Eva-Maria Bast, Sabine Busse, Sylvia Floetemeyer, Julia Rieß, Martina Wolters, Mardiros Tavit und Hanspeter Walter

Keine Angst vor großen Bühnen

Reinhard A. Weigelt, Überlingen. Bild: FDP
Reinhard A. Weigelt, Überlingen. Bild: FDP | Bild: Fdp

Reinhard A. Weigelt, der die FDP seit 15 Jahren im Überlinger Gemeinderat vertritt, polarisiert – und steht oft im Rampenlicht. Allerdings, sagt Weigelt, „ist der Blick auf die Stadträte teilweise leider anders geworden. Es wird uns erst einmal pauschal unterstellt, dass wir etwas falsch machen." Er – der Bürger – sei jederzeit für Forderungen, Drohungen, Petitionsausschüsse und Bürgerbewegungen zu haben. Der Bürger ist kritisch und ja, er begutachte kritisch auch die Räte. Weigelt: „Das ist aber völlig normal. Wer sich positioniert, kann es nicht allen recht machen. Und als guter Stadtrat muss man sich positionieren.“ Geduld und ein dickes Fell seien dabei hilfreich, vor allem aber die persönliche Motivation, etwas für die Stadt zu bewegen. „Das ist meine Stadt, ich liebe diese Stadt“, sagt er, „Ich bin gerne im Gemeinderat, und stolz darauf, weil ich so etwas für die Stadt tun kann. Weil ich das Feld nicht den Dummschwätzern, Blockwarten und Paragrafenreitern überlassen will. Dafür nehme ich gerne in Kauf, im Rampenlicht zu stehen – und für meine Überzeugungen auch mal kritisiert zu werden.“ (jur)

Von der eigenen Wahl überrascht

Ralph Mittelmeier, Überlingen. Bild: Eva-Maria Bast
Ralph Mittelmeier, Überlingen. Bild: Eva-Maria Bast

Eigentlich wollte Ralph Mittelmeier gar nicht in den Gemeinderat. „Lange hab ich mich vor der Zusage gedrückt auf die Liste zu gehen. Nachdem am Ende noch zwei Teilnehmer abgesprungen sind, habe ich mich dann doch noch entschlossen, den vorletzten Platz einzunehmen“, sagte der Überlinger. Und dann wurde er trotz des hinteren Listenplatzes gewählt. „Das hat mich sehr überrascht“, blickt er zurück. „Relativ schnell wich die Überraschung der Freude über das ausgesprochene Vertrauen. Im Kreise der Altgemeinderäte wurde ich gut aufgenommen und darf nun die politische Kraft positiv begleiten.“ Es sei interessant, einen Einblick in die Arbeit der Verwaltung zu bekommen und dadurch politische Prozesse besser zu verstehen. „Man hat tatsächlich die Möglichkeit, durch Abwägen und Finden von vernünftigen Mehrheiten, Einfluss auf die Entwicklung Überlingens zu nehmen.“ Rückblickend, nach gut vier Jahren, sei er glücklich dabei zu sein, sagt Mittelmeier. „Ich habe somit die Chance, die Geschicke der Überlinger Geschichte für einen kurzen Zeitraum mitzugestalten.“ (emb)

Zu alt mit 82?

Werner Endres, Meersburg. Bild: Sylvia Floetemeyer
Werner Endres, Meersburg. Bild: Sylvia Floetemeyer

Werner Endres, wird im Januar 82 Jahre alt, er sitzt seit 44 Jahren im Meersburger Gemeinderat: „Für mich spielt das Alter keine Rolle. Ich freue mich über jeden, ob jung oder alt, der sich in der Gesellschaft einbringt.“ Wenn es um seine Arbeitskraft geht, habe noch nie jemand gesagt, er sei zu alt. „Gemeindepolitik ist meine politische Heimat. Wir haben eine unglaublich gute Zusammenarbeit in der Fraktion, ich bin seit 44 Jahren im Rat, war 50 Jahre lang Haltnau-Wirt, 34 Jahre lang Vorsitzender des Turn- und Sportvereins: Alles, was ich gemacht habe, habe ich langjährig gemacht.“ Warum soll man im Alter nicht noch einen Beitrag leisten, wenn man körperlich und geistig fit ist? „Ich fühle mich überhaupt nicht alt. Ich fordere jeden Jungen auf, mitzumachen. Ich war das 14. von 15 Kindern und habe früh gelernt, dass man gemeinsam weiterkommt. Wenn einer glaubt, ich sei alt, kann er ja mit mir auf die (Ringer-)Matte. Aber, gell: Ich mache jeden Tag eine Stunde Fitnessübungen! Ich habe in den vergangenen Monaten 15 Kilo abgenommen und bis zur Wahl im Mai habe ich wieder mein altes Kampfgewicht.“ (flo)

Werner Endres: Warum er mit 82 noch für den Gemeinderat kandidiert Video: Hilser, Stefan

Zu jung für den Gemeinderat?

