Am Flügel und in der Musikschule Salem sind beide in ihrem Element: Gesangslehrerin Margit Koch-Nedela und Schulleiter Matthias Walser kommen aus dem Erzählen nicht heraus, wenn es um ihre Musikschule geht. „Ich liebe meinen Beruf und brenne dafür“, sagt die 66-Jährige, die eigentlich schon in Rente wäre. „Ich kam frisch von der Musikhochschule Köln und bin jetzt die Dinosaurierin hier“, blickt sie auf ihre bisher 39 Dienstjahre zurück. Zunächst habe sie mit der neuen Heimat gefremdelt, doch nach dem Kulturschock habe sie sich gesagt: „Nicht meckern, sondern selbst aktiv werden.“
Wie Walser erzählt, habe Werner Kesenheimer, der erste Bürgermeister der Gesamtgemeinde Salem, 1975 die Musikschule als eine der ersten in Baden-Württemberg ins Leben gerufen. „Der hat mich eingestellt“, merkt Koch-Nedela an. In Kesenheimers Auftrag habe sie den Gesangsbereich aufgebaut und er habe die Entwicklung der Musikschule stets unterstützt. Walser ergänzt: „Das Angebot war damals noch kleiner und ist dann gewachsen.“ Heute stehe man mit kontinuierlich um die 500 Schüler sehr gut da und könne alle gängigen Instrumente unterrichten.
Wachstum dank Kooperationen
Die Musikschule sei jedoch nicht immer auf Wachstumskurs gewesen, offenbart Walser, der 2016 deren Leitung übernommen hat: „Vor knapp 20 Jahren war der Tiefpunkt mit 380 Schülern.“ Er setzte daher auf eine enge Zusammenarbeit mit den Kindergärten und Musikvereinen, was sich langfristig auszahlte: „Viele Schüler fangen mit der musikalischen Früherziehung an, machen dann mit Blockflöte weiter, wechseln dann auf ein anderes Instrument und treten einem der Orchester bei“, schildert der 47-Jährige die klassische Laufbahn vieler Kinder.

Durch die langjährige Begleitung seien die Lehrkräfte oft auch Vertrauenspersonen: „Wir sind nicht nur Musiklehrer und Fachleute, sondern auch Entertainer und Therapeuten“, würdigt Walser die Arbeit seines zwölfköpfigen Teams. Koch-Nedela fügt hinzu: „Wir bewerten nicht, wir begleiten Menschen.“ So sei zwar die Bandbreite an Schülern größer geworden, doch die Bedürfnisse seien trotz der Digitalisierung gleichgeblieben. Während der Pandemie habe man zwar die technischen Möglichkeiten genutzt, doch die persönliche Begegnung hätten diese nicht ersetzt. „Wir bieten eine sympathische andere Welt mit menschlichem Kontakt und Nähe“, bringt es die Gesangspädagogin auf den Punkt. Walser präzisiert: „Musik bedeutet, Emotionen zu entwickeln.“ „Und zuzulassen!“, ergänzt Koch-Nedela.
Gemeinsames Musizieren steht im Mittelpunkt
Nachdem man als Jugendmusikschule gestartet sei, habe man nun Schüler im Alter von sechs Monaten bis 76 Jahren. Und anders als bei Lernprogrammen oder Privatlehrern hätten alle Schüler die Chance, kostenlos in einem der vielen Ensembles mitzuwirken: „Das ist das Herzstück der Musikschule, dass man nicht nur allein in der Badewanne singt“, macht Koch-Nedela deutlich. Doch auch die Tagesablaufstruktur änderte sich in den letzten Jahren ziemlich, wie die Chorleiterin berichtet: „Früher haben wir von 13 bis 20 Uhr unterrichtet, nun kommen vormittags die Erwachsenen, mittags die Schulchöre und nachmittags und abends der reguläre Musikschulbetrieb.“ Der Schulleiter unterstreicht mit einer Geste: „Hier sind wir nur zu 30 Prozent“ – der Rest verteile sich auf 14 weitere Standorte. „Wir sind eine Musikschule auf Rädern“, sagt Koch-Nedela augenzwinkernd.

Wenn ab Herbst 2026 der Ganztagsbetrieb an der Fritz-Baur-Grundschule startet, stellt das die Musikschule und ihr Team vor besondere Herausforderungen: „Da bedarf es noch weiterer Absprachen“, meint Walser nach Bekanntgabe der Pläne seitens Schule und Gemeindeverwaltung. Mit Bläserklassen an allen drei Salemer Grundschulen und einer Streicherklasse in Mimmenhausen sowie weiteren Arbeitsgemeinschaften sei man bereits eng eingebunden. Doch was die Personal- und Kostenfrage angehe, sei noch nichts spruchreif.
Zukunft birgt Herausforderungen
Obwohl inzwischen deutlich mehr Flexibilität verlangt werde, sei das altersgemischte Kollegium wie eh und je engagiert und ambitioniert. „Alle für alle“, fasst Walser den Zusammenhalt zusammen, wenn beispielsweise krankheitsbedingte Ausfälle aufgefangen werden müssen. „Wir werden aber die nächsten zehn Jahre personaltechnisch Probleme haben“, offenbart der Musikschulleiter. Zum Fachkräftemangel kämen begrenzte Mittel, um die Nachfrage nach Unterricht zu decken. „Personal kostet Geld, aber bringt auch Geld“, weist er unter anderem auf den gewachsenen Kleinkindbereich hin.

Nicht nur deshalb will Koch-Nedela die Stimmgabel noch nicht so bald an den Nagel hängen: „Ich komme bestimmt auf 3000 Schülerinnen und Schüler, die bei mir gesungen oder Blockflöte gespielt haben.“ Mit vielen sei sie noch in Kontakt und aufhören wolle sie erst, wenn ihre ersten Zöglinge ihre Enkel bei ihr anmelden. Zum 50. Geburtstag wünscht Walser der Musikschule daher viele weitere musikalisch begeisterte Menschen. Koch-Nedela führt den Gedanken fort: „Und weitere wunderbare musikalische und zwischenmenschliche Momente, denn dafür leben wir.“