Seine Augen leuchten, wenn er von seinem Traum erzählt. Simon Hack steht auf einer 1,5 Hektar großen Wiese zwischen dem Ortsausgang von Andelshofen bei Überlingen und der B31-Auffahrt. Er trägt eine braune Arbeitshose, schlammige Sicherheitsschuhe und eine verwaschene Schirmmütze, nach hinten gedreht. Noch sieht man hier nur Gras, ein Hühnermobil und ein paar Regenwürmer, die aus der Erde gucken. Bis 2030 soll hier aber sein eigener Hof entstehen, mit einem Stall für 30 Ochsen, Getreide- und Gemüseflächen, einer Streuobstwiese und einer Gerätehalle.

Tiefe Freude nach harter Arbeit

Hack ist in Überlingen geboren und in Andelshofen aufgewachsen. Kontakt zur Landwirtschaft hatte er schon in seiner Kindheit durch den Hof seiner Verwandten, erzählt er. Sein Berufswunsch stand seither fest: „Landwirt werden, das war schon damals mein Traumberuf.“ Draußen in der Natur sein, einen Sämling in die Erde setzen und ihn zur Pflanze hochziehen, diese Selbstwirksamkeit erleben – das habe ihm nur die Landwirtschaft geboten. Während Gleichaltrige nach der Schule reisen gingen, wusste er immer, wo es ihn hinzieht. Im Jahr 2020 meldete er sich daher beim Berufsschulzentrum Radolfzell für eine duale Grundausbildung zum Landwirt an. Im vergangenen Jahr schloss er sie ab.

Simon Hack, Junglandwirt aus Andelshofen, hat große Pläne.
Simon Hack, Junglandwirt aus Andelshofen, hat große Pläne. | Bild: Cian Hartung

In dieser Zeit lernte Simon Hack in Radolfzell die Theorie und in seinem Ausbildungsbetrieb in Deggenhausertal die Praxis für seinen späteren Beruf. Was ihm besonders Freude bereitet? „Wenn die Ernte eingefahren ist und ich mit einem Wagen voller Getreide heimkomme“, sagt er – oder: „Wenn ich im Frühjahr die Tiere aus dem Stall lasse und sie auf die Weide springen.“ Dann empfinde er nach Monaten der harten Arbeit und des frühen Aufstehens tiefe Freude.

Stabile Azubi-Zahlen trotz Ungewissheit

Der 22-Jährige ist einer von vielen jungen Menschen aus der Bodenseeregion, die seit dem vergangenen Jahr offiziell Landwirte sind. Insgesamt 39 Personen schlossen 2023 an den zuständigen Berufsschulzentren in Radolfzell und Wangen im Allgäu ihre dreijährige Grundausbildung ab. Während dieser Ausbildung werden Schüler unter anderem in den Bereichen Boden- und Pflanzenkunde, Nutztierhaltung, finanzielle Betriebsgrundlagen, Vermarktung, Maschinen- und Gerätebedienung sowie Landschaftspflege ausgebildet.

Simon Hack hat in seiner Ausbildung unter anderem Bodenkunde gelernt. Hier hält er seinen besten Mitarbeiter in die Kamera: den ...
Simon Hack hat in seiner Ausbildung unter anderem Bodenkunde gelernt. Hier hält er seinen besten Mitarbeiter in die Kamera: den Regenwurm. Dieser verbessert mit seinem Kot die Bodenstruktur und ist eine Nährstoffquelle für Pflanzen und Bodenfauna. | Bild: Cian Hartung

Schon länger verzeichnen die Einrichtungen in Radolfzell und Wangen stabile Absolventenzahlen – trotz langer Arbeitszeiten, unsicherer Zukunft und dem Klimawandel. In Radolfzell sind die Zahlen seit 2018 sogar gestiegen, erklärt Fachlehrerin Tina Gaiser – von 11 im Jahr 2018 auf voraussichtlich 28 Absolventen in diesem Jahr. Gaiser erklärt den Trend auch damit, dass sich das Ansehen der Landwirte verbessert habe. Außerdem lege man in der Ausbildung viel Wert darauf, dass werdende Landwirte sich den „vielen ökologischen wie ökonomischen Herausforderungen stellen können“.