Stefan Warnkönig, Stetten.
Stefan Warnkönig, Stetten. | Bild: Kandidatenfoto

Mit 28 Jahren ist Stefan Warnkönig das jüngste Mitglied des Stettener Gemeinderates. Der Weinküfermeister und Nebenerwerbsweinbauer hält es für entscheidend, dass gerade junge Leute im Gremium sitzen, trotz familiärer und beruflicher Belastungen. Es sei aufwändig, aber lohnend. "Wir sind die nächste Generation“, betont Warnkönig. Jeder jüngere Bürger, der sich an der Dorfgemeinschaft beteiligen will, sei am Ratstisch „ganz wichtig“. Das Wahlamt sei „die beste Möglichkeit, sich als junger Mensch mit seinen Ansichten zu positionieren.“ Das bringe neue Perspektiven und frische Denkweisen mit sich. Außerdem könne man viel lernen. Von den älteren Ratskollegen, „die junge Ideen abwägen und fein schleifen". Oder die ein oder andere Erkenntnis, "dass vieles nicht so einfach ist, wie ich mir das als junger Mensch denke". Er begreife den Gemeinderat als ein Räderwerk. Man könne viel erreichen, wenn Bürgermeister und Räte Hand in Hand arbeiten. Gerade der Mix aus älteren und jungen Räten und verschiedenen Berufen macht für ihn die Ratsarbeit aus. (mw)

Kinder und Rat unter einen Hut bringen

Petra Karg, Salem. Bild: privat
Petra Karg, Salem. Bild: privat | Bild: privat

Petra Karg ist berufstätig und Mutter von drei Kindern. Vor 24 Jahren saß sie eine Amtszeit im Gemeinderat Salem. Seit vier Jahren ist sie wieder dabei. Sie gibt unumwunden zu, dass die Ratsarbeit umfangreich ist. Dennoch findet sie, sie dürfe sich nicht auf eine kleine Bevölkerungsgruppe beschränken. „Der derzeitige Altersdurchschnitt liegt nahe der 60-er Marke.“ Gerade jüngere Menschen müssten sich einbringen, wenn sie nicht von der „Alters-Lawine“ überrollt werden wollten. Es sei wichtig, dass auch genügend Frauen und deren Sichtweise vertreten sind. Weil „Frauen oft anders denken“, sei es nötig, dass sie mitreden und Erfahrungen einbringen. Natürlich gehe es auch um Kindergärten und Schulen, Themen, die Müttern präsent sind. „Aber es geht noch um viel mehr“, findet Karg. Zum Beispiel darum, mitzureden, wofür Geld ausgegeben wird in der Gemeinde. Sie könnte sich als bessere Unterstützung für junge Frauen vorstellen, „dass die nach Proporz fehlenden Sitze von einer Frauen-Gruppe besetzt werden“, die sich je nach Bedeutung des Themas zu Wort meldet. (mw)

Reingschmeckter traut sich

Otto Köhler, Daisendorf. Bild: Mardiros Tavit
Otto Köhler, Daisendorf. Bild: Mardiros Tavit

Otto Köhler, 65 Jahre alt, Schlossermeister im Ruhestand. Der Berliner wohnt seit 25 Jahren in Daisendorf. 2014 ist er in den Rat gewählt worden. In Daisendorf habe er sich willkommen gefühlt. „Ich habe viel Freude in der Gemeinde, und ich wollte diese Freude durch meinen persönlichen Beitrag in der Gemeinde erhalten“, sagt er. Es gebe viele Möglichkeiten, sich in der Gemeinde einzubringen. Nach seiner Meinung sollte jeder einmal in den Gemeinderat, „unabhängig davon, ob er hier geboren oder zugereist ist“. Köhler ist überzeugt, dass „wer zu Lösungen in der Gemeinde beitragen will, in den Rat muss“. Er liebe den Stammtisch, aber mit Stammtischgerede würden keine Probleme gelöst. „Ich nehme die Anregungen aus den Gesprächen mit in den Rat“, erzählt er. Dort habe er viel mehr über seine Gemeinde erfahren, als erwartet. Sei es Straßenbau, Wasserversorgung, Ausstattung von Kindergartenplätzen oder die Finanzierung der Gemeinde. „Es ist wichtig, dass viele Berufe und Altersgruppen im Rat vertreten sind.“ Jeder habe seinen eigenen Blick auf ein Problem, die Gesamtheit mache den Erfolg aus. (mt)

Bindung an eine Partei nicht nötig

Marga Lenski, Überlingen. Bild: LBU/Die Grünen
Marga Lenski, Überlingen. Bild: LBU/Die Grünen

