenvielfalt auf Golfplätzen fördern. Partner ist der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), der den Golfclubs mit Rat und Tat zur Seite steht und den Betreibern der Plätze nach einem Rundgang Hinweise und Tipps zur besseren Umsetzung der Maßnahmen gibt.
Nachbarland Bayern greift Pilotprojekt aus Baden-Württemberg auf
Er selbst habe schon davor festgestellt, dass viele Golfplätze sich „gescheit“ um die Natur kümmerten, sagt Andre Baumann. Diejenigen, die es bislang nicht getan hätten, könnten durch das Projekt ins Boot geholt werden: „Heute gehört das Projekt zu den erfolgreichsten des Ministeriums.“ Die Zahl der Golfplätze, die mitmachten, steige kontinuierlich. Von den 87 Plätzen in Baden-Württemberg gehören inzwischen 56 dem Projekt an. Das Pilotprojekt habe außerdem das Nachbarland Bayern zu einem ähnlichen Ansatz inspiriert.

Baumann will auch Golf spielende Entscheidungsträger aus der Industrie erreichen
Ihn selbst habe vor allem der Gedanke inspiriert, dass auf Golfplätzen viele Entscheidungsträger aus der Industrie anzutreffen seien: „Wenn die dann über Blühstreifen sprechen und die Idee mit in ihre Unternehmen tragen, kann viel erreicht werden. Die Gesamtfläche der Grünflächen der Industrie in Baden-Württemberg umfasst heute schon das Dreifache der Gesamtfläche aller Naturschutzgebiete des Landes.“

„In meinem Heimatclub wird für jeden gespielten Birdie ein Nisthäuschen an der jeweiligen Bahn aufgehängt. Inzwischen gibt es keine Bahn mehr ohne Nisthäuschen.“Otto Leibfritz
Otto Leibfritz, Präsident des baden-württembergischen Golfverbands, schildert: „Man hat gemerkt, dass den Golfern der Naturschutz am Herzen liegt.“ In seinem Heimatclub werde etwa für jeden gespielten Birdie – das ist der Golferjargon für ein Ergebnis, das einen Schlag unter der Bahnvorgabe liegt – ein Nisthäuschen an der jeweiligen Bahn aufgehängt: „Inzwischen gibt es keine Bahn mehr ohne Nisthäuschen.“
Rund 60 Prozent der Fläche eines Golfplatzes werden nicht bespielt
Auch müsse man bedenken, dass rund 60 Prozent der Fläche eines Golfplatzes gar nicht bespielt werde. Dieser könne der Natur uneingeschränkt zur Verfügung stehen. Wenn dort dann Lebensräume für Insekten entstünden, könnten diese für Bildungsarbeit genutzt werden: „Es geht dabei nicht nur um die Erwachsenen. Wir können da auch den Kindern zeigen, was alles kreucht und fleucht.“

Verantwortliche sehen auch einen Bildungsauftrag beim Verein
Auch der Präsident des Golfclubs Owingen-Überlingen, Jean-Claude Parent, sieht durch das Projekt Vorteile für die Clubmitglieder; allein schon der Erholungswert steige dadurch. Er beton aber auch den Bildungsauftrag, der mit der Projektarbeit einhergehe. Während Blühwiesen, Blühstreifen und Honigbienen positiv im Club aufgenommen worden seien, hätten Maßnahmen wie Totholz-Stapel und Steinhäufen eher für Irritation gesorgt. Hier komme dann die interne Bildung für Clubmitglieder ins Spiel.

Weder Herbizide noch Pestizide auf dem Gelände im Einsatz
Clubmanagerin Katharina Enkelmann ergänzt, dass sich Golfer, aber auch Spaziergänger besonders über die alten Obstsorten freute, die auf dem Gelände wüchsen: „Das ist alles Bio-Obst und meist schon geerntet, bevor es richtig reif wird.“ Auf dem Gelände würden keinerlei Pestizide oder Herbizide eingesetzt. Die Jugendgruppe des Clubs werde in die Arbeit am Projekt eingebunden. So rückten die Junggolfer dem Sauerampfer zuleibe – das hatte der BUND nach einem Rundgang zur Pflege der Blühfläche angeregt. Generell merke man, dass die Menschen sich auf dem Goldplatz wohlfühlten. Gerade auch zur Corona-Zeit seien viele Menschen zum Spazierengehen hergekommen und dem Gelände seitdem treu geblieben.