Petra Hofmann

Im Raum herrscht eine besondere Stimmung. Es ist aufregend. Die Spannung steigt. Eine kleine schwarze Damenhandtasche wird auf den Tisch gelegt. Der Auktionator hebt sie hoch, damit alle Anwesenden die Tasche sehen können. Er listet auf, was sich in der Innentasche noch befindet. Ein goldfarbener Innenbeutel, ein Rougepinsel mit Farbkästchen. Eine blonde Dame im grauen, leichten Steppmantel schiebt ihren Oberkörper leicht nach vorne. Sie sitzt, wie die meisten anderen auch, auf einen der bereitgestellten Klappstühle im Erdgeschoss des Bürgerservices Ü-Punkt. Hier beginnt um 14.30 Uhr die Versteigerung der gefundenen Sachen des Fundbüros in Überlingen. Sie wartet auf das Eröffnungsangebot für die Abendtasche.

Dieser Strickbeutel mit Holzstricknadeln wurde nicht versteigert. „Alle Dinge, die nicht versteigert werden, landen auf dem ...
Dieser Strickbeutel mit Holzstricknadeln wurde nicht versteigert. „Alle Dinge, die nicht versteigert werden, landen auf dem Müll“, sagte Auktionator Michael Moser. | Bild: P. Hofmann

„20“, ruft Auktionator Michael Moser. Er schaut erwartungsvoll in den Raum. Wird jemand bieten? Ihr Arm geht hoch. Moser, Leiter des städtischen Bürgerservices, blickt sich im Raum um und wiederholt sein Angebot. Kein weiterer Arm geht in die Höhe. Routiniert und gelassen spult er sein Programm ab. „20 Euro zum Ersten, zum Zweiten und zum Dritten.“ Der Zuschlag geht an Jutta Hilborg-Reiche aus Überlingen. Sie freut sich sehr.

Jutta Hilburg-Reiche aus Überlingen mit ihrer ersteigerten kleinen Damenhandtasche. „Die ist genau richtig für Kammerkonzerte oder ...
Jutta Hilburg-Reiche aus Überlingen mit ihrer ersteigerten kleinen Damenhandtasche. „Die ist genau richtig für Kammerkonzerte oder andere kleine Veranstaltungen.“ | Bild: Petra Hofmann

Sie ist zum ersten Mal bei einer Versteigerung des Fundbüros in Überlingen dabei. „Ich war schon bei einem Kunsthaus in Überlingen. Hier ist das Publikum ganz anders. Es ist lustiger.“ Ja, sie war aufgeregt. Ja, sie wollte die Tasche gerne ersteigern. „Mehr als 20 wollte ich dafür nicht ausgeben.“ Sie hängt sich die Tasche mit einem strahlenden Lächeln um. „Die ist genau richtig für die Kammerkonzerte oder andere kleine, feine Veranstaltungen.“

Kein Probefahren

An diesem Nachmittag werden noch weitere Dinge versteigert. Darunter viele Fahrräder. Paul Löber aus Überlingen ersteigert ein Fahrrad. Joseph Fischer nimmt ein Fahrrad für den Sohn mit. Der wohnt in München, wo andauernd Fahrräder geklaut werden. Daher wollte er wenig Geld für ein „neues“ Fahrrad ausgeben. „Wer weiß schon, wie lange es dauert, bis dieses Fahrrad geklaut wird?“

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Eine Frau hat ein Fahrrad für sich selbst ersteigert. „Mein Altes ist sehr schwer. Ich wollte ein Neues, leichtes“, erzählt sie. Jetzt hat sie eins. Tatkräftig unterstützt wurde sie dabei von einem Freund. Gemeinsam schauten sie sich die Fahrräder eine halbe Stunde vor Versteigerungsbeginn genau an. In diesen 30 Minuten können sich die Interessenten alle Fundstücke in Ruhe ansehen. Allerdings dürfen nur die Fahrräder angefasst und hochgehoben werden. Alle anderen Dinge, wie Armbanduhren, kleine Kamera, Schmuckkästchen, Rucksäcke oder Strickbeutel dürfen nur begutachtet und angeschaut werden.

Mister X, ebenfalls aus Überlingen, er sträubt sich seinen Namen preiszugeben, hat ebenfalls ein Fahrrad ersteigert. Für 10 Euro . „Ich werde es verschenken“, erzählt er. „An einen nicht deutsch sprechenden Jungen.“ Die ersteigerte Swatch-Uhr dagegen will er bei E-Bay versteigern.

Kajak für wenig Geld

Das größte Objekt liegt im Keller des Fundbüros. Ein Kajak. Eine handvoll Interessenten geht mit dem Auktionator in den Keller und begutachtet das Kajak. „Es ist sehr lang“, finden sie. Aber es wird trotzdem ersteigert, für zehn Euro. Es ist das einzige Fundobjekt, das noch ein, zwei Tage im Keller liegen bleiben darf, bevor es sein neuer Besitzer abholen sollte. Alle anderen ersteigerten Dinge hat der neue Eigentümer nach Bar- oder EC-Zahlung gleich mitzunehmen.