„Der Letzte macht das Licht aus“, sagt eine Redensart und bei manchen die Vernunft. Im Berufsfeld von Stefan Pagel gewinnt der kleine Satz noch einmal an Tiefe. Pagel ist seit Oktober 2024 der Energiemanager der Stadt Überlingen. Seine Aufgabe ist es, die Energieverbräuche der städtischen und spitälischen Gebäude zu analysieren und zu systematisieren. „Das Ziel ist die technisch-ökonomische Auswertung der eigenen Verbräuche“, fasst Pagel zusammen. Und darüber hat er in der Zwischenzeit einiges zusammengetragen.

Fossile Energie noch die größte Quelle

Der Verbrauch der 60 größten Energiefresser im Besitz der Stadt Überlingen lag 2023 bei knapp 16.496 Megawattstunden. Straßenbeleuchtung, Wasserversorgung oder Kläranlagen sind dabei nicht berücksichtigt. Den Verbrauch für das Jahr 2024 wertet Pagel derzeit noch aus. Der Großteil dieses Verbrauches geht auf Erdgas, also eine fossile Energiequelle, zurück. 10.375 Megawattstunden wurden über Erdgas produziert. „Fossile Energien sind in Überlingen noch recht weitverbreitet“, sagt Pagel.

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„Diese Energie geht zu 100 Prozent in die Wärmeerzeugung und somit Wärmeversorgung der kommunalen Gebäude“, erklärt Pagel, also in Verwaltungsgebäude, Schulen, Kindergärten, Bibliotheken, diverse Feuerwehren und so weiter. Schulen sind dabei die größten Energieverbraucher. Das verdeutlicht er am Beispiel des Überlinger Gymnasiums: „Mit seinen circa 10.000 Quadratmetern Nettogrundfläche weist es einen bereinigten Wärmeverbrauch von 1510 Megawattstunden aus.“ Das entspreche allein einem Anteil von 12 Prozent des Gesamtwärmeverbrauchs der priorisierten Gebäude, also den Gebäuden, die nach Paragraf 18 des Klimagesetzes Baden-Württembergs, durch energetische Sanierung am effektivsten Energie einzusparen ist. Zum Vergleich: Der Verbrauch des Gymnasiums entspricht bei einem Durchschnittsbedarf von 3450 Kilowattstunden über 450 Vierpersonenhaushalten.

Das Schulzentrum Überlingens mit Campus, Realschule, Gymnasium, beruflichen Schulen, Sportzentrum, Sporthalle. Allein das Gymnasium hat ...
Das Schulzentrum Überlingens mit Campus, Realschule, Gymnasium, beruflichen Schulen, Sportzentrum, Sporthalle. Allein das Gymnasium hat einen Energiebedarf von über 450 Vierpersonenhaushalten. | Bild: Stefan Hilser

Was Energiemanagement beiträgt

Was also tut die Stadt, um von fossilen Energiequellen loszukommen, und was trägt der Energiemanager dazu bei? „Der aktuelle kommunale Gebäudebestand muss energetisch saniert werden.“ Ab 2028 sollen Neubauten aus öffentlicher Hand deshalb als Nullemissionsgebäude entstehen, erläutert Pagel.

Als kommunaler Energiemanager wühlt sich Stefan Pagel durch eine Hundertschaft von Zählerdaten, Balkendiagrammen und sonstigen ...
Als kommunaler Energiemanager wühlt sich Stefan Pagel durch eine Hundertschaft von Zählerdaten, Balkendiagrammen und sonstigen Statistiken – hier ein Ausschnitt aus seinem Büro. | Bild: Rasmus Peters

Das heißt, dass die Gebäude keine Vor-Ort-Kohlenstoffemissionen durch den Verbrauch fossiler Energieträger erzeugen dürfen. Ab 2030 soll das für sämtliche, also auch private Neubauten, gelten. Die energetische Sanierung der kommunalen Gebäude könnte nach Pagels Ansicht die ersten 20 bis 30 Prozent der Treibhausgasminderung auf dem Weg zur klimaneutralen Kommunalverwaltung beitragen. Außerdem habe die Stadt mit ihren etwa 180 Gebäuden eine Vorbildfunktion für die Bürger. Die Stadt könne von ihren Einwohnern schließlich nicht verlangen, was sie selbst nicht tut.

Umsetzung finanziell verträglicher Maßnahmen

Um dem gerecht zu werden, nimmt die Stadt etwa am European Energy Award teil. Laut Pagel „ein Werkzeug, welches eine systematische Herangehensweise in der kommunalen Klimaarbeit fördert und fordert“. Hinzu kommt die kommunale Wärmeplanung, deren Machbarkeitsstudien bis 2028 begonnen sein müssen. Außerdem gibt es monatlich Energieberatungstermine im Bürgerbüro. Auch die Einführung von Pagels Stelle gehört dazu.

Energiemanagement ist nach Pagels Schilderung vor allem die Umsetzung nichtinvestiver Maßnahmen, also Maßnahmen, die keine größeren finanziellen Investitionen in Infrastruktur oder Technik erfordern. Was zuerst nach kleinen Schritten klingt, kann später Großes bewirken. Pagels Aufgaben umfassen die monatliche Erfassung und Kontrolle des Energie- und Wasserverbrauchs, Optimierung der Regelungseinstellungen der technischen Anlagen, Schulung der Hausmeister vor Ort an der Anlage, Beseitigung von technischen und organisatorischen Mängeln. Dazu erstellt er Monats- und Jahresenergieberichte. Dabei hat es Pagel mit einer Überlinger Besonderheit zu tun: Die Stadt hat für ihre Größe und Einwohnerzahl eine immense Anzahl an eigenen Liegenschaften und Gebäuden, sagt er. Etwa 180 sind es seinen Angaben nach. Diese energetisch zu erfassen, sei eine große Aufgabe.

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Kommunale Stelle gäbe es ohne den Bund nicht

Vorerst ist die Stelle auf drei Jahre befristet. Mit einem Anteil von 70 Prozent wird die Stelle vom Bund finanziert. Die Stadt trägt also nur 30 Prozent des Gehalts ihres Energiemanagers. Wie die Stadtverwaltung auf Anfrage schreibt, gäbe es die Stelle auch nicht, wenn sie vollständig dafür aufkommen müsste. Pagel selbst kann sich gut vorstellen, seiner Arbeit noch länger nachzugehen. Die nach den drei Jahren gewonnenen Erkenntnisse können auf weitere kommunale Gebäude ausgeweitet werden. Und so schließt Pagel: „Bei einem so großen Gebäudebestand wie dem der Stadt Überlingen, wird es auch in Zukunft energetische Optimierungen geben.“