Die Fortschreibung des Schulentwicklungsplans von Überlingen war nur der Anstoß: An ihm entzündete sich im Sommer eine kontroverse Debatte darüber, wie die Realschule in die Zukunft gehen solle. Drei- oder vierzügig? Mit dem bisherigen großen Anteil an über 50 Prozent auswärtigen Schülern, oder in reduzierter Form?
Nach einem ersten Beschlussvorschlag im Juli erhitzten sich die Gemüter, jetzt legte die Stadtverwaltung dem Gemeinderat die Option einer verkleinerten Realschule gar nicht mehr vor. Damit bleibt es bei der bisherigen Größe, beziehungsweise bei zusammen neun Zügen für Realschule und Gymnasium auf einem Campus.
Sanierungen, Neubauten und Ausbauten an allen Schulen
Es herrschte im Gremium große Einigkeit darüber, wie sich die Stadt als Schulträger in den nächsten Jahren positionieren soll. Neben der Sanierung von Realschule und Neubau eines Gymnasiums steht als Großbaustelle eine Generalsanierung und Erneuerung der Wiestorschule (Grundschule und Gemeinschaftsschule) auf dem Programm. Die Schaffung von Inklusionsplätzen entweder an der Grundschule in Nußdorf oder in Hödingen. Zudem der Ausbau der Ganztagsbetreuung an den Grundschulen.
Nachdem der Stein des Anstoßes ausgeräumt war, verabschiedete der Gemeinderat den Schulentwicklungsplan einstimmig. Im Gegensatz zur Juli-Sitzung, als Realschulrektorin Karin Broszat und viele Lehrer die Debatte verfolgten, blieben die Zuhörerplätze diesmal leer. Nur die Rektoren von Wiestorschule und Gymnasium, Karl Niedermann und Hans Weber, waren gekommen – und waren‘s mit dem Ergebnis zufrieden.

Das Ergebnis des Schulentwicklungsplans höre sich leicht an, sagte Oberbürgermeister Jan Zeitler. „Es bildet aber ein enormes Programm ab.“ Vor der Pflicht zur Ganztagsbetreuung an Grundschulen könne man nicht wegrennen. „Die Aufgabe kommt. Die Anstrengungen sind enorm.“ Daneben gebe es weitere Aufgaben, um die die Stadt sich kümmern müsse. Exemplarisch nannte er das Feuerwehrwesen und den Bau des neuen Pflegezentrums. „Das wird uns finanziell und personell enorm binden.“

Alexander Bruns (CDU) sagte: „Wir begrüßen den Erhalt der Realschule. Den Neubau des Gymnasiums und den überfälligen Ausbau der Wiestorschule müssen wir jetzt rasch angehen.“ Man müsse aber auch zur Kenntnis nehmen, dass der Schulranzen voll an Aufgaben sei, „und wir auf absehbare Zeit keine besonderen Spielräume für Freiwilligkeitsaufgaben haben“.
Ulf Janicke (LBU/Die Grünen) wünscht sich „eine verbindliche und verlässliche Zeitplanung, wie auch immer sie sich abbildet“. Um mit dem schweren Schulranzen, den Bruns ins Gespräch brachte, überhaupt losmarschieren zu können, „kommen wir eventuell um eine Priorisierung nicht herum“.
„Für uns hat die Umsetzung der Wiestorschule erste Priorität“, sagte Udo Pursche, Gemeinderat der SPD. Er sitze nun seit 38 Jahren im Gemeinderat, so lange schon sei von einer Sanierung und Erweiterung der Wiestorschule die Rede. „Abgesehen von der Notwendigkeit, auch an den anderen Schulen rasch etwas zu tun.“ Mit Nachdruck formulierte auch er seine Erwartung, dass Zeitpläne künftig eingehalten werden.
Die Debatte um die Zukunft der Realschule
Ralf Mittelmeier, Gemeinderat der Fraktion FWV/ÜfA, sagte, dass vom Gemeinderat an umliegende Gemeinden der Appell ausgehen sollte, sich an der Finanzierung der Realschule auf freiwilliger Basis zu beteiligen, zum Beispiel in einem Schulverband.
Er adressierte an die Umlandgemeinden: „Ich bitte Sie im Interesse aller Schülerinnen und Schüler, übernehmen Sie durch eine angemessene finanzielle Beteiligung Verantwortung für die Bildung Ihrer Kinder.“
Roland Biniossek (Ex BÜB+) erinnerte daran, dass seit sechs Jahren über eine finanzielle Beteiligung der Umlandgemeinden diskutiert werde, seit der Anteil auswärtiger Schüler über 50 Prozent liegt. Er fragte: „Kann man nicht einen dritten Weg diskutieren?“ So könne der Landkreis wie beim Schulzentrum Markdorf als Schulträger eingesetzt werden. OB Zeitler kommentierte, „dass das die Bildungslandschaft in unserer Stadt nicht verträgt“. Zeitler: „Ich bin froh, dass wir als Schulträger selber bestimmen dürfen.“
Für „Irritationen“ bei Ulf Janicke sorgte eine Formulierung in einer Überschrift im SÜDKURIER, wonach die Realschule auch künftig auswärtige Schüler aufnimmt. Janicke interpretierte den knappen Titel als die Behauptung, dass auswärtige Schüler komplett abgewiesen werden sollten. Davon war allerdings nie die Rede, auch nie in irgend einem Bericht zu der nun über Monate anhaltenden Debatte. OB Zeitler zu der Debatte, die Mittelmeier als „Sturm im Wasserglas“ bezeichnete: „Wir mussten die Diskussion führen. Ich bin froh, dass wir jetzt eine Klarheit haben, in welche Richtung wir gehen müssen.“