Ziemlich genau ein Jahr ist es her, dass Überlingen intensiv über den Chantillyplatz diskutierte. Damals war bekannt geworden, dass die Eisbahn wegen der Arbeiten am Landungsplatz auf die Grünfläche am Mantelhafen verlegt werden sollte. Der Aufschrei war groß. Zahlreiche Bürger und Umweltschützer setzten sich zur Wehr – mit Erfolg. Die Eisbahn wurde schließlich an der Ecke Mantelhafen/Seepromenade aufgebaut.
Ausschuss lehnte Standort vor einem Jahr ab
Gut möglich aber, dass die Diskussion um den Schutz des Chantillyplatzes nun aufs Neue ausbricht. Schließlich schlägt die Stadtverwaltung vor, dort einen Motorradparkplatz anzulegen. Auf der Grünfläche rückseitig zu den Kurzzeitparkplätzen beim Parkhaus Post sollen 14 bis 16 Stellplätze für Zweiräder entstehen. Hierfür müssten rund 200 Quadratmeter Wiese eingeebnet und gepflastert werden. Im März des vergangenen Jahres hatte die Verwaltung diese Variante schon einmal ins Spiel gebracht, damals entschied sich der Verkehrsausschuss allerdings mit knapper Mehrheit für einen Standort ein paar Meter weiter in der Seestraße und für den Erhalt der Grünfläche am Chantillyplatz. „Das ist ein Edelparkplatz oberer Luxusklasse, für den man eine Grünfläche opfert“, begründete Reinhard Weigelt (FDP) seine Ablehnung. Und Ulrich Krezdorn (CDU) meinte: „Wenn man aus der steinernen Stadt kommt, ist der Chantillyplatz das erste Grün, dem man begegnet.“

OB Zeitler reagiert auf Brief aus Stuttgart
Als Grund für die erneute Planänderung verweist die Verwaltung auf ein Schreiben des Petitionsausschusses. Diesen hatte eine Interessensgemeinschaft aus See-/Post- und Mühlenstraße angerufen, da sie durch die beschlossene Lösung eine starke Lärm- und Abgasbelastung befürchtet. Im Oktober besichtigten schließlich Vertreter des Petitionsausschusses und des Verkehrsministeriums die Situation vor Ort. Im Januar folgte ein Brief an OB Jan Zeitler. Darin heißt es: "Nach der Inaugenscheinnahme der Örtlichkeiten und der beiden zur Diskussion stehenden Varianten für die Motorradstellplätze, erschien mir die Errichtung der Stellplätze am Eingang der Seestraße mit der Nähe zum Kreisverkehr deutlich praktikabler als die Errichtung der Stellplätze im unteren Teil der Seestraße in der Nähe des Seeufers." Unterzeichnet ist das Schreiben von Jürgen Keck, FDP-Landtagsabgeordneter aus Radolfzell und Berichterstatter des Petitionsausschusses.

Auf Nachfrage des SÜDKURIER stellt dieser klar, dass dies keine Entscheidung des Ausschusses, sondern seine persönliche Empfehlung an den OB sei. "Ich verstehe meine Rolle hier eher als Mediator", teilt Keck mit. "Das Schreiben an den Oberbürgermeister dient lediglich dazu, gegebenenfalls doch eine Einigung zwischen der Stadt und den Petenten herbeiführen zu können." Und weiter: "Als Berichterstatter geht es mir hier vor allem darum, dass in der Gemeinde weiterhin ein gutes Miteinander möglich ist und alle Beteiligten noch einmal in die Kommunikation miteinander getreten sind." Dass Zeitler seiner Bitte nach einer erneuten Beratung des Themas nachgekommen sei, freue ihn natürlich. Keck betont aber, dass die Entscheidung über einen Standort für den Motorradstellplatz "im Bereich der kommunalen Hoheit der Stadt" liege. "Die Entscheidung, die dort nun getroffen wird, werde ich selbstredend achten."
Anwohner gegen Stellplätze am See
Ob auch die Anwohner die Entscheidung achten werden, ist fraglich. Diese hätten es gerne gesehen, wenn gar keine Motorradparkplätze in ihrer Nähe entstehen. Das wird auch aus Schreiben von Friedrich Hebsacker, Eigentümer des Post-Areals und einer der Petenten, an den SÜDKURIER deutlich. Durch die nun vorgesehene Platzierung der Stellplätze am Chantillyplatz bliebe "der Wunsch der Überlinger Bürger auf eine Verkehrsberuhigung der Innenstadt und besonders auf eine Vermeidung des durch die meisten Motorräder verursachten unerträglichen Lärms" weiterhin unberücksichtigt. Die einzige vernünftige Lösung sei es, "ohne großen Aufwand und Kosten einen Motorradparkplatz auf der Zimmerwiese anzulegen". Zumal die geplanten 14 bis 16 Stellplätze bei Weitem nicht ausreichten. "Ein Parkplatzsuchverkehr und dadurch Lärmbelästigung sind vorprogrammiert", schreibt Hebsacker. Und weiter: "Man kann abwarten, wie lange sich das die Anwohner, Hotel- und Feriengäste im Osten der Stadt gefallen lassen, bevor sie massiv protestieren."
Entscheidung fällt am Montag
Er verweist auf eine Entscheidung in Lindau, wo die Stadtverwaltung aufgrund von Anwohnerbeschwerden einen Motorradparkplatz wieder aufgelöst hat, und hofft darauf, dass "das eine oder andere Mitglied des Verkehrsausschusses doch noch seine Gedanken über Sinn oder Unsinn des jetzt geplanten Motorradparkplatzes" macht. Die Entscheidung wird am Montag, 11. Februar, 16.30 Uhr im Torhaus fallen.
Lange Parkplatzsuche
- November 2016: Im Zuge des Verkehrskonzept beschließt der Gemeinderat, alle öffentlichen Parkplätze in der Innenstadt zu sperren. Zugleich wird ein neuer Motorradparkplatz in der Seestraße beschlossen, der den bisherigen Zweiradparkplatz an den Seeschulen ersetzen soll.
- März 2017: Durch einen Antrag der FDP wird die Sperrung der Parkplätze aufgehoben, bis ein Parkleitsystem eingerichtet ist. Dadurch verliert auch der Beschluss zu den Motorradparkplätzen seine Wirksamkeit.
- März 2018: Der Verkehrsauschuss beschließt die Einrichtung von 15 Zweiradstellplätzen in der Seestraße – gegen den Vorschlag der Verwaltung für einen Parkplatz auf dem Chantillyplatz.
- Oktober 2018: Der Petitionsauschuss begutachtet die Lage und gibt seine Erkenntnisse nun an den Landtag weiter, der eine Empfehlung an die Stadtverwaltung ausspricht.
- Januar 2019: Jürgen Keck, Berichterstatter des Petitionsausschusses, empfiehlt in einem Brief an OB Jan Zeitler, den Motorradparkplatz wie ursprünglich von der Verwaltung vorgeschlagen, an den Chantillyplatz zu verlegen.
- Februar 2019: Am Montag beratschlagt der Verkehrsausschuss erneut über die Platzierung der Motorradstellplätze. (mde)