Am 14. April wurde die Schule Schloss Salem genau 100 Jahre alt. Der letzte Reichkanzler des Deutschen Reichs, Prinz Max von Baden, der Philologe Karl Reinhardt und Kurt Hahn, Reformpädagoge und Begründer der Erlebnispädagogik, gründeten die Internatsschule im Schloss Salem. Ein Jahrhundert, in dem es für die Schule einige Aufs und Abs gab. Gut 20 Jahre nach ihrer Gründung musste sich die Schule dem nationalsozialistischen Zugriff erwehren.
Sie konnte aber nicht verhindern, dass im Januar 1942 die SS die Leitung der Schule übernahm. Im Juli 1945 wurde die Schule aufgelöst. Doch bereits im November des gleichen Jahres wurde die Schule durch Ehemalige wiedereröffnet. Sie wollten die Schule wieder auf den Stand von vor 1941 bringen.
Gründungsstätte als Mittelpunkt
Die Schlossschule, wie sie von vielen in ihrer Kurzform genannt wird, hatte ihre Strahlkraft in der Bundesdeutschen Bildungslandschaft nicht verloren. Sie wuchs und bekam bald Raumprobleme. Es entstanden Teilschulen im Umfeld. Mittelpunkt der Schule blieb ihre Gründungsstätte, das ehemalige Zisterzienserkloster und das jetzige Schloss Salem.
Die Gefahr der Schulschließung, die Raumknappheit und die Frage des Wegzugs aus Salem sollten sich in den kommenden Jahrzehnten für die Internatsschule wiederholen. Das Kündigungsschreiben von Max Markgraf von Baden, Protektor der Schule, vom 18. Dezember 1985, sollte die Schule in ihren Grundfesten erschüttern.
Erst 1983, 20 Jahre nach dem Tod von Max‚ Vater Berthold, war der Miet- und Pachtvertrag zwischen dem Markgrafen und der Schule bis Ende 1999 verlängert worden. Nun sollte die Schule nach dem Willen von Max von Baden bis Ende 1986 ihre Heimstätte räumen.
Berthold war es auch, der das Prinzip des geborenen Vorsitzenden des Trägervereins hat ändern lassen. Die Schule sollte auch in diesem Amt demokratisiert werden. Sein Sohn Max war später dann zwar geborenes Mitglied des Gremiums, wurde aber nicht mehr als dessen Vorsitzender gewählt. Eine gravierende Änderung, denn der Markgraf hatte nun keinen Einfluss mehr auf die pädagogische Ausrichtung der Schule.
Streit über pädagogische Ausrichtung
Ein Hauptgrund für die Kündigung war dann die damalige pädagogische Ausrichtung der Schule. Das bewirkte einen großen Widerhall in der überregionalen Presse. Max von Baden wurde damit zitiert, dass die Ausrichtung der Schule nicht mehr im Geiste der Gründer sei.
Ulrich Wackerhagen, damals Vorsitzender der Altsalemer Vereinigung (ASV), kann sich an die turbulenten Zeiten lebhaft erinnern. Er startete 1988 die Aktion „Mein Kind ist in Salem, weil ...“. Am Ende bekannten sich die Schülereltern zur Schule. „So konnte jeder sehen, dass die Schule ihre Prinzipien nicht verlassen hat“, bewies Wackerhagen.

Vermieter und Mieter hatten sich im aktuellen Vertrag darauf geeinigt, dass bei Meinungsverschiedenheiten ein Schiedsverfahren angestrengt werden sollte. „Beide Seiten hatten hoch qualifizierte Juristen an der Hand. Die Schiedsgerichte tagten in Mannheim„, erinnerte sich Wackerhagen, selber Jurist in Köln.
Das Schiedsgericht fand keine ausreichenden Kündigungsgründe. Es folgten zwei weitere Schiedsverfahren. Alle zu Gunsten der Schule. Anschließend ging der Kläger durch den offiziellen Instanzenweg bis vor den Bundesgerichtshof. Es blieb dabei. Der Mietvertrag hatte bis Ende 1999 Bestand.
„55 Alternativen, darunter auch schöne Klöster, wurden geprüft.“Ulrich Wackerhagen
„Wir waren viele Jahre damit beschäftigt und hatten einen enormen Aufwand.“ Die Jahre 1985 bis 1995 waren für Wackerhagen, Salemer Schüler mit Herz und Hand, „alles andere als angenehm“. Gewissheit blieb, dass die Schule das Schloss verlassen musste. Die Suche nach Alternativen begann. „Der Rückzug nach Hohenfels und Spetzgart wurde überlegt“, weiß Wackerhagen zu berichten. Dort waren schon die Unterstufe und die Oberstufe. Mit der Mittelstufe aus Salem hätte die Schule dort in kleinerer Form fortgeführt werden können. Eine Alternative am See kam auch in Betracht. Viele Gemeinden bewarben sich bei der Schule. „55 Alternativen, darunter auch schöne Klöster, wurden geprüft.“
Projekt „Salem 2000“ wird ins Leben gerufen
Doch Wackerhagen und seinen Mitstreitern schwebte etwas anderes vor. „Salem 2000“ hieß nun das Projekt, für das sich die Gremien der Schule und der Beirat des ASV im November 1994 entschlossen. „Wir wollten nicht kleiner werden, wir wollten etwas Neues, Zukunftsorientiertes schaffen.“ Wackerhagens Eifer von damals ist heute noch zu spüren. Was folgte, mache in heute noch „glücklich und stolz“.
Er befürwortete einen Kauf statt einer neuen Anmietung. In der Zwischenzeit hatte sich die Schule für die Einführung des „Internationalen Baccalaureates„, des internationalen Abiturs, entschlossen. Auf dem Überlinger Härlen, nordwestlich vom Krankenhaus, sollte das neue Vorhaben einer modernen Schule als „Salem College“ Wirklichkeit werden.
Spenden in Millionenhöhe
Wackerhagen hatte auch einen großen Einfluss bei der Finanzierung des Projekts. Die ASV gliedert sich in Regionen. Er kam auf die Idee, die Regionen um das höchste Spendenvolumen wetteifern zu lassen. „Die Altsalemer konnten für ihre alte Schule spenden und Bausteine kaufen.“ Insgesamt brachten die Altsalemer 21 Millionen D-Mark zusammen.

„Beim Bau der neuen Schule wurde besonderer Wert auf Nachhaltigkeit gelegt“, recherchierte Brigitte Mohn, Archivarin und Kulturwissenschaftlerin im Kurt-Hahn-Archiv. Niedrigenergiebauweise, Regenwassernutzung und die Wärmeversorgung durch das nahegelegenes Holzschnitzelwerk zeugen davon.

Am Ende kostete der Neubau auf dem Härlen 69 Millionen D-Mark, mehr als die Hälfte kam durch Spenden zusammen. Auf die Fahnen geschrieben hat sich das Salem College die Internationalität und Ökologie. Auch die Eröffnung der Schule im Oktober 2000 geriet zu einer Superlative. Bundespräsident Johannes Rau eröffnete sie in Anwesenheit seines Vorgängers Richard von Weizsäcker, der Altsalemerin Königin Sofia von Spanien und 3000 Gästen.