Judith Brouwers

Dienstagmorgen, es regnet. Das soll den ganzen Tag so bleiben. Auf den Straßen sind nur wenige Menschen, am Landungsplatz noch weniger. Kaum jemand möchte bei diesem Wetter Schiff fahren. Das spielt für Philip Nachbauer keine Rolle – der Tag geht für ihn los wie jeder andere. Der 39-jährige Schiffsführer ist seit 8.30 Uhr dabei, das Passagierschiff „Bodensee“, eines von vier Schiffen des Überlinger Unternehmens CMS, einsatzbereit zu machen. Nach einer Stunde ist der Morgenputz fertig, um 9.30 Uhr fährt die „Bodensee“ am Überlinger Landungssteg ein. An guten Tagen warten um diese Uhrzeit schon 80 Leute auf das Schiff, in der nächsten Runde sind es dann meist über 100. Heute ist Gästezahl „mau“, wie Nachbauer sagt. Nur drei Passagiere wollen eine Rundfahrt vorbei an Nußdorf, Unteruhldingen und der Insel Mainau machen.

Normalerweise warten hier etwa 80 Fahrgäste auf das Passagierschiff Richtung Insel Mainau. Aufgrund des Wetters will dagegen diesmal ...
Normalerweise warten hier etwa 80 Fahrgäste auf das Passagierschiff Richtung Insel Mainau. Aufgrund des Wetters will dagegen diesmal kaum jemand mitfahren. | Bild: Judith Brouwers

Wegen des Wetters war aber abzusehen, dass nicht viele Gäste kommen würden, deshalb besteht die Mannschaft nur aus zwei Leuten. Mit Philip Nachbauer an Bord ist Leni Schreier. Sie kassiert, macht den Service und löst bei der Abfahrt die Seile, die das Schiff am Steg befestigen. Als die „Bodensee“ pünktlich um 9.45 Uhr ablegt, steht Philip Nachbauer im Steuerhaus. Es befindet sich auf dem oberen Deck, eine schmale Tür führt hinein. Innen hat der Schiffsführer einen Rundblick, denn in alle Richtungen sind Glasscheiben eingesetzt. Nachbauer steht vor einem großen Steuerrad, dahinter befinden sich Knöpfe, einige leuchten orange und grün. Zunächst geht es das Ufer herunter Richtung Unteruhldingen. Kaum abgefahren, macht Philip Nachbauer eine Durchsage. Er erklärt die ersten Sehenswürdigkeiten, an denen das Schiff vorbeifährt: das Schloss Rauenstein, rechts davon das Parkhotel St. Leonhard, das größte Hotel in Überlingen, das Ostbad.

Bei Regen ist der See leer

„Heute gibt‘s auf dem See nicht viel zu beachten“, sagt Nachbauer. An sonnigen Tagen sei der Bodensee voller Angler, kleiner Boote oder Stand-up-Paddler, die die Seefahrt-Regeln nicht kennen. „Eigentlich hab ich Vorrang.“ Das zeige auch der grüne Ball, der vorne am Schiff befestigt sei. Das Problem: Die meisten Menschen kennen diese Regelung nicht, also müsse die „Bodensee“ hin und wieder ausweichen. Heute aber ist der Bodensee leer, das Passagierschiff hat freie Fahrt. Um 10 Uhr taucht der kleine Steg bei Nußdorf auf. Nachbauer überprüft durch sein Fernglas, ob ein Fahrgast am Steg wartet. Niemand da. Er setzt die Fahrt fort, ohne in Nußdorf anzulegen. Es geht weiter am Ufer entlang zu den Unteruhldinger Pfahlbauten, dann lenkt Nachbauer die „Bodensee“ Richtung Insel Mainau.

Während der Fahrt ist sein Platz im Steuerhaus: Schiffsführer Philip Nachbauer.
Während der Fahrt ist sein Platz im Steuerhaus: Schiffsführer Philip Nachbauer. | Bild: Judith Brouwers

Philip Nachbauer liebt seinen Job. Über Umwege wurde er Schiffsführer. Angefangen hat er als Segellehrer, doch das allein reichte nicht, „die großen Schiffe haben mich immer gereizt“. Er wurde Binnenschiffer und arbeitete fünf Jahre als Matrose auf dem Rhein und der Donau. Danach wurde er Schiffsführer. Seit eineinhalb Jahren arbeitet er nun für die Überlinger Schifffahrtgesellschaft CMS.

