Zehn Liter Öl kosteten Holger Kissing, Chef des Caterings K5 in Salem, vor drei Monaten noch 11,85 Euro, jetzt sind es 33,25 Euro. „Du bestellst Mehl, das kommt gar nicht an“, erzählt er weiter. Dabei werden die Spätzle bei Kissings selbst gemacht. So begibt sich seine Frau Daniela auf die Suche – von Großhandel zu Großhandel, um die benötigten Mengen an Mehl aufzutreiben. Und das bei 2 Euro pro Liter Sprit, sagt Kissing.

Das Kochen für Kinder und Erwachsene bereitet ihm Freude, doch nach bald zweieinhalb Jahren Pandemie und jetzt dem Krieg in der Ukraine geht seiner Branche allmählich die Puste aus. Denn Kissing und seine Kollegen sind nicht nur von den steigenden Lebensmittelpreisen, sondern ebenso von den Teuerungen bei Kraftstoff, Gas und Strom extrem betroffen.

Gas dreieinhalb Mal, Strom gut doppelt so teuer

Für den Catering- und Feinkostbetrieb K5 werden für Gas 540 anstatt früher 148 Euro pro Monat fällig, für Strom sind es 1500 anstelle von 700 Euro. Der Verband Deutscher Schul- und Kita-Caterer teilt mit: „Steigende Diesel- und Benzinpreise, zusätzliche Liefergebühren, Marktengpässe bei Obst und Gemüse sowie die höchste Inflationsrate seit 48 Jahren – Unternehmen der Gemeinschaftsverpflegung sehen sich zum wiederholten Male erheblichen Mehrbelastungen ausgesetzt.“ Der Verband spricht von einer Kettenreaktion, an deren Ende die Schul- und Kita-Caterer mit massiven Mehrkosten konfrontiert seien.

Selbstständigkeit wird im Immenstaader Kinderhaus großgeschrieben. Deshalb decken die Kinder hier selbst den Tisch und schöpfen sich ...
Selbstständigkeit wird im Immenstaader Kinderhaus großgeschrieben. Deshalb decken die Kinder hier selbst den Tisch und schöpfen sich auch selbst ihr Essen auf den Teller. Es handelt sich um eine Aufnahme aus dem Jahr 2020 – gerade noch vor der Pandemie in Deutschland. Die Pandemie und der Ukraine-Krieg stellen die Caterer vor große finanzielle Herausforderungen. | Bild: Lena Reiner

Holger Kissing beliefert unter anderem die städtischen Kinderhäuser in Überlingen, drei Einrichtungen in Uhldingen-Mühlhofen und einige Kunden bei der Stiftung Liebenau mit warmem Essen. Im Moment kostet ein Menü mit drei Gängen für Kinder 5,10 Euro. Im Jahr 2012 waren es 3,20 Euro. In der Corona-Pandemie startete er mit Frischemenüs, die die Kundschaft im Büro oder zu Hause nach Bedarf erhitzt. Kissing sieht aktuell beim Essen eine Inflation von 15 bis 18 Prozent. Einmal wöchentlich erhält er von seinen Hauptlieferanten neue Preislisten.

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Preise in Verträgen auf Jahre festgelegt

Der Verband Deutscher Schul- und Kita-Caterer kritisiert, dass in den Verträgen für Schul- und Kitaessen allerdings feste Preise pro Essen fixiert seien, „die auf wirtschaftlichen Annahmen beruhen, die in keiner Weise mehr der aktuellen Lage entsprechen“. Daniela Kissing erklärt: „Die Träger sind dazu gezwungen, eine europaweite Ausschreibung zu machen. Das wirtschaftlichste Angebot gewinnt. Der Preis gilt über Jahre.“ Kissings schließen nur noch Verträge mit allgemeinen Geschäftsbedingungen ab, die es ihnen erlauben, Preise an den Markt anzupassen. Dabei handelt es sich um Cent-Beträge. Dafür hat lange nicht jeder Träger Verständnis. Es gab Auseinandersetzungen und auch Kündigungen.

Holger Kissing: „Es geht auf die Machbarkeit“

Der Cateringverband sagt: „Wir stehen vor der Entscheidung: die Qualität des Essens senken oder die zusätzlichen Kosten an Kinder und deren Eltern weitergeben.“ Holger Kissing erklärt diesbezüglich: „Es geht noch nicht an die Qualität, sondern auf die Machbarkeit.“ Die Familie legt nach eigenen Angaben derzeit im Catering finanziell drauf. „Es kann nicht sein, dass sie 14, 16 Stunden arbeiten und am Freitagabend Geld in die Kasse legen“, sagt Kissing. Der Koch sieht sich deshalb nach neuen Geschäftsmodellen um, wie den Frischemenüs, und versucht, Defizite mit Privatcatering und Feinkost auszugleichen. Selbst einen KfW-Kredit nahmen die Geschäftsleute auf.

Wie sich die Situation im Schul- und Kita-Catering verbessern ließe? Kissing sieht einerseits den Elternbeirat in der Verantwortung, sich für das Thema ausgewogene Ernährung und deren Bezahlung einzusetzen, andererseits die Politik. „Das sind die Steuerzahler von morgen. Aber es wird weder in die Schulen noch in die IT investiert“, erläutert Kissing. Gerade „ehrliches und gesundes Essen“ sieht der Koch dabei als zentralen Posten an.

Der Verband der Schul- und Kita-Caterer appelliert konkret an die Bundesregierung: „Eine Regierung, die gesunde Ernährung von Kindern und Jugendlichen in ihrem Koalitionsvertrag explizit hervorhebt, muss jetzt zeigen, dass ihr dieses Anliegen ernst ist. Verträge zwischen Caterern und der öffentlichen Hand müssen flexibel und unbürokratisch nachverhandelt und den gegebenen Umständen angepasst werden.“ Kissings ziehen für sich eine ganz persönliche Konsequenz: „Ausschreibungen gar nicht mehr mitzumachen. Das ist eine seelische und finanzielle Erleichterung“, sagt Holger Kissing.

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