Branche kann Abwärtstrend stoppen

Ein konstantes Interesse an dem Beruf zeigen auch die Werte für Baden-Württemberg: Sowohl die Zahl der Absolventen als auch der Azubis ist seit rund 15 Jahren stabil – mit einzelnen Ausreißern nach oben oder unten, so die Angaben vom Statistischen Landesamt. Ein Blick ins vergangene Jahrtausend zeigt aber, dass das Interesse an dem Beruf doch deutlich gesunken ist. Im Jahr 1987 registrierte das Statistische Landesamt noch insgesamt 7100 Azubis der Landwirtschaft in Baden-Württemberg, danach sank die Zahl stetig, bis sie sich Anfang der 2010er-Jahre bei rund 4000 Azubis einpendelte.

Auf dem Traktor als Teil von etwas Großem

Simon Hack ist auch nach mehr als drei Jahren zufrieden mit seiner Berufswahl – trotz angespannter Stimmung in der Branche. Zuletzt rollte auch er mit dem Traktor über die Straßen und war bei Kundgebungen, um gegen die Streichung der Agrardiesel-Subventionen und den Wegfall der Kfz-Steuerbefreiung zu protestieren. „Das war schon eine außergewöhnliche Erfahrung“, erinnert er sich. Außergewöhnlich, weil er merkte, Teil von etwas Großem zu sein, wenn hunderte Traktoren mit ihren Rundumleuchten bei den Kundgebungen blinkten. „Da hat man gesehen, dass man ein Teil einer Gemeinschaft ist, die zusammenhalten kann.“

Am 8. Januar protestierten hunderte Landwirte in der Region gegen die Beschlüsse der Ampel-Regierung, hier zu sehen: Schlepper rollen ...
Am 8. Januar protestierten hunderte Landwirte in der Region gegen die Beschlüsse der Ampel-Regierung, hier zu sehen: Schlepper rollen mit Plakaten durch die Überlinger Altstadt. | Bild: Jürgen Baltes

Keine Angst vor Verantwortung

Aktuell arbeitet Simon Hack rund 25 Stunden die Woche bei einem Betrieb in Owingen und macht seine Meister-Ausbildung in Ravensburg. In seiner freien Zeit bestellt er auf dem eigenen Grund die Felder, kümmert sich um Papierkram mit den Behörden oder knüpft Kontakte zu anderen Landwirten. Ab wann er sich hauptberuflich um seinen Traum kümmert, wisse er noch nicht, sagt er. Doch wenn er künftig der Chef seines eigenen Hofs ist, wird er mit hohen Summen hantieren und viel Verantwortung haben.

Unterwegs im Traktor Video: Cian Hartung

Bald wird er für sein Projekt einen Kredit bei der Bank aufnehmen. Auf seinem Hof plant er laut seinem Geschäftsplan mit einem Jahresgewinn von rund 50.000 Euro für Erzeugnisse wie Kürbisse, Kartoffeln, Zwiebeln, Fleisch oder Backweizen. Diese will er in Hofläden, auf regionalen Wochenmärkten oder in Automaten verkaufen.

Simon Hack an einem Lebensmittelautomaten in Andelshofen. Auf diese Weise will er künftig auch seine erzeugten Lebensmittel vertreiben.
Simon Hack an einem Lebensmittelautomaten in Andelshofen. Auf diese Weise will er künftig auch seine erzeugten Lebensmittel vertreiben. | Bild: Cian Hartung

Von diesem Wert gehen noch Maschinenkosten, Reparaturen oder Tilgung ab. Als Landwirt wird er zudem ständig investieren, um auf dem Markt bestehen zu können: Umbau von Ställen, Kauf von Anlagen oder eines neuen Traktors für rund 100.000 Euro. „Mit der Landwirtschaft werde ich nicht reich“, sagt er. „Aber natürlich muss ich davon leben können.“

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Scheitern ist keine Option

Während andere Absolventen meist als Angestellte in Betrieben mitarbeiten oder auf dem Hof der Eltern Erfahrung sammeln, will Simon Hack etwas wagen. Und wenn das alles nicht funktioniert mit seinem Traum? Was wäre der Plan B? „Daran denke ich gar nicht. Es gibt keinen Plan B“, sagt der Junglandwirt. Dann die Gegenfrage: Wie sieht der bestmögliche Verlauf seines Traums aus? „Wenn alles läuft, dann habe ich in ein paar Jahren mehrere Hektar Ackerfläche, einen schönen Stall und alles Finanzielle funktioniert.“ Dann bekommt der 22-Jährige wieder leuchtende Augen und sagt: „Ich hoffe einfach, dass das Kartenhaus stehen bleibt.“