Die Eröffnung der Überlinger Landesgartenschau ist zwar erst einmal verschoben, doch diese konspirative Aktion dürfte länger wirken – außer die LGS-Verantwortlichen würden zu Baumfrevlern an einem Sipplinger Geschenk, das offensichtlich noch gar niemand bemerkt hat.
Die „schönste Stelle“ ausgesucht
„Die Landesgartenschau soll Früchte tragen!“ Bei diesem Satz kann sich Oliver Huber auch Wochen nach dem Coup das breite Grinsen nicht verkneifen. Er ist beim Heimatliederliedersängerbund Sipplingen (HLSB) der „Chefe“ und hat sichtlich Spaß, dass seinem Verein das gelungen ist: Im Februar schlichen sich bei Tagesanbruch drei kostümierte Mitglieder des Vereins und ein Kameramann in den – bis heute – abgesperrten Uferpark. Dort suchten sie sich „die schönste Stelle“ aus und pflanzten einen jungen Kirschbaum. Seitdem steht die „Sipplinger Leihgabe“ an der westlichen Landspitze unter der Trauerweide dicht am See. Die Eiche daneben ist auch neu, aber die haben die Gärtner der LGS gepflanzt. „Auf der Landesgartenschau hätte es nichts aus Sipplingen gegeben und das wollten wir ändern“, fügt ebenfalls gut gelaunt „Vizechefe“ Michael Märte an. Und warum gerade ein Kirschbaum? „Die Kirsche ist ein Symbol für Sipplingen. Hier gab es zeitweise 7000 davon“, ergänzt Kassenwartin Patrizia Sinner.

Ein Video als Beweis der Aktion
Die Namen der Beteiligten wollen sie nicht nennen, aber es ist nicht ausgeschlossen, dass einige gerade mit am Tisch sitzen. (Diese Geschichte hat unsere Mitarbeiterin Sabine Busse aufgezeichnet, noch bevor die Corona-Konktaktsperre in Kraft trat, Anm. d. Red.) Die Akteure des Heimatliedersängerbundes haben als Beweis ein Video gedreht, in dem drei Leute in schwarz-gelb gestreiften Kostümen und Cowboy-Hüten das Bäumchen pflanzen. Vorbilder für die Kleidung seien die Dalton Brüder gewesen. Die Figuren kennt man als berüchtigte aber wenig glücklich agierende Gesetzlose aus den Lucky Luke Comics.
Sticheleien zwischen Stadt und Dorf haben Tradition
Solche kleinen Sticheleien zwischen den Überlingern und Sipplingern hätten eine lange Tradition, die aber schon lange nur noch scherzhaft fortgeführt würden, erzählt Oliver Huber. Eigentlich wäre man sich längst freundschaftlich verbunden und besuche auch gerne gegenseitig die jeweiligen Narrenkonzerte. Und das ist eigentlich das Kerngeschäft des Heimatliederliedersängerbund Sipplingen 2014 e.V. – wobei der Name täuscht, denn die Gruppe gibt es schon seit über 60 Jahren, allerdings früher als Teil der Fastnachtsgesellschaft. Irgendwann habe man sich dann neu aufgestellt, erklärt Huber.

Kirsche als Symbol auch am Sipplinger Narr
Der Verein veranstaltet alle zwei Jahre das Narrenkonzert. In einem abendfüllenden Programm bringen die Männer und Frauen dabei alles auf die Bühne, was im Dorf schief gelaufen ist. Natürlich wird dabei auch gesungen. In der Fastnacht schließt sich der Kreis zur Kirsche als typisch Sipplinger Frucht. Und zwar im Namen und an den Ärmeln der Figur des „Trube-Kriese-Rätschers“. Der Narr in seinem roten Fransenkleid basiert auf dem Ortswappen und die Traubenranken an den Hosen, in Mundart „Trube“, stehen für den alten Weinbauort, die Kirschen – „Kriese“ – an den Ärmeln leiten sich vom neuzeitlichen Kirschendorf her. Die Holzrätsche vertreibt die räuberischen Stare aus Weinbergen und Kirschgärten.
Eine Reaktion auf die Baumpflanz-Aktion gab es noch nicht. Patrizia Sinner hofft, dass die Überlinger die Kirsche in den kommenden Jahren gut pflegen. „Über die Ernte müssen wir uns noch unterhalten.“ Vielleicht macht sich ja irgendwann einmal ein einsamer Reiter im Lucky Luke Kostüm auf den Weg Richtung Sipplingen.