Andreas Hammer kennt viele Vorurteile gegen Drohnen und er kennt auch persönliche Anfeindung. Anfeindung, wenn er sich als professioneller Copter-Pilot zu erkennen gibt. Fällt die Sprache dann auf seine Hilfe bei der Rehrettung, ändert sich diese Stimmung in Sekunden und schlägt um in helle Begeisterung.

 

In diesen Tagen ist für Hammer oft um drei Uhr die Nacht zu Ende. Er ist einer der zwei Copter-Piloten, die sich ehrenamtlich im Verein Rehrettung Hegau-Bodensee engagieren. Im Mai und Juni werden die Kitze geboren und das bedeutet ununterbrochenen Einsatz. Die Landwirte melden sich vor dem Mähen, das geschieht meist relativ spontan. Das Scannen der Felder ist mit Hammers Drohne und der Wärmebildkamera eine Sache von Minuten und würde auf dem herkömmlichen Weg, je nach Fläche, Stunden dauern. Die geretteten Kitze werden an den Feldrand zu den dort wartenden Ricken gebracht. Rehkitze sind Bodendrücker, das heißt sie laufen nicht vor dem herannahenden Mäher davon und haben somit kaum eine Chance zu überleben.

Hammer, im Hauptberuf in der Immobilienbranche tätig, hat sich seine Professionalität als Copter-Pilot im Jahr 2001 bei der Modell-Sport-Gruppe Sipplingen angeeignet. Dort bestückte er zunächst ein Segelflugzeug mit sogenannten GoPros, mobilen Kameras, einer Erfindung aus dem Surf-Sport, die heute in HD-Qualität arbeiten. Seinen ersten Profi-Multi-Copter ließ er sich nach eigenen Vorgaben dann aus verschiedenen Bauelementen anfertigen. "Das war, wie wenn man einen Motor von Audi, ein Getriebe von BMW und ein Chassis von Mercedes zusammenbaut", lacht Hammer. Sein Ziel war es, Immobilien-Objekte für seine Exposés aus der Luft zu fotografieren, was bis dato nur durch bemannte Flugkörper möglich war.

Hammer verfügt heute über ein Equipment, dass in einen fünfstelligen Eurobetrag hineinreicht. Es war für ihn in der ersten Sekunde klar, dieses Equipment und seine Fähigkeiten in den Dienst der Rehkitzrettung zu stellen. "Wenn man einmal ein vermähtes Kitz gesehen hat, vergisst man diesen Anblick nie", erzählt Hammer. "Es ist für mich auch jetzt noch immer ein bewegender Moment, so einem kleinen Tier sein Leben zu retten."

Möglich wird dies mit zwei Kameras, die sich unter der Drohne befinden. Die Wärmebildkamera erkennt den Unterschied der Körperwärme des kleinen Rehs auf dem Feld, und Hammer und sein Kollege lokalisieren das Tier. Schon 40 Kitze hat der Verein in diesem Jahr geborgen, vergangene Woche waren sogar Rehkitz-Zwillinge darunter. Ein Video der Rehrettung ist auf YouTube bereits über Sechs Millionen Mal angeklickt worden. Das war für Frank Weber vom Fernsehsender Vox interessant genug, um diese Initiative in der Sendung "Hundkatzemaus" am 8. Juli 2017 zu portraitieren. Das Team um Weber begleitete die Rehrettung mehrere Tage beim Einsatz hier vor Ort.

Doch noch einmal zurück zu den Anfängen der Wärmebildkamera unter Hammers Drohne: "Wir haben die erste Kamera mit Kabelbindern an der Drohne befestigt und tatsächlich half uns eine eigens platzierte brennende Zigarette im Feld, um die Wirksamkeit der Kamera zu testen", schmunzelt Hammer.

Ob die Idee, Brandnester zum Beispiel in der Altstadt mittels dieser Technik aufzuspüren ihm bei dem Zigarettenversuch kam, weiß Hammer nicht mehr. Tatsächlich entwickelten sich für den Piloten, der eine allgemeine Aufstiegsgenehmigung vom Luftfahrtamt besitzt und dessen Drohnenflüge auch voll versichert sind, mittlerweile etliche neue Einsatzmöglichkeiten auf.

Andreas Hammer sieht sich als einen positiven Botschafter für den sinnvollen Einsatz der Drohnen. Er verurteilt jeglichen Missbrauch der Flugkörper und legt diesem die Verantwortungslosigkeit der jeweiligen Piloten zugrunde.

Hammer und seine Firma Skysolutions hilft nicht nur der Feuerwehr beim Aufspüren von Brandnestern, ein neues Projekt führt in auch zum Tauchsport und der DLRG. "Meine Kameras können je nach Beschaffenheit des Seegrundes in bis zu 30 Meter Tiefe einen Taucher erkennen", erklärt der Pilot und ist sich der Tragweite solcher Einsätze bewusst.

Ein weiteres Einsatzgebiet der Drohne ist die Schädlingsbekämpfung. Bestückt mit Kügelchen, in denen sich die Larven der Schlupf-Vespe, dem natürlichen Feind des Schädlings Maiszünsler befinden, soll bald auch den Landwirten bei der pestizidfreien Bekämpfung der weitverbreiteten Schädlinge mittels Drohne geholfen werden. Erste Versuche mit einem Prototyp laufen bereits.

Defekte Fotovoltaikanlagen auf Dächern ließen sich ebenfalls beim Überfliegen mit der Wärmekamera abbilden, sagt Andreas Hammer. Längst ist für ihn die Copter-Fliegerei viel mehr als ein Hobby. Er hat seinen Copter meist auch im Urlaub dabei. Und so geschah es unlängst in Thailand, dass Andreas Hammer von der dortigen Regierung um die Aufnahme von heiligen Stätten gebeten wurde.

Der Immobilienmakler hat seine Tätigkeit als Multi-Copter-Pilot zu einem neuen Standbein entwickelt und erklärt auch gleich sein Ziel: "Die professionelle Einweisung von Copter-Piloten für genehmigte und versicherte Flüge."

Zur Person

Andreas Hammer wurde 1968 in Tuttlingen geboren. Dort absolvierte er zunächst eine Ausbildung zum Kaufmann und Technikberater in der Film- und Fotografie-Branche. 1990 zog Hammer an den Bodensee nach Daisendorf. Ab 2001 wohnte Hammer mit seiner Lebensgefährtin und zwei kleinen Hunden in Unteruhldingen, dann in Nussdorf und seit zwölf Jahren in Überlingen. Hammer arbeitete nach seiner Ausbildung als Immobilienberater bei einer Bausparkasse und einer Bank. 2006 gründete er sein eigenes Unternehmen Hammer-Immobilien. Seit 2010 ist Hammer Mitglied bei der MSG Sipplingen (Modellflug-Gruppe). 2015 gründete Hammer sein zweites Unternehmen "Skysolutions" mit der Spezialisierung für Luftbildaufnahmen. Ebenfalls seit 2015 ist er Gründungsmitglied des Vereins Rehrettung Hegau-Bodensee.

Informationen im Internet:www.rehrettung-hegau-bodensee.dewww.skysolutions.de