Die Debatte löst Sorgen bei Familien in den Umlandgemeinden aus. Und in den umliegenden Rathäusern herrscht Erstaunen darüber, dass Überlingen seine Zentralfunktion als Schulstandort selbst infrage stellt. Dem Gemeinderat wurde im Juli von der Verwaltung vorgeschlagen, die Realschule zu verkleinern. Die Entscheidung wurde vertagt, sie fällt nun im Oktober.

Auswärtigenanteil bislang über 50 Prozent

Das Realschulgebäude gilt aus Überlinger Sicht als Sanierungsfall. Die Umlandgemeinden wurden deshalb parallel dazu aufgefordert, sich an den millionenschweren Kosten zu beteiligen, sofern sie weiterhin ihre Schüler nach Überlingen schicken. Mit einem Anteil von über 50 Prozent, so das Argument von Oberbürgermeister Jan Zeitler, leiste die Stadt eine Übererfüllung ihrer Aufgaben als Mittelzentrum.

Erklärter Wille von Salems Bürgermeister Manfred Härle ist es, sich nicht an den fälligen Schulbaukosten in Überlingen zu beteiligen. Man habe ein eigenes Schulangebot, das ebenfalls ohne Beteiligung der Nachbarn finanziert werde.

Salemer Räte fordern Rathauschefs zu rundem Tisch auf

Eine langjährige Auseinandersetzung, die auf dem Rücken der Familien ausgetragen wird, möchten die beiden Salemer Gemeinderatsfraktionen von GOL und Freien Wählern vermeiden. In einem offenen Brief an Härle forderten sie ihn in dieser Woche dazu auf, mit Zeitler „an einem runden Tisch alternative Möglichkeiten des Lastenausgleiches zu verhandeln“. Sie, die Gemeinderäte, hätten aus der Zeitung „von der politischen Brisanz erfahren und schauen mit gewisser Sorge auf die Entscheidungen des Überlinger Gemeinderats“. Sie bitten beide Kommunen „um eine konstruktive Grundhaltung im Sinne der betroffenen Familien, die als ‚Auswärtige‘ gelten und deshalb keine Nachteile erfahren sollen“.

Zeitler setzte eine Frist bis Ende 2021, die Wengert für „unzumutbar“ hielt

Owingens Bürgermeister Henrik Wengert schließt eine Beteiligung nicht kategorisch aus. Das lässt sich einem Brief entnehmen, den Wengert an Oberbürgermeister Jan Zeitler im Dezember 2021 schickte, und der nun unserer Redaktion vorliegt. Darin betont Wengert, dass die Gemeinderäte umliegender Gemeinden noch nicht in der Lage seien, über eine finanzielle Beteiligung an einer Generalsanierung abzustimmen. Als „unzumutbar“ weist Wengert darin eine Frist bis Ende 2021 zurück, die Zeitler gesetzt hatte.

Zum damaligen Zeitpunkt jedenfalls, so die Ansage Wengerts in dem Brief, habe Überlingen noch keine tragfähigen Informationen vorgelegt, die das dringende öffentliche Bedürfnis begründeten und darlegten, dass eine Generalsanierung tatsächlich nötig sei.

„Ich kann unseren Gemeinderat keinen Blankoscheck unterschreiben lassen.“Henrik Wengert
„Ich kann unseren Gemeinderat keinen Blankoscheck unterschreiben lassen.“Henrik Wengert | Bild: Hanspeter Walter

In einem Telefonat vom 23. September zeigte sich Wengert verwundert darüber, dass der Brief den Weg an die Öffentlichkeit fand. Zugleich bestätigte er die Richtigkeit und sagte, dass der Bitte nach weiteren Informationen bislang nicht nachgekommen worden sei. Wengert gegenüber dem SÜDKURIER: „Man könnte uns auch mal einladen, die Realschule zu besichtigen und könnte uns den Sanierungsbedarf erläutern. Aber ich kann unseren Gemeinderat keinen Blankoscheck unterschreiben lassen.“

Eine finanzielle Beteiligung schließt Wengert nicht kategorisch aus, weder in dem Brief an Zeitler, noch im Telefonat mit dem SÜDKURIER. Sofern Zeitler in der Juli-Sitzung bei manchen Beobachtern den Eindruck erweckte, dass er davon ausgehe, die Umlandgemeinden würden sich finanziell nicht beteiligen, widerspricht der OB dieser Wahrnehmung. Das habe er nie gesagt. Er habe nur darauf hingewiesen, so Zeitler in einem Telefonat mit dem SÜDKURIER am 23. September, dass die Nachbargemeinden noch einen Informationsbedarf hätten. Das sei ein ganz normaler Vorgang.

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Weichen könnten bereits in der nächsten Woche gestellt werden

Bereits in der Sitzung im Juli kündigte Zeitler an, dass er mit Regierungspräsident Klaus Tappeser Gespräche führen werde. Ihm gehe es darum, Schulentwicklungsplanung über die Stadtgrenzen hinaus, als regionale Aufgabe anzugehen. Dabei auch die Frage, ob/wie sich die Tübinger Schulbehörde finanziell beteiligt. Zeitler traf sich mit Tappeser am 15. August. In der Gemeinderatssitzung am Mittwoch, 28. September, werde er über den Inhalt informieren. Man habe sich einvernehmlich auf eine Lösung geeinigt, die er dem Rat nun vorschlagen werde. Insofern werden möglicherweise schon in der Septembersitzung Weichen gestellt.