Der Countdown läuft. Die Schule Schloss Salem feiert am 3. April ihr 100-jähriges Bestehen. Rund um diesen internen Festtag gibt es ein vielfältiges Programm, unter anderem die Vortragsreihe „Salemer Salon“. Eröffnet wurde sie mit einem dokumentarischen Porträt über den Reformpädagogen Kurt Hahn, der das weltberühmte Internat im Jahr 1920 zusammen mit Prinz Max von Baden aus der Taufe gehoben hatte.
„Aus Salem ist eine Bewegung geworden“
„Der Stein, der 1920 in Salem ins Wasser geworfen wurde, hat weltweit Wellen geschlagen“, sagte Sophie Weidlich. Sie gilt als ausgewiesene Kennerin von Hahns Vita und seines Wirkens. Ihr Großvater war ein Freund von Kurt Hahn, ihr Vater, der 1965 das Kurt-Hahn-Archiv gründete, war ein Zögling der Schlossschule – wie sie selbst auch.
Sie leitete das Kurt-Hahn-Archiv über viele Jahre hinweg und ist seit 2013 Tutorin in der auf Schloss Spetzgart beheimateten Oberstufe der Schlossschule. Sie sprach vom „Phänomen Salem„ und fasste dies in den Worten zusammen: „Aus Salem ist eine Bewegung geworden.“
Die Entwicklung des Internats
Der Ausgangspunkt war Kloster und Schloss Salem, die Heimat von Prinz Max von Baden. Da das Schloss nicht als Schule ausgebaut war, wurde 1925 das Kloster Hermannsberg hinzugekauft, 1929 die Burg Hohenfels und 1931 Schloss Spetzgart. Auf diese drei Standorte wurden die Schüler verteilt. 1933 musste Kurt Hahn, nachdem er von den ehemaligen Schülern der Schlossschule verlangt hatte, entweder die Bewegung der Nationalsozialisten abzulehnen oder den Kontakt zur Schlossschule abzubrechen, Deutschland verlassen und emigrierte nach Schottland. Dort gründete er 1934 in Gordonstoun die „British Salem School“. 1953 kehrte er nach Salem zurück.
Ein einstündiger Dokumentationsfilm, den das ZDF im Jahr 1963 über und mit Kurt Hahn gedreht hat, veranschaulichte die Ausführungen von Sophie Weidlich. Er beginnt mit Aufnahmen der Salemer Schulfeuerwehr, einem der bis heute bestehenden sozialen Dienste, die Kurt Hahn eingeführt hat und von denen jeder Schüler des Internats einen absolvieren muss. Ebenso stellte Hahn das Handwerk in den Fokus seiner Pädagogik. Er schickte seine Schüler in ortsansässige Handwerksbetriebe. Hier sollten sie Ausdauer, Sorgsamkeit und Zähigkeit kennenlernen. Auch diese Intention ist bis heute an der Schule bewahrt geblieben. Sie lebt in diversen Schulinnungen weiter.
Mitgefühl und Zivilcourage als Werte
Hahns pädagogische Prinzipien zielten auf Charaktertraining, Zivilcourage und Mitgefühl ab, erklärte Sophie Weidlich und erzählte: „Seit der Gründung der Schule wird zum Schuljahresbeginn die Geschichte vom barmherzigen Samariter vorgelesen.“ Zur Erziehung habe für Kurt Hahn aber auch politische Verantwortung gehört. Jeder soll begreifen, dass in einer Gemeinschaft jeder für jeden da sein müsse, verdeutlichte Hahn in dem Dokumentationsfilm. Ihm sei es immer darum gegangen, die jungen Menschen für das gesamte Spektrum des Lebens vorzubereiten, sagte Hahn ins Mikrofon.
Kurt Hahn habe Hervorragendes geleistet, hieß es am Ende in der ZDF-Dokumentation, aber er habe auch seine pädagogischen Ansätze stets danach hinterfragt, ob sie richtig seien und wo nachgebessert werden könne. Sophie Weidlich empfahl den Zuhörern, das Kurt-Hahn-Archiv, das in Kloster und Schloss untergebracht ist, zu besuchen. Dort seien zahlreiche interessante Dokumente gesammelt.