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Keiner der Passagiere möchte an der Mainau aussteigen. Der Steg ist leer, niemand möchte einsteigen. Nachbauer entscheidet kurzerhand: Der Halt entfällt. Damit die drei Fahrgäste genug von der Mainau sehen, fährt er langsamer an der Insel vorbei, bevor es zurück nach Überlingen geht. Um 10.55 Uhr erreicht die „Bodensee“ den Überlinger Landungsplatz. Leni Schreier befestigt die Seile am Steg und hilft den drei Passagieren aus dem Schiff. Es ist die erste von sechs Rundfahrten, die Philip Nachbauer und Leni Schreier heute machen werden. Aber noch ist niemand am Landungsplatz, der bei dem Regen Lust auf eine Schifffahrt hat. Philip Nachbauer ist trotzdem zuversichtlich, dass die zweite Rundfahrt stattfinden wird: „Irgendjemand kommt immer.“ Nur etwa zweimal im Jahr komme es vor, dass wirklich kein Gast mitfahren wolle. Dann fährt Nachbauer in Absprache mit seinem Chef noch bis Nußdorf, um zu überprüfen, ob auch hier keiner einsteigen möchte. Bleibt das Schiff weiterhin leer, fährt er zurück zum Landungsplatz.

Leni Schreier ist für das Anseilen der „Bodensee“ verantwortlich.
Leni Schreier ist für das Anseilen der „Bodensee“ verantwortlich. | Bild: Judith Brouwers

Auch wenn wenig los und das Wetter schlecht ist, macht es Philip Neubauer trotzdem Spaß, den Bodensee zu befahren. Auch bei Regen sei der See schön. „Ich will das Fahren auf dem Bodensee gegen nichts mehr tauschen“, sagt er.

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Von Überlingen aus per Schiff reisen

In Überlingen gibt es neben der BSB auffällig viele private Schifffahrtanbieter. Hier haben Reisende viele Möglichkeiten, andere Ziele am Bodensee zu erreichen. Es empfiehlt sich, Tickets direkt beim jeweiligen Anbieter zu kaufen, denn jeder Betrieb hat eigene Fahrkarten, die nicht für andere Schifffahrtanbieter gelten. Tickets für CMS und Held können aber auch bei BSB-Schaltern erworben werden. Welche Betriebe steuern welche Ziele an? Wir geben einen Überblick:

  • CMS Schifffahrt:

In der Hauptsaison bietet CMS sechsmal täglich von Überlingen aus eine Rundfahrt zur Mainau an. Fahrgäste können an der Mainau aussteigen und erst später nach Überlingen zurückkehren. In der Nebensaison (ab dem 21.10.) wird die Insel Mainau dreimal täglich angefahren. Mittwochs (22.05.-04.09.) fährt einmal täglich ein Schiff nach Rorschach. Sonntags (28.04.-29.09.) haben Fahrgäste einmal am Tag die Möglichkeit, nach Stein am Rhein zu kommen. Weitere Informationen gibt es unter www.cms-schifffahrt.de.

  • Schifffahrtsbetrieb Deinis:

Wer nach Sipplingen, Ludwigshafen oder Bodman reisen möchte, kann in der Hauptsaison samstags bis donnerstags dreimal täglich mit den Schiffen des Schiffsbetriebs Deinis fahren. In der Nebensaison (30.03.-14.04., 06.05.-29.05., 31.05.-07.06., 24.06.-30.06., 16.09.-13.10.) verkehren Schiffe mittwochs, samstags und sonntags. Zwischen dem 31.05. und 13.09. fahren freitags einmal täglich Schiffe nach Konstanz sowie zur Mainau und wieder zurück. Weitere Informationen gibt es unter www.schifffahrt-bodensee.eu.

  • Personenschifffahrt Giess & Giess:

Zwischen dem 15.04. und dem 13.09. können Fahrgäste täglich von Überlingen aus im Stundentakt nach Wallhausen gelangen. In der Nebensaison verkehrt das Schiff zwischen Überlingen und Wallhausen ebenfalls im Stundentakt, aber nur an den Werktagen. Weitere Informationen gibt es unter www.personenschifffahrt-bodensee.de.

  • Schifffahrtsbetrieb Held:

Fünfmal täglich werden Fahrgäste mit dem Schifffahrtsbetrieb Held zwischen dem 30.03. und 20.10. zur Insel Mainau gebracht. Montags (29.04.-07.10.) und mittwochs (24.04.-09.10.) kommen Gäste einmal täglich von Ende April bis Anfang Oktober nach Konstanz. Wer nach Gottlieben möchte, kann dienstags (23.04.-11.06., 17.09.-24.09.) oder mittwochs (19.06.-11.09.) einmal täglich ein Schiff nehmen. Nach Lindau, Bregenz oder Arbon und wieder zurück kommen Reisende jeden Dienstag (18.06.-10.09.). Donnerstags (25.04.-19.09.) verkehren Schiffe zwischen Überlingen und Stein am Rhein, der Reichenau oder Mannenbach. Weitere Informationen gibt es unter www.gunzo.de.

  • Bodensee-Schiffsbetriebe (BSB):

Von Überlingen aus erreichen Fahrgäste mit der BSB ohne Umstieg die Ziele Dingelsdorf, Unteruhldingen, Insel Mainau, Meersburg und Konstanz. Mit Umstieg sind insgesamt 34 Ziele am Bodensee möglich. Das entfernteste Ziel, das von Überlingen aus hin und zurück erreicht werden kann, ist Bregenz. Ein Online-Fahrplan kann unter www.bsb.de abgerufen werden.