Lucia, Clementine, Bertha, Kim! So heißen die Rindviecher von Simon Hack aus Andelshofen. Er ruft seine Huftiere beim Namen. Alle vier Rinder trotten heran, lassen sich von ihrem Bauern kraulen, wickeln ihre Zunge um seine Finger. Der 23-jährige Simon Hack ist kein Bauernsohn, er hat keinen Hof geerbt – vielmehr ist er mitten in der Gründung und im Aufbau eines eigenen landwirtschaftlichen Betriebs begriffen. Wie soll das gehen?

Simon Hack wuchs in Andelshofen auf, in der Nähe zu Biobauer Wekerle, sie sind verwandt miteinander. Hier verbrachte er einen Großteil seiner Kindheit. Als er im Dorf, im Hotel Johanniterkreuz, eine Kochlehre begann, merkte er rasch: „Eigentlich bin ich ja Bauer.“ Er sattelte um und absolvierte eine Landwirts-Ausbildung. Nach Abschluss strebt er nun den Meister an. Heißt: Im Winter Berufsschule und Hofarbeit, im Sommer buckeln auf dem Acker.

Simon Hack, Landwirt: „Der schönste Beruf auf der Welt.“
Simon Hack, Landwirt: „Der schönste Beruf auf der Welt.“ | Bild: Hilser, Stefan

Wohlgemerkt baut Simon Hack neben der Meisterschule seinen Betrieb gerade auf. Quasi aus dem Nichts. „Die erste Halle steht“, sagt er mit einem zufriedenen Lächeln. Er zeigt auf den offenen Unterstand für Traktor und Heu, den er sich im Dorf gebaut hat. Die Halle war Voraussetzung dafür, dass er das Futter für eine kleine Herde lagern kann.

Drei Rinder und eine Mutterkuh sind mittlerweile sein Eigen. Sie geben Andelshofen wieder ein bäuerlicheres Gesicht zurück. „Vor 25 Jahren“, so Simon Hack, habe der letzte Landwirt im Ortskern seine Kuhherde aufgegeben. Sehr zur Freude der Kinder muht es nun wieder in Andelshofen. Die Kinder, die auf dem Weg zum Kindergarten oder Schule am Zaun zu seinen Viechern vorbeikommen, „können sich immer kaum mehr losreißen“, freut sich Hack über ihr Interesse an seiner Arbeit.

Zwei, die sich in die Augen schauen: Glückliche Kuh von glücklichem Bauer.
Zwei, die sich in die Augen schauen: Glückliche Kuh von glücklichem Bauer. | Bild: Hilser, Stefan

Schritt 1: Acker gepachtet

Schritt für Schritt geht Hack zu Werke. Der erste Schritt war die Pacht eines Ackers, auf dem er mit seinem alten Traktor Feld- und Feingemüse nach den Richtlinien des Verbands Bioland anbaut. Kürbis, Kartoffel, Kräuter oder Salat. Weitere Früchte seiner Arbeit sind Braugerste, Äpfel oder Getreide. „Ich baue keine Tiernahrung an“, betont er. Angesichts der Lebensmittelknappheit auf dem Weltmarkt hielte er es für unmoralisch, Dinge, wovon der Mensch satt wird, an Tiere zu verfüttern.

Schritt 2: Kuhherde zugelegt

Ein weiterer Schritt war der Aufbau einer bislang vierköpfigen Herde, drei Rinder und eine Mutterkuh. Die Kuhfladen benötigt er als Dünger für den Acker. Eines der Rinder werde demnächst geschlachtet, ohne Transport zum Metzger, sondern, so plant es Hack, in einer mobilen Schlachtbox neben der Weide. Sowohl das Fleisch als auch alle seine Feldfrüchte gibt der Jungbauer in die Direktvermarktung, Zwischenhändler oder gar das Ende im Discounter gebe es bei ihm nicht. Der nächste von ihm geplante Schritt ist dann der Bau einer weiteren Halle, wo die Rinder überwintern können.

Schritt 3: Stand auf dem Wochenmarkt

Hack hat vor einem Jahr bereits einen weiteren großen Schritt getan: die Übernahme des Obst- und Gemüsehandels von seinem Verwandten Wekerle, mit Verkaufsstand auf dem Wochenmarkt in Überlingen. Damit schuf er sich eine weitere Vermarktungs- und Verdienstmöglichkeit. Hack formuliert das Ziel: „Von Mai bis Oktober 70 Prozent Eigenanbau und 30 Prozent zugekaufte Ware, von November bis Februar gerade andersherum, 30 zu 70 Prozent.“

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Widrigkeiten bleiben nicht aus. „Das Jahr 2024 war hart“, blickt Hack zurück und meint das bauernfeindliche, feuchte Wetter. Dieser Sommer des Jahres 2025 sei wiederum viel zu trocken. Momentan muss er mit tausenden Litern Trinkwasser täglich seine Salatköpfe gießen. Sie würden dadurch so teuer, dass er nichts mehr an ihrem Verkauf verdient. Hinzu kommt der Schaden auf dem Acker, den ihm ein Unbekannter anrichtete, der mit einem breiträdrigen Fahrzeug seinen Salat umpflügte. Die Spurrillen zeugen davon, den Schaden beziffert er auf knapp 2000 Euro. Und dann berichtet Hack noch davon, dass neulich sein alter Traktor mit einem Motorschaden liegenblieb. Doch Simon Hack steckt solche Niederschläge mit Langmut weg.

Karl-Heinz Mayer, Vizepräsident im Bauernverband: „Ich habe großen Respekt vor Jungs wie Simon.“
Karl-Heinz Mayer, Vizepräsident im Bauernverband: „Ich habe großen Respekt vor Jungs wie Simon.“ | Bild: Hilser, Stefan

Bauernfunktionär zollt Respekt

Anerkennung für den Weg, den Simon Hack beschreitet, kommt von Karl-Heinz Mayer aus Owingen, Vizepräsident im Bauernverband BLHV. „Ich habe großen Respekt vor Jungs wie Simon.“ Die Zahl der Landwirtschaftsabsolventen nehme zu, die Zahl landwirtschaftlicher Flächen in Deutschland nehme wegen fortschreitender Versiegelungen jedoch kontinuierlich ab. Es sei nahezu unmöglich, von null an einen klassischen landwirtschaftlichen (Familien-)Betrieb aufzubauen. Er bestärkt Hack im Weg der Spezialisierung und Eigenvermarktung. „Du musst etwas Neues und Einzigartiges auf den Markt bringen und Dich von der Masse abheben.“ Junge Leute, die vom Leben und Arbeiten auf dem Bauernhof träumen, müssen nicht unbedingt einheiraten, so wie dies früher der Fall war. Dennoch, so Mayers genereller Tipp, gibt es für Neulinge in der Branche auch die Möglichkeit zur Übernahme bestehender Höfe, für die es keinen Familiennachfolger gäbe. „Wir vom BLHV sind im Bereich außerfamiliärer Hofübergabe stark unterwegs.“

Ein Foto wie aus einem Jungbauernkalender, wo Mensch und Arbeit eins zu sein scheinen.
Ein Foto wie aus einem Jungbauernkalender, wo Mensch und Arbeit eins zu sein scheinen. | Bild: Hilser, Stefan

Auf die Frage an Simon Hack, was ihm Zuversicht gibt, dass sein Lebensprojekt wirklich wahr wird, antwortet er: „Meine Kunden. Sie sagen: ‚Dein Salat schmeckt so geil‘. Deshalb weiß ich, dass es sich lohnt. Außerdem ist es der schönste Beruf der Welt.“