Eva-Maria Bast

Frau Haltebourg, nun ist das Ende der Realschule Salem gekommen, die letzten Schüler verlassen die Schule. Was ist das für ein Gefühl?

Ich sehe es ambivalent: Einerseits bin ich stolz, dass die Schülerinnen und Schüler dieser zehnten Klasse die Prüfungen der mittleren Reife erfolgreich absolviert haben und erleichtert, dass für alle meine Kolleginnen und Kollegen eine neue, für sie gute Schule gefunden werden konnte. Auf der anderen Seite war die Schulschließung der Realschule Salem für alle Beteiligten auch eine emotionale Angelegenheit, weil sich viele Menschen mit dieser Schule identifiziert und viel Herzblut in diese Schule gesteckt haben.

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Sie haben als Konrektorin die kommissarische Leitung der Realschule Salem übernommen, nachdem Tania Hastings, die die Schule führte, als der Beschluss kam, dass man sie auslaufen lassen würde, ging. Wie war die Stimmung damals?

Da stets das Wohl der noch verbleibenden Schülerinnen und Schüler im Mittelpunkt des Interesses stand, haben wir als Kollegium dieses Anliegen auch nach dem Weggang unserer damaligen Rektorin, Tania Hastings, konsequent weiterverfolgt. Es war mir seit meinem Antritt als Konrektorin bewusst, dass ich eines Tages mit der Situation konfrontiert werden könnte, die Schulleitung kommissarisch zu übernehmen. Diese Verantwortung habe ich aber gerne übernommen und da ich bis zum Schluss erfahrene Kolleginnen und Kollegen, verständnisvolle Eltern und flexible Schüler an meiner Seite hatte, die sich gut auf die personelle Veränderung in der Schulleitung eingestellt haben, war die Zusammenarbeit immer wertschätzend.

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Wie macht man das eigentlich? Eine Schule ihrem Untergang entgegenführen? Wie bewahrt man dabei noch seinen Optimismus?

Man führt sich immer wieder vor Augen, dass es die noch verbleibenden Schülerinnen und Schüler verdient haben, dass man sich jeden Tag für sie engagiert, denn sie können nichts für die kommunalpolitische Entscheidung. Außerdem haben sich die Eltern unserer Schüler bewusst fürs Bleiben an der Realschule Salem entschieden, weil sie vom Schulamt die Zusicherung erhalten hatten, dass ein Unterricht bis zum letzten Schüler möglich sein wird. Das war Motivation, den Weg der Schulschließung gemeinsam und optimistisch zu gehen, und wir haben ihn zusammen gemeistert.

Wie haben Sie die Stimmung an der Realschule in den vergangenen Jahren empfunden?

Im Laufe der vergangenen fünf Jahre haben sich die – infolge des Beschlusses, die Schule zu schließen – erhitzten Gemüter zusehends beruhigt. Wir haben immer das Beste aus der Situation gemacht, einerseits immer kleiner zu werden, aber trotzdem die gleichen Aufgaben wie alle anderen, größeren Schulen meistern zu müssen. Im letzten Jahr kam nun doch noch einmal Wehmut auf. So war es beispielsweise den Schülerinnen und Schülern des letzten Jahrgangs wichtig, bei ihrer Entlassfeier das Thema der Schulschließung auf ihre Art und Weise zu thematisieren, was in den Vorjahren strikt vermieden wurde.

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Der Beschluss, die Realschule zu schließen, hat seinerzeit tiefe Gräben bei Schülern, Eltern und Lehrern gerissen. Ist es Ihnen gelungen, diese wieder etwas zuzuschütten?

Alle von der Entscheidung betroffenen, aber noch an der Schule verbliebenen Personen haben für sich einen Weg gefunden, damit umzugehen. Offen über die Situation zu sprechen und Fragen, Sorgen, Ängste zu hören und zu (er)klären war mein Grundsatz, und dieser hat dazu beigetragen, dass buchstäblich ein bisschen Gras über die Sache gewachsen ist. Darüber hinaus habe ich es immer als Aufgabe gesehen, den Schülerinnen und Schülern so gerecht zu werden wie allen anderen Schülerinnen und Schülern der Jahre zuvor. Dabei hat das Politikum für mich eine untergeordnete Rolle gespielt.

Die letzten Realschüler haben am Bildungszentrum in Salem ihren Abschluss gemacht.
Die letzten Realschüler haben am Bildungszentrum in Salem ihren Abschluss gemacht. | Bild: Gerhard Plessing

Worin haben Sie in den vergangenen Jahren ihre Hauptaufgabe gesehen?

Meine Hauptaufgabe neben dem Unterrichten, die etwa zwei Drittel der Zeit umfasste, war es, als Bindeglied zwischen Schulamt, Gemeinde, Eltern, Schülern, Kollegen und auch zur Gemeinschaftsschule am Bildungszentrum Salem zu agieren und die Schule mit Würde verwaltungstechnisch abzuwickeln.

Wie stehen Sie allgemein zu der Schließung der Realschule?

Natürlich bin ich traurig, dass es zu diesem Schritt gekommen ist, an der Realschule Salem gab es ein tolles Kollegium und es wurde stets der Anspruch verfolgt, auf hohem Niveau zu arbeiten. Die Ergebnisse der mittleren Reife der vergangenen Jahre sind Beweis dafür. Aber ich erkenne die politische Entscheidung des Schulträgers an.