„Die Reinheit des Bodenseewassers ist eine Erfolgsgeschichte“, sagte Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) bei einem Besuch in Langenargen. Das reine Wasser sei nicht „vom Himmel gefallen“.

Auch Bayern hat Interesse am reinen Bodenseewasser: 2023 hatte das Bayerische Landesamt für Umwelt eine Grobanalyse mit verschiedenen Varianten vorgestellt, wie Bayerns Trinkwasserversorgung zukunftssicher werden soll.

Inoffiziell scheint diese Überlegung aber längst vom Tisch zu sein. Im baden-württembergischen Umweltministerium wundere man sich über die Hinhalte-Taktik der bayerischen Kollegen, heißt es von Thekla Walker: „Auf Fachebene der Ministerien vernehmen wir längst, dass Bayern die beiden Bodensee-Varianten aufgrund deutlich höherer Kosten nicht weiterverfolgen wird. Dass man trotzdem öffentlich weiter an ihnen festhält, kann ich mir nach den großspurigen Ankündigungen von Markus Söder nur noch mit politischer Gesichtswahrung erklären.“

Offiziell stehe das Detailgutachten des Projekts SüSWasser noch aus. Das Projekt sei auf der Zielgeraden, heißt es dazu vom Bayerischen Landesamt für Umwelt.

Thekla Walker (von links) und Katharina Schulze (beide Grüne) lassen sich von Harald Hetzenauer, Leiter vom Institut für Seenforschung, ...
Thekla Walker (von links) und Katharina Schulze (beide Grüne) lassen sich von Harald Hetzenauer, Leiter vom Institut für Seenforschung, die Unterwasserkamera der „Kormoran“ erklären. | Bild: Marina Schölzel

Wasser für Bayern? Nicht in naher Zukunft

„Ökologisch und ökonomisch ist der Plan Quatsch“, sagte die Fraktionsvorsitzende der Grünen im bayerischen Landtag, Katharina Schulze, beim Besuch auf einem Forschungsschiff in Langenargen. Stattdessen fordere sie Maßnahmen zum Schutz des Grundwassers in Bayern.

Umweltministerin Thekla Walker positionierte sich schon im November in einem SÜDKURIER-Interview gegen die Ideen der bayerischen Landesregierung. „Ich sehe es nicht, dass Bayern in naher Zukunft Bodenseewasser abzapft“, wurde sie beim Termin in Langenargen noch mal konkret.

Um eine Entscheidung treffen zu können, ob Bayern Trinkwasser aus dem Bodensee bekommt, brauche es eine Faktenlage, so Walker. Ob Bayern etwa bei der Bodenseewasserversorgung (BWV) Interesse bekundet hat, die vorhandene Infrastruktur mitzunutzen, sei beim Umweltministerium nicht bekannt.

Teresa Brehme, Pressesprecherin der BWV, erklärt derweil: Für das Projekt SüSWasser sei man von Bayern kontaktiert worden. Im Fokus des Projekts stehe aber nicht nur die Wasserversorgung Bayerns, sondern die Prüfung von Notverbundlösungen, also einer Unterstützung zwischen benachbarten Wasserversorgern im Krisenfall – ein Geben und ein Nehmen zwischen Bayern und Baden-Württemberg, so Brehme. Ausdrücklich begrüße die BWV deshalb, dass in dem Projekt länderübergreifend gedacht werde.

Natürlich sei die Vernetzung mit vielen Fragestellungen verbunden: Eine Option sei die bayerische Mitnutzung der Fernleitungen in Baden-Württemberg gegen Bezahlung. „Dies könnte im Vergleich zum Neubau langer Leitungen eine effizientere Lösung darstellen“, so Brehme.

Das könnte der BWV unter Umständen zugutekommen: Für das hauseigene Projekt Zukunftsquelle, das die Leitungen etwa mit Filtersystemen quaggamuschelsicher machen soll, fallen 4,6 Milliarden Euro an, finanziert durch Verbandsmitglieder.

Klimawandel bereitet Umweltministerium Sorgen

Wie sich die Situation des Bodensees mit dem Klimawandel entwickelt, wisse man laut Walker nicht. Schließlich habe der Bodensee bereits jetzt historisch niedrige Pegelstände. Daher sei es vielleicht nicht klug, zusätzlich zu den rund fünf Millionen Baden-Württembergern, die ihr Trinkwasser aus dem Bodensee bekommen, weitere Millionen Nutzer zu haben.

Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) auf dem Deck der „Kormoran“. „Ich sehe es nicht, dass Bayern in naher Zukunft Bodenseewasser ...
Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) auf dem Deck der „Kormoran“. „Ich sehe es nicht, dass Bayern in naher Zukunft Bodenseewasser abzapft“, sagt sie zu den Ideen der bayerischen Landesregierung. | Bild: Marina Schölzel

Das widerlegt Brehme auf SÜDKURIER-Nachfrage. Der Bodensee enthalte rund 48 Milliarden Kubikmeter Wasser, jährlich fließen circa 11,5 Milliarden Kubikmeter Wasser über den Alpenrhein zu. Die BWV entnehme jährlich rund 130 Millionen Kubikmeter Wasser, also deutlich unter einem Prozent des jährlichen Zuflusses.

Aus wasserwirtschaftlicher Seite wäre eine moderate Mehrentnahme machbar, ohne den Pegelstand zu beeinflussen, was auch aktuelle Klimamodelle prognostizieren würden.

Anrainer-Staaten müssen abstimmen

Allerdings, so Brehme, seien neue Mitgliedschaften oder zusätzliche Wasserlieferungen mit dem bisherigen Entnahmerecht der BWV nicht möglich. Falls das Vorhaben der bayerischen Landesregierung also weiterverfolgt werden würde, müsste über eine neue Genehmigung unter den Bodensee-Anrainerstaaten abgestimmt werden. Dabei herrscht Einstimmigkeitsprinzip: Sagt nur ein Staat nein, wird ein Vorhaben abgelehnt.

Das Schweizer Bundesamt für Umwelt und die Landespressestelle Vorarlberg lassen sich auf Anfrage nicht in die Karten schauen, wie sie im Falle einer Abstimmung votieren würden. Dass die Staaten aber über das bayerische Projekt informiert wurden, bestätigt sowohl die Schweiz als auch Österreich.