Es war vor allem Frust, der im Hotel Seegarten spürbar wurde. Die FDP-Fraktion des Überlinger Gemeinderates hatte zum Liberalen Forum eingeladen. Das Thema, das auf der Hotelterrasse zur Sprache kam, lautete: Verkehrssituation in der Innenstadt. Etwa 65 Menschen waren der Einladung gefolgt, darunter viele Gastronomen und Einzelhändler aus der Überlinger Altstadt.
Das Ziel der Veranstaltung sei es, die Meinungen und Sorgen der Überlinger anzuhören, erklärte Gemeinderat Ingo Wörner: „Wir sind nachher die, die am Ratstisch sitzen.“ Er und sein Fraktionskollege Raimund Wilhelmi moderierten den Abend, betonten aber auch mehrfach: „Das hier ist keine Wahlveranstaltung der FDP.“

Überlinger Geschäftsinhaber äußern ihre Bedenken
Eröffnet wurde der Abend mit dem aktuell wohl brisantesten Thema, den städtischen Plänen zur Beruhigung der Innenstadt. Anwesende äußerten Unsicherheiten darüber, welche Maßnahmen bereits beschlossen wurden und welche noch diskutiert werden. Einzelhändler berichteten von sinkenden Umsätzen seit Beginn der Baustelle an der Kapuzinerkirche, Gastronomen von überforderten Besuchern und verzweifelten Lieferanten. Viele von ihnen sprachen auch von Existenzängsten. Gleichzeitig wurde aber auch betont, dass durchaus Interesse an einem reduzierten Verkehrsaufkommen bestehe.
Wie kann man also den Verkehr in der Innenstadt beruhigen und gleichzeitig einen guten Zugang zu den Geschäften erhalten? Uwe Zscherp, Geschäftsinhaber von Schuhmoden Maier und stellvertretender Vorsitzender des Vereins Wirtschaftsverbund Überlingen, fasste in seinem Redebeitrag das vermeintliche Dilemma zusammen: „Ein wichtiger Teil unseres Klientel kommt aus dem Umland. Wenn die Anreise aus dem Umland schwierig wird, kommen die Menschen nicht. Wir sind eine Tourismusstadt, die attraktiv sein muss. Aber viel Verkehr in der Innenstadt ist auch nicht gut.“

Von der geplanten Pollerlösung sei er nicht überzeugt. Wie die meisten Besucher der Veranstaltung befürchte er fatale Folgen für den Handel. „Verbot ist immer schlechter als Gebot. Beruhigung ja, Sperrung nein.“ Um auch ohne Poller das Ziel der Verkehrsberuhigung zu erreichen, würde er sich wünschen, dass Autofahrer schon weit vor den Überlinger Stadtmauern über die Aufkircher Straße und nicht über Goldbach in die Stadt geleitet werden. „Das kann man sogar auf Google Maps einstellen.“ Beruhigung ja, Sperrung nein: Damit schien Zscherp ins Schwarze getroffen zu haben und erntete Beifall der Anwesenden.
Unverständnis für Vorgehen der Stadt
War zu diesem Punkt die Diskussion noch gemäßigt, so nahm sie im Laufe des Abends doch an Fahrt auf. Einige der verärgerten Gastronomen und Unternehmer verschafften ihrem Frust über zurückgehenden Umsatz, Leerstand und fehlende Parkplätze Luft.
Ein roter Faden war jedoch erkennbar: Der gesamte Abend war durchzogen von Seitenhieben gegen die Verwaltung der Stadt Überlingen, gerade bei den Themen Baustellen und Parkplätze. Sie sei beratungsresistent und von der Bevölkerung entfremdet, kam es aus den Besucherreihen. Durch den Geräuschpegel der Promenade und Zwischenrufe der Anwesenden wurde es stellenweise unübersichtlich. Laut Peter Vögele, FDP-Gemeinderat und Gastronom, sei die „wirtschaftliche Denke in der Verwaltung nicht sehr fortgeschritten.“ Man müsse den Verkehr sinnvoll verteilen, aber „wir sind zu doof, das umzusetzen“.
Der Wirtschaftsförderer der Stadt, Stefan Schneider, forderte die Anwesenden auf, sich auf offiziellem Wege per E-Mail an die Stadt zu wenden. Ingo Wörner würde noch einen Schritt weiter gehen: „Schreibt dem OB, schreibt Mails an die Verwaltung und sprecht Gemeinderäte an.“

Wird das Forum nun zur Regelmäßigkeit?
Nach zwei Stunden endete das Forum. Direkte Lösungen wurden seitens der FDP-Fraktion an diesem Abend nicht vorgebracht. Allerdings wurden eine Redeliste geführt und die von Anwesenden vorgebrachten Lösungsideen notiert. „Den Pool von Ideen muss man sammeln und in die Verwaltung bringen. Dieses Gemeinsame wäre mal wieder was für Überlingen“, so Wörner. Außerdem würde er Treffen dieser Art gerne regelmäßig veranstalten: „Ich hätte Lust, mit der CDU, den Grünen und anderen Fraktionen so ein Forum zu gründen, losgelöst von der FDP. Diese beiden Stunden heute Abend haben uns weitergebracht.“