Wegen schwerem sexuellem Missbrauch eines Kindes hat das Amtsgericht Konstanz einen Mann aus Überlingen zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Zur Tatzeit war er 21 Jahre alt und das Mädchen, mit dem er den Beischlaf ausübte, 13 Jahre alt. Auf das Urteil folgt seine Suspendierung als Beamter.

Vor dem Schöffengericht saß ein junger Mann, der ein umfangreiches Geständnis ablegte. Er gab die ihm vorgeworfenen 21 Fälle zu. Sie hätten sich bei ihm im Auto getroffen oder in seinem Zimmer. Er lebt bei seiner Mutter und seinen Geschwistern. Seinen Familienangehörigen sei bekannt gewesen, dass er mit dem Mädchen eine Beziehung habe, über ihr Alter habe er allerdings mit niemandem gesprochen.

Er wusste, sie ist ein Kind

Er selbst habe gewusst, dass sie ein Kind im Alter von 13 Jahren ist. Sie hätten zwar beide „Bedenken“ gehabt und irgendwie auch gespürt, „dass es sich falsch anfühlt“, so der Angeklagte. Irgendwann hätten ihre Gefühle aber „Überhand“ genommen. Die 13-Jährige soll größer als er gewesen sein und von ihrer geistigen und körperlichen Entwicklung etwa einer 17-Jährigen entsprochen haben, sagte der Angeklagte auf Fragen seines Rechtsanwalts. An den Richter gewandt: „Aus Gefühlen wurde Liebe und dann wissen Sie ja, was passiert ist.“ Nach etwa sieben Monaten habe das Mädchen, mittlerweile 14 Jahre alt, die Beziehung für beendet erklärt.

Saal 107 des Amtsgerichts Konstanz.
Saal 107 des Amtsgerichts Konstanz. | Bild: Hilser, Stefan

In der Familie des Mädchens war er zunächst ein gerne gesehener Gast, nachdem er zu einem älteren Geschwister des Opfers eine freundschaftliche Beziehung pflegte. So lernte er die 13-Jährige kennen und sie hätten sich ineinander verliebt. Fand der Sexualkontakt ohne Ausübung von Zwang statt? Laut dem Angeklagten ja. Allerdings ist diese Frage nicht von Belang. Der Straftatbestand ist in jedem Fall erfüllt, wenn ein über 18-Jähriger mit einer unter 14-Jährigen den Beischlaf vollzieht.

Kein kaltblütiger, sondern ein verliebter Täter

Das Gericht unter Vorsitz von Richter Nolte verhängte ein Strafmaß von zwei Jahren Haft, die zur Bewährung auf drei Jahre ausgesetzt werden. Das Geständnis des Angeklagten wirkte sich strafmindernd aus. „Sie haben nicht kaltblütig gehandelt, sondern weil Sie auch verliebt gewesen sind“, sagte der Richter in seiner Urteilsbegründung. Dem Angeklagten habe es an „innerer Haltung“ für ein Nein gemangelt. Gerade als Beamter hätten ihm die Folgen bewusst sein müssen.

Opfer muss Täter nicht begegnen

Wie die Ermittlungen in Gang kamen, wurde vor Gericht nicht erörtert. Dem missbrauchten Mädchen wurde eine Befragung als Zeugin vor Gericht und somit ein Aufeinandertreffen mit dem Angeklagten im Gerichtssaal erspart. Das wirkte sich strafmildernd aus. Ebenfalls strafmildernd wirkte sich die Suspendierung aus seinem Beruf aus, die ihn zusätzlich hart trifft. Er muss beruflich noch einmal neu beginnen.

Im Amtsgericht Konstanz wurde dem jungen Mann der Prozess gemacht.
Im Amtsgericht Konstanz wurde dem jungen Mann der Prozess gemacht. | Bild: Hilser, Stefan

Versuch der Verdrehung von Opfer und Täter?

Die richterliche Zeugenbefragung des Mädchens fand im Vorfeld statt und wurde auf Video aufgezeichnet. Es wurde unter Ausschluss der Öffentlichkeit im Gerichtssaal gezeigt. Auch die Plädoyers von Staatsanwalt und Verteidigung wurden nichtöffentlich gehalten, damit die persönlichen Umstände des Opfers geschützt bleiben. Der Richter berichtete anschließend in der öffentlich vorgetragenen Urteilsbegründung, dass in einem Schlussplädoyer „angeklungen“ sei, dass sich der Täter als „Opfer“ sieht. Der Richter kommentierte dies mit den Worten, dass sich das Gericht an dieser Betrachtung „etwas gestört“ habe. Denn: „Das sehen wir nicht so.“

Bewährung wegen Angebot zur Wiedergutmachung

Das mit einem Berufsrichter und zwei Schöffen besetzte Amtsgericht orientierte sich am untersten Rand des Strafrahmens. Ab zwei Jahren wird eine Bewährung in der Regel nicht mehr gewährt. Eine Strafrahmenreduktion sei dann möglich, wie Staatsanwalt Thalheimer in einer Sitzungspause erklärte, wenn ein Angeklagter im Rahmen des Täter-Opfer-Ausgleichs zur Wiedergutmachung beiträgt, oder es zumindest versucht. Im konkreten Fall war es so, dass der Angeklagte über die Mutter des Mädchens 5000 Euro anbot. Die Familie des Opfers ging darauf nicht weiter ein. Und so machte das Gericht dem Angeklagten zur Auflage, nun das Geld an den Kinderschutzbund in Konstanz zu überweisen. Außerdem muss er 100 Sozialstunden leisten und sich zur Aufarbeitung des Themas an einen Psychologen wenden.

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„Sie sind mit einem blauen Auge davongekommen“, sagte der Richter zur Begründung dafür, dass ihm das Gericht eine Bewährung einräumt. „Wir schicken Sie nicht in eine JVA, weil das im Ergebnis Ihrer persönlichen Entwicklung nicht zuträglich wäre.“ Richter Nolte schloss die Verhandlung mit den Worten: „Ich wünsche Ihnen alles Gute und hoffe, dass Sie einen Weg finden, sich beruflich neu zu orientieren.“

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.