Nun also doch nicht am Chantillyplatz: Der Überlinger Verkehrsausschuss sprach sich gegen den Vorschlag der Stadtverwaltung aus, einen Motorradparkplatz auf der Grünfläche am Mantelkopf zu erstellen. Stattdessen soll ein attraktiver Parkplatz mit Aufbewahrungsboxen im Bereich der Zimmerwiese oder beim Parkhaus Mitte entstehen. Diese Empfehlung sprach der Ausschuss bei zwei Gegenstimmen an den Gemeinderat aus.
Damit ist der Beschluss aus dem Vorjahr hinfällig. Im März 2018 hatte sich der Verkehrsausschuss nach längerer Diskussion mit knapper Mehrheit für die Einrichtung von 14 Motorradstellplätzen in der Seestraße ausgesprochen. Dagegen hatten Anwohner den Petitionsausschuss des Landtages angerufen. Nach einer Ortsbegehung empfahl der Berichterstatter des Petitionsausschusses, Jürgen Keck aus Radolfzell, in einem Brief an OB Jan Zeitler, die Parkplätze auf dem Chantillyplatz anzulegen.
Gekommen ist es nun ganz anders. Die Ausschussmitglieder waren sich einig, keine Grünfläche für Motorradstellplätze opfern zu wollen. Stattdessen sollen auf dem zentralen Parkplatz beim ZOB auch Stellplätze für Krafträder entstehen. Diese sollen mit Aufberwahrungsboxen ausgestattet, offensiv beworben und in das Parkleitsystem aufgenommen werden. "Wenn wir ein Angebot schaffen, das attraktiv ist, habe ich die Hoffnung, dass es keinen Parksuchverkehr geben wird", sagte Günter Hornstein (CDU). Zwar wisse keiner, ob das ausreiche, um die Biker auf die Zimmerwiese zu leiten, "aber wir müssen es versuchen".
Die Situation solle ein bis zwei Jahre beobachtet werden. Wenn man dann zur Erkenntnis käme, dass der Platz nicht ausreiche, könne gegebenfalls immer noch nach Parkmöglichkeiten im Osten der Stadt gesucht werden. Als Beispiel wurde aus dem Gremium mehrfach der Parkplatz im Seubertweg hinter dem ehemaligen Ostbahnhof genannt. "Von dort hat man einen herrlichen Promenadenweg bis in die Innenstadt", sagte Bernadette Siemensmeyer (LBU/Grüne).

Mehr Belastung für andere Gebiete?
Ralf Mittelmeier von den Freien Wählern/ÜfA regte zudem an, prüfen zu lassen, ob auch in den Überlinger Parkhäusern Stellplätze für Motorräder geschaffen werden können. "Das Parkhaus Post wird gerade aufwendig saniert. Warum hat man die Möglichkeit nicht genutzt, hier auch Motorradparkplätze einzurichten?" Das hätte aus seiner Sicht einen weiteren Vorteil: Man könnte auch von den Motorradfahrern Parkgebühren einfordern. "Die fahren ihre Maschinen meistens als Zweit- oder Drittfahrzeug und sind in der Regel finanziell gut aufgestellt."

Die Mehrheit des Ausschusses stimmte für die Überlegungen von Stellplätzen auf der Zimmerwiese und in den Parkhäusern. Reinhard Weigelt (FDP) meinte hingegen: "Mir ist das zu wenig." Es brauche seenahe Parkplätze. "Die Motorradfahrer kommen nach Überlingen, weil sie an den See wollen – und zwar mit ihren Motorrädern." Alles andere sei "Schönrederei".
Auch Ulrich Krezdorn (CDU) sehe es als Händler nicht ein, dass ein weiterer Parkplatz in der Innenstadt einfach weggestrichen werde. "Auch Motorradfahrer sind Gäste und nicht die Rüpel, von denen man immer spricht." Er sprach sich daher dafür aus, dass der im Vojahr beschlosssene Parkplatz in der Seestraße vorübergehend dennoch angelegt wird. Außerdem prognostizierte er durch die Leitung der Motorräder an die Zimmerwiese mehr Verkehr am Auerbuckel und in der St.-Ulrich-Straße: "Da wohnen keine Menschen zweiter Klasse."
Verwaltung sieht Lösung mit Sorge
Diese Sorge äußerte auch Baubürgermeister Matthias Längin. Ziel der Verkehrsplanung sei es, diesen möglichst breit zu streuen. Nun konzentriere sich alles auf die Zimmerwiese. "Ich fürchte, dass wir etliche Motorräder durch andere Wohngebiete leiten werden." Mit Blick auf die vollen Zuhörerreihen ergänzte er: "Dann ist es hier wieder genauso voll – aber mit anderen Bürgern." Es sei auch damit zu rechnen, dass ein Motorradfahrer wegen Benachteiligung gegen die Stadt klage, wenn im Osten kein Parkplatz für Zweiräder angeboten werde, ergänzte Fachbereichsleiter Raphael Wiedemer-Steidinger.
Die Anwohner aus See-, Post- und Mühlenstraße sind mit der Entscheidung des Ausschusses hingegen vorerst zufrieden. "Das ist ein Paradebeispiel für eine demokratische Entscheidung im Lernprozess", sagte Nikola Patzel, einer der Sprecher der Petenten, nach der Sitzung. Er freue sich, dass die Ausschussmitglieder eine Lösung gewählt hätten, die die Verwaltung erst gar nicht zur Abstimmung gebracht hätte. Natürlich sei der Wegfall eines Motorradparkplatzes am See eine Umstellung für die Zweiradfahrer, aber die sei nötig, um die Altstadt und den See attraktiv zu halten, sagte Patzel und verwies auf die Münsterstraße: "Wer möchte die Fußgängerzone dort heute noch missen?"
Krafträder in den Parkhäusern?
Geht es nach den Mitgliedern des Verkehrsausschusses, sollen Biker ihre Maschinen bald auch in den Parkhäusern abstellen dürfen. Bislang ist das nicht erlaubt. "Weil es aus technischen Gründen nahezu unmöglich ist, eine geordnete Ein- und Ausfahr-Situation herzustellen", erklärt Sebastian Dix, Pressesprecher der Betreiberfirma Stadtwerk am See. Das Problem sei, dass Motorräder die Überfahrschleifen, nicht auslösten. Die Streifen, die die Schrankenschließung steuern, reagierten auf Metall, von dem in Motorräder zu wenig verbaut sei. "Deshalb schließen die Schranken beim Ausfahren nicht." Lichtschranken seien zu fehleranfällig.
Nach derzeitigem technischen Stand, sieht Dix keine Möglichkeit, Motorradstellplätze in die Parkhäuser zu integrieren. Eine Ein- und Ausfahrt für Motorräder wäre nur so möglich, dass die Motorradfahrer über Dauerparkkarten die Öffnung und Schließung der Schranken steuern und sich jedes Mal beim Ausfahren über die Sprechstelle anmelden müssten, damit diese die Schranke manuell schließt. "Dies ist für Dauerparker schon kaum, für Gelegenheitsparker aber gar nicht praktikabel. Für dieses Problem ist uns keine technisch und wirtschaftlich sinnvolle Lösung bekannt." (mde)