Marga Lenski sitzt seit 14 Jahren für die LBU (Liste für Bürgerbeteiligung und Umweltschutz) im Überlinger Gemeinderat. Zu ihrer ersten Kandidatur haben sie Freunde gebracht und gefragt, ob sie sich nicht engagieren wolle. Damals schaffte sie es knapp in das Gremium, bei der letzten Wahl erhielt sie die meisten Stimmen als Einzelperson. „Die Politik der Grünen habe ich immer als meine betrachtet“, sagt Marga Lenski, aber in die Partei eintreten? Das wollte sie trotzdem nicht. „Damals hatte sich aus einem Bürgerentscheid die LBU als kraftvolle Bewegung formiert und ich wollte mich für die lokalen Themen engagieren.“ Hier fand sie ihren Einstieg in die Kommunalpolitik. Mittlerweile bildet die LBU mit den Grünen eine Fraktionsgemeinschaft. Trotzdem müsse niemand aus der LBU bei überregionalen Wahlen an den grünen Ständen Bundespolitik verteidigen. In diesem Zusammenhang gibt Marga Lenski zu bedenken: „Die großen Parteien brauchen auch eine Basis.“ Also Menschen, die sich inhaltlich einbringen, Nachwuchs stellen und nicht zuletzt Beiträge bezahlen. (bus)

Angst vor der großen Verantwortung?

Walter Städele, Frickingen. Bild: Eva-Maria Bast
Walter Städele, Frickingen. Bild: Eva-Maria Bast

Die Arbeit im Gemeinderat bringt zweifelsohne jede Menge Verantwortung mit sich. Walter Städele trägt sie seit 25 Jahren mit Würde und Begeisterung: „Verantwortung für ein Gemeinwesen zu tragen ist auch Bürgerpflicht“, findet das Frickinger Ratsmitglied und unterstreicht, dass einem das Thema Verantwortung auch im täglichen Leben begegne: „Wir alle sind es gewohnt, Verantwortung in Familie, Beruf bzw. Ehrenamt zu tragen.“ Verantwortung als Gemeinderat zu übernehmen, überfordere nicht, da die Verantwortung auf das Gremium verteilt werde, versichert Walter Städele. „Entscheidungen im Gemeinderat werden mehrheitlich getroffen. Die Verantwortung dafür tragen der Gemeinderat und Bürgermeister. Die Umsetzung der Entscheidungen liegt ausschließlich in der Verantwortung des Bürgermeisters und der Verwaltung.“ Ausführliche Informationen und eine sachliche Diskussion in der Gemeinderatsarbeit ließen Entscheidungen reifen. „Die Themen in der Gemeinderatsarbeit sind vielfältig, dafür Verantwortung zu übernehmen, ist eine interessante Aufgabe.“ (emb)

Von wegen "keinen Einfluss"!

Elisabeth Matzner, Owingen. Bild: Gemeinde Owingen
Elisabeth Matzner, Owingen. Bild: Gemeinde Owingen

Elisabeth Matzner (62) ist seit 2004 Gemeinderätin in Owingen. „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man durchaus etwas bewirken und Einfluss nehmen kann.“ Sicher gebe es auch enge Vorschriften, wie beim Vergaberecht. „Da hätte man manchmal gerne mehr Entscheidungsfreiheit“, sagt Matzner. Ansonsten habe sie es immer spannend gefunden, andere Perspektiven und Positionen kennenzulernen. „Wenn man selbst keine Mehrheit bekommt, muss man die andere Sicht eben akzeptieren.“ Gefreut habe sie sich über die Planung des Bürgerzentrums „Kultur|O“ und der grünen Mitte Owingens. „Da konnten wir unsere Wünsche einbringen, und es ist sehr gut gelungen.“ Just in diesen Tagen werde dies mit einem Workshop fortgesetzt, bei dem man sich mit den Bürgern austauscht. „Für mich ist das befriedigend“, betont Matzner. Deshalb kandidiere sie auch gerne für eine vierte Amtszeit. “Vielleicht haben wir in Owingen besonderes Glück.“ Der Gemeinderat dürfe sich „auf Augenhöhe“ mit der Verwaltung fühlen und werde gehört. „Bei uns wird niemand untergebuttert.“ (hpw)

Keine Angst vor einem Shitstorm

Aniko Haufe, Überlingen. Bild: Sabine Busse
Aniko Haufe, Überlingen. Bild: Sabine Busse

Aniko Haufe hatte sich bereits bei den letzten Wahlen auf die Kandidatenliste setzen lassen, verpasste aber knapp den Einzug in den Gemeinderat von Überlingen. Bei der Wahl 2019 stehen ihre Chancen mit Listenplatz 2 wesentlich besser. Die 31-Jährige gehört zu einer Generation, für die der Umgang mit den Sozialen Medien selbstverständlich ist. So betreut sie mit Parteifreunden zusammen die Facebook-Seite der Überlinger CDU. „Ich sehe darin vor allem die Möglichkeit, schnell Informationen zu streuen“, sagt Aniko Haufe. „Auf diese Weise kann man andere Einblicke ermöglichen und mehr Leute erreichen.“ In ihren Augen überwiegen die Vorteile der Sozialen Medien für die Parteien. „Natürlich gibt es auch Risiken“, räumt sie ein. Facebook sei keine Diskussionsplattform und es gebe auch unangemessene Reaktionen. Auf die versucht sie stets sachlich und nie im Affekt zu antworten. „Als Gemeinderätin wird man auch unpopuläre Entscheidungen treffen müssen, das liegt in der Natur der Sache. Mit der Kritik muss man sich dann auseinandersetzen, egal in welcher Form.“ (